nd-aktuell.de / 19.09.2025 / Berlin

Linke stellt Sofortprogramm gegen Wuchermieten vor

Statt bereits Wahlkampf zu machen, soll der Berliner Senat den Plan umsetzen, fordern die Landesvorsitzenden

Julian Daum
Noch ist die Kampagne zum Sofortprogramm Wohnen verhüllt. Im Bild Niklas Schenker, Kerstin Wolter, Maximilian Schirmer (v.l.).
Noch ist die Kampagne zum Sofortprogramm Wohnen verhüllt. Im Bild Niklas Schenker, Kerstin Wolter, Maximilian Schirmer (v.l.).

»Für uns ist Schluss mit lustig«, beginnt der Linke-Landesvorsitzende Maximilian Schirmer seine kurze Ansprache gegenüber vom Berliner Karl-Liebknecht-Haus. Beim Einkommen höchstens Mittelfeld sei Berlin, aber ganz vorne beim Anstieg der Mieten. Bürger*innen müssten einen immer größeren Anteil des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes für die Miete ausgeben. Mehrere Untersuchungen bestätigen: Berlin ist tatsächlich Spitzenreiter beim Anstieg der Mieten. Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung stellte eine Steigerung der Angebotsmieten um 152 Prozent seit 2010 fest, und laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung um knapp 27 Prozent allein zwischen 2022 und 2023.

»Die CDU macht dicke Backen, redet von Sicherheit und Law und Order«, dies würde jedoch nur denjenigen helfen, die es sich noch leisten können[1], in Berlin zu wohen, sagt Schirmer. Die Linke hat eingeladen, um ihre Ideen vorzustellen, wie eines der drängendsten Probleme der Stadt gelöst werden könnte: Zu hohe Mieten, Mietwucher, spekulativer Leerstand. Laut Schirmer liege das am Durchsetzungsproblem[2] der Behörden, aber auch an mangelnden Ressourcen und fehlendem Willen des Senats, der sich nicht an die großen Konzerne herantraue.

»In 365 Tagen geht es dreisten Vermietern an den Kragen«, verspricht die Landesvorsitzende Kerstin Wolter. Dann wird das Abgeordnetenhaus gewählt. »Während die anderen Parteien so tun, als seien sie schon im Wahlkampf, legen wir ein Sofortprogramm vor, das sofort umgesetzt werden könnte«, sagt Wolter.

»Eine Gefahr für die Stadt ist, wenn die Leute ihre Wohnung verlieren und gekürzt wird, wo sie sozial zusammengehalten wird.«

Maximilian Schirmer, Landesvorsitzender Die Linke

Im Hintergrund wird ein Banner mit dem Slogan enthüllt, unter dem der Plan und die zugehörige Kampagne laufen soll: »Abzocke stoppen – Law and Order gegen Mietkriminalität«. Ab morgen werde man stadtweit von Tür zu Tür gehen, um Menschen zu überzeugen und um Politik aus dem zu machen, »was die Menschen sagen«. Wahlkampf soll das aber noch nicht sein. Lieber gehe man ein Jahr vor der Wahl konkret das drängendste Problem der Stadt an.

Der 5-Punkte-Plan sieht vor, eine Taskforce Wohnen aufzubauen. Ein Landesamt für Mieterschutz mit 100 Personalstellen soll entstehen. Zu dessen Aufgaben wurde dann unter anderem gehören, Mietpreisüberhöhungen zu verfolgen. Wenn die Miete etwa 50 Prozent über dem Vergleichswert liege, solle die Taskforce die Staatsanwaltschaft einschalten – eine noch einzurichtende Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Mietkriminalität. Außerdem soll es in allen zwölf Bezirken Mietpreisprüfstellen geben, an die sich Mieter*innen wenden können, die den Verdacht haben, zu viel zu bezahlen.

»Wenn wir sagen, man muss Vermieter zur Rechenschaft ziehen, muss man bei den großen Konzernen anfangen«, erklärt der Abgeordnete Niklas Schenker (Linke). Er erläutert Punkt 4 des Sofortprogramms: Die Einrichtung einer Vergesellschaftungsbehörde, die die Forderungen des Volksentscheids von 2021 einlösen soll, große Immobilienkonzerne zu enteignen.

Schließlich sollen leerstehende Gebäude dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt werden. Anders als bei gewerblichen Gebäudenutzungen gilt bei Wohnraumnutzung eigentlich bereits das Zweckentfremdungsverbot. Ein großes Problem ist aber die Durchsetzung, die das Gesetz im Grunde zahnlos macht. So ist es rechtlich äußerst schwer zu beweisen, dass eine Wohnung tatsächlich leersteht oder illegal als Ferienwohnung genutzt wird. Die möchte bei illegalem Leerstand [3]landeseigene Wohnungsgesellschaften als Treuhänder einsetzen.

Ist eine Linke mit solchen Ideen eine Gefahr für die Stadt? »Eine Gefahr für die Stadt ist, wenn die Leute ihre Wohnung verlieren und wenn da gekürzt wird, wo die Stadt sozial zusammengehalten wird«, antwortet Maximilian Schirmer. Im aktuellen Haushalt sind berlinweit drei Milliarden Euro bei der Sozial- und Bildungsinfrastruktur gekürzt worden, weitere Kürzungen sind geplant[4].

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193504.wohnungslosigkeit-wenn-arbeit-nicht-zum-wohnen-reicht.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191002.mietenwahnsinn-mietwucher-in-berlin-viele-anzeigen-keine-strafen.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193794.stadtentwicklung-schlossstrasse-in-berlin-boulevard-des-leerstands.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193858.schwarz-rot-haushalt-in-berlin-zwischen-rekordausgaben-und-kahlschlag.html