nd-aktuell.de / 16.09.2025 / Politik

Hunderte Südkoreaner verlassen nach Razzia-Fiasko die USA

Einwanderungsbehörde sperrt eigens eingeflogene ausländische Spezialisten ein – trotz Visa

Matthias Monroy
Bis auf einen haben alle am Freitag freigelassenen südkoreanischen Arbeiter*innen die USA sofort verlassen – trotz des plötzlich zahm auftretenden Präsidenten.
Bis auf einen haben alle am Freitag freigelassenen südkoreanischen Arbeiter*innen die USA sofort verlassen – trotz des plötzlich zahm auftretenden Präsidenten.

Bei einer umstrittenen Razzia der US-Einwanderungsbehörde ICE im US-Bundesstaat Georgia wurden in der ersten Septemberwoche 475 ausländische Arbeiter*innen verhaftet, 316 davon aus Südkorea, die übrigen zumeist aus Japan, Indonesien, China sowie aus lateinamerikanischen Ländern. Nach einer Woche wurden alle südkoreanischen Staatsangehörigen wieder freigelassen – doch praktisch alle haben den USA nach dem diplomatischen Fiasko umgehend den Rücken gekehrt. Wie die »FAZ« berichtet[1], verließen alle Südkoreaner*innen bis auf einen »Hals über Kopf« die Vereinigten Staaten, nachdem sie unter übelsten Bedingungen ins Gefängnis gekommen waren.

Die Razzia fand vorvergangenen Donnerstag auf dem Werksgelände des Autokonzerns Hyundai und des Energieunternehmens LG Energy Solution statt – sie war offenbar von langer Hand geplant. US-Behörden warfen den Personen vor, sich illegal in den USA aufzuhalten oder ohne entsprechende Erlaubnis dort gearbeitet zu haben. Zu Unrecht, wie sich später herausstellte.

Bei dem Einsatz, der ursprünglich gegen vermeintlich illegale Beschäftigungsstrukturen gerichtet war, wurden mehrere hochqualifizierte Fachkräfte festgesetzt, die den Betrieb von komplizierten Produktionsanlagen der Batteriezellen- und Elektroautofabrik vorbereiten sollten. Ihre abrupte Abwesenheit soll hohe wirtschaftliche Schäden verursacht haben. Nach Angaben ihrer Unternehmen verfügten sie entweder über gültige Visa oder fielen unter das Visa-Waiver-Programm, in dem die US-Regierung mit Dutzenden Staaten gegenseitig die visafreie Einreise vereinbart hat – auch für geschäftliche Zwecke.

Die Festgenommenen wurden unter Bedingungen inhaftiert, die Beobachter*innen als besonders entwürdigend beschrieben. In dem Abschiebegefängnis seien ihnen auch Handys abgenommen worden, sie hätten Häftlingsuniformen tragen müssen. Berichte schildern überfüllte Zellen, mangelnde hygienische Standards, Insektenbefall und eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung.

Die Regierung in Südkorea reagierte sofort mit scharfer Kritik. Trotzdem blieben die Spezialist*innen zunächst weiter in Haft. Für die USA könnte dies nun zu einem Imageschaden geraten: In Südkorea wird angeblich diskutiert, ob Unternehmen künftige Projekte in den Vereinigten Staaten überdenken sollten. Investitionen in Milliardenhöhe, gerade im Bereich der Chipproduktion, könnten ins Stocken geraten.

Amerikanische Wirtschaftsverbände äußerten laut der »FAZ« auch grundsätzliche Besorgnis: Man befürchte, dass das Vorgehen der Behörden den Standort USA schwäche und dem politischen Ziel, im Wettbewerb mit China technologisch aufzuholen, entgegenwirke.

Brisant wurde der Fall auch durch das – wie gewohnt erratische – persönliche Eingreifen des US-Präsidenten Donald Trump. Er soll die Behörden zunächst gedrängt haben, die festgenommenen Südkoreaner*innen nicht freizulassen, um Härte gegenüber ausländischen Arbeitskräften zu demonstrieren und damit seine restriktive Einwanderungspolitik zu unterstreichen. Später soll er aber versucht haben, die Spezialist*innen im Land zu halten, indem er ihren Rückflug verzögerte.

Eigentlich hatten Hyundai und LG Energy Solution auch alles richtig gemacht: Ihre milliardenschweren Investitionen erfüllen die Forderung Trumps, wonach ausländische Unternehmen in den USA Kapital einsetzen müssen, um Strafzölle abzuwenden. Jedoch steht dieses Modell im Widerspruch zu der restriktiven Einwanderungspolitik, die Trump seit seinem 2. Amtsantritt verfolgt.

Inzwischen versucht Donald Trump die Wogen zu glätten. Auf seiner Plattform Truth Social schrieb er: »Wir heißen sie willkommen, wir heißen ihre Mitarbeiter willkommen.« Er betonte zugleich, dass die Vereinigten Staaten ausländische Unternehmen nicht von Investitionen abschrecken dürften. Fachkräfte sollten nach seinen Worten für eine gewisse Zeit in die USA kommen dürfen, um amerikanische Mitarbeiter zu schulen und den Umgang mit hochkomplexen Maschinen und Produkten zu vermitteln, ehe sie wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Mit ihren brutalen Methoden entwickelt sich ICE unter der Trump-Administration jedoch zu einer kaum kontrollierten Abschiebemiliz. Die Behörde soll zukünftig 3000 Abschiebungen täglich durchführen – derzeit soll diese Quote noch unter 2000 liegen. Für die hochgesteckten Ziele wurde das Budget für das Heimatschutzministerium verdoppelt. 45 Milliarden Dollar sollen für den Aus- und Aufbau von Abschiebegefängnissen aufgewendet werden.

Links:

  1. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/razzia-in-georgia-entpuppt-sich-als-diplomatisches-und-logistisches-desaster-accg-110685035.html