nd-aktuell.de / 18.09.2025 / Wirtschaft und Umwelt

USA und KI: »Globale technologische Dominanz«

Die USA haben sich mit ihrem »AI Action Plan« vorgenommen, die KI-Konkurrenz mit China durch gute Deals zu gewinnen

Peter Schadt
US-Präsident Donald Trump, eingerahmt von Meta-Chef Mark Zuckerberg und seiner Frau Melania
US-Präsident Donald Trump, eingerahmt von Meta-Chef Mark Zuckerberg und seiner Frau Melania

Für Donald Trump ist künstliche Intelligenz viel mehr als bloß ein aussichtsreiches Geschäftsmodell von Konzernen. Der nationale KI-Plan eröffnet mit einem Zitat des US-Präsidenten, indem er die »fraglose und unbestrittene globale technologische Dominanz« der USA als Voraussetzung für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten bezeichnet. Damit stellt er gleichzeitig klar: Auf technologischem Gebiet müssen die USA nicht nur führen, ihre Überlegenheit muss über jeden Zweifel erhaben sein. Das Regierungsprogramm steht dabei auf drei Säulen, die zeigen, dass »Sicherheit« kein passives Programm ist und »Verteidigung« keine defensive Sache.

KI-Innovation beschleunigen

Verteidigt werden soll der technologische Vorsprung des US-amerikanischen Kapitals gegenüber seinen Konkurrenten[1], vor allem gegenüber China. Während die Volksrepublik in ihrer KI-Strategie auf die Schaffung einer globalen Ordnung mit offener Technologie setzt und damit anderen Ländern ein Angebot macht[2], verfolgen die USA ein anderes Programm. Neu ist dessen Zielsetzung insofern, als sich die USA anders als früher nicht mehr darauf verlassen, dass ein freier Wettbewerb und eine »regelbasierte Weltordnung« mit gleichen Regeln für alle automatisch zu einer US-Dominanz führt. Stattdessen müssen sich die USA insbesondere an asiatischer Konkurrenz messen, was für Trump bereits einem Angriff auf die Souveränität der Vereinigten Staaten gleichkommt.

Die Schuld an dieser Situation gibt Trump den Vorgängerregierungen. Reine »Bürokratie« ist aus seiner Sicht das von Joe Biden installierte Institut für KI-Sicherheit, das die KI-Verordnungen der Biden-Regierung in konkrete Standards für die Industrie umsetzen sollte. Daher änderte Trump kurzerhand Inhalt und Namen der Behörde: Das neue »Zentrum für KI-Standards und Innovation« wurde auch personell umbesetzt und ist ganz auf Linie mit der neuen Regierungsposition, der KI-Entwicklung keine unnötigen bürokratischen Hürden aufzubürden. Ziel des Instituts ist nicht das Setzen allgemeinverbindlicher Regeln, national wie international, sondern eine gezielte Förderung der US-Technologiekonzerne.

In Trumps eigener Diktion ist die KI-Industrie ein »wunderschönes Baby«, das nicht von der »Politik und dummen Regeln« aufgehalten werden darf. Zur »Bürokratie«, von der dieses Baby befreit werden muss, gehören auch Klimaschutzauflagen. Stattdessen gilt die uramerikanische Leitlinie: »Build, Baby, Build«, also die Errichtung immer neuer Datenzentren und Supercomputer – einschließlich des Supercomputers »Colossus« von xAI, dem KI-Unternehmen von Elon Musk.

Die USA verlassen sich nicht länger auf die »regelbasierte Weltordnung«.

Einmal zur Frage der nationalen Sicherheit erklärt, spricht der enorme Energieaufwand für KI nicht gegen diese Technik, sondern wird staatlicherseits organisiert. Wo dem ein »Genehmigungssystem für Umweltschutz« und »andere Vorschriften« entgegenstehen, müssen sie abgeschafft werden. Verschiedene Gesetze wie der »Clean Air Act« oder der »Clean Water Act«, welche die allgemeine Nutzung von Luft und Wasser als kostenlose Schadstoffdeponie für das amerikanische Wachstum begrenzen und damit auf Dauer garantieren, müssen für die nationale Sicherheit einstweilen also neu justiert werden: Die zusätzlichen Kosten, welche die Nation durch schlechtere Luft- und Wasserqualität zu bezahlen hat, ist der Preis, Weltmacht auch in Fragen der KI zu sein.

Dass das alles nicht mit einer »Deregulierung« im Sinne eines Rückzugs des Staates zu verwechseln ist, zeigen die neuen staatlichen Vorschriften deutlich. Weil die notwendige Infrastruktur, um die KI-Dominanz der USA aufzubauen, am Ende nicht von ausländischen – also vor allem chinesischen Konzernen – geliefert werden soll, werden Gesetze erlassen, die das verhindern. Vor allem die Anbieter von Energie, Telekommunikation, Soft- und Hardware sollen frei von ausländischen Dienstleistern sein. Aufgegeben wird damit der Standpunkt, schlicht den billigsten Anbieter zu wählen, weil dies die nationale Sicherheit gefährdet. Stattdessen versucht die US-Regierung, den eigenen Markt vor China zu schützen, der chinesischen Konkurrenz dadurch Einbußen zu bescheren und gleichzeitig die heimischen Konzerne zu Exportmaschinen zu machen. Denn künstliche Intelligenz mag bislang zwar noch nicht die erhofften Produktivitätsschübe bringen. Langfristig aber sehen die Regierenden in ihr eine unverzichtbare Machtressource[3].

Dafür soll das US-Kapital in politisch verlässliche »Partnernationen« fließen, dorthin sollen Rechenzentren, Chips und KI-Modelle verkauft werden, um auch diese Märkte gegen China zu gewinnen. Durch das Zurückhalten von Lieferungen beispielsweise hochmoderner Chips nach China soll der technologische Vorsprung der USA gesichert werden. Durch die Förderung des Exports nach Europa wiederum will die US-Regierung unter anderem den Druck auf die EU erhöhen: Ob und inwiefern sich eine eigene, teure KI-Strategie für Europa lohnt, wenn die Produkte und Fabriken aus den USA entsprechend billig zu bekommen sind, wird so zur Frage für die Europäer. So begegnen die USA dem Anspruch der EU, selbst Souverän bei der Frage der künstlichen Intelligenz und ein eigener globaler Player zu sein.

Links:

  1. https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2025/07/Americas-AI-Action-Plan.pdf
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194142.technologie-wettrennen-chinas-weg-zur-ki-weltmacht.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194143.spekulation-auf-ki-intelligent-aber-leider-nicht-profitabel.html