nd-aktuell.de / 22.09.2025 / Sport

In unbesungene Dreckskäffer

BallHaus Ost: Der Misserfolgsfan warnt vor der 3. Liga

Frank Willmann
Auf in den Kampf: Gewusel vorm Jenaer Tor beim Auswärtssieg in Meuselwitz (0:3)
Auf in den Kampf: Gewusel vorm Jenaer Tor beim Auswärtssieg in Meuselwitz (0:3)

Papi Spätsommer knuddelte mich am Wochenende von seiner schönsten Seite, der innig geliebte Fußballklub aus Jena besiegte die Meuselwitzer Zipfelmützen auf ihrer sumpfigen Dorfwiese und ließ die Thüringer [1]Fußballwelt ein wenig schöner[2] aussehen. Wir alle erinnern uns noch voll Grausen an das letzte Thüringenpokal-Halbfinale, als ein kaum noch spielfähiger Meuselwitzer Ex-Jenenser unsere kleinen Helden im Meuselwitzer Sumpfkaninchenbau mit einem schmutzigen Tor exekutierte und aus dem Thüringenpokal [3]warf!

Für Loser-Truppen wie die meine ist der Landespokal die einzige Möglichkeit, sich für die erste Runde des DFB-Pokals zu qualifizieren. Dann kassieren wir ein paar hunderttausend Euro (in der ersten Runde dieses Pokals, die wir daheim naturgemäß gegen jeden Erstligisten verlieren), um diese im Profifußball lächerliche Summe wie jeder abgehängte Viertligist in den Ausbau der sogenannten Profimannschaft zu stecken, Jahr für Jahr.

Herausgekommen ist bei diesem schlauen Plan noch nichts, aber das muss nicht unbedingt heißen, wir hätten es bei diesem Vorhaben mit einem abgrundtief lächerlichen Plan zu tun. Ich würde sagen, die Idee ist zu 33 Prozent gut und zu 67 albern. Albern tönt nicht so perfide wie lächerlich.

Findet ihr nicht auch, erhaben und albern liegen nah beieinander? Wiederholt das Wörtchen albern dreimal, albern, albern, albern. In meinem Ohr klingt das nach Größe. Wenigstens im fußballerischen Kontext. Also nicht nach finaler, endgültiger Herrschaft.

Es gemahnt mich als Misserfolgsfan einer just vor knapp 44 Jahren letztmalig erfolgreichen Fußballmannschaft an die Flüchtigkeit von Glück. Böse Menschen charakterisieren das hinter meinem Rücken als hoffnungslosen Fall von Komplettversagen.

Um auf das jüngst gewichene Wochenende zurückzukommen, möchte ich euch das Ergebnis nicht vorenthalten, alldieweil ihr euch zweifellos selten in die schrundigen Tiefen der 4. Liga versenkt. In diesem Loch ewig abwesender Attraktionen riecht es streng nach Verzweiflung. Liebe Eltern, bewahrt eure Kinder vorm Liebestod, der Fußball ist böse und eine süße Lüge, am Ende gewinnen immer RB Leipzig oder Bayern München!

Das sonntägliche Freuden-Ergebnis in Meuselwitz lautete 3:0 für den FC Carl Zeiss Jena. Die Zeissfußballer haben in der Tabelle Tuchfühlung mit den Besten aufgenommen. Wollen sie womöglich in dieser Saison das Unmögliche möglich machen und in die 3. Liga aufsteigen? Um dort gegen Hoffenheims zweite Mannschaft, ein Team aus dem dubiosen Verl und das farblose Havelse spielen zu müssen? Für jeden halbwegs ernstzunehmenden Kulturmenschen[4] sind das unbesungene Dreckskäffer.

Ich werde das Vorhaben meiner traurigen Lieblinge kommendes Wochenende persönlich überprüfen, wenn der Chemnitzer FC zu Besuch kommt, um die Skepsis in das Herz aller anständigen Thüringer zu säen. Der Ball ist rund, aber was ist beispielsweise mit dem hinteren Hirnlappen? Chemnitz, Herz, Ball. Zum Glück gibt es im Fußball nur eine Wahrheit. Du musst das nächste Spiel gewinnen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193915.roman-gesellschaft-mit-beschraenkter-hoffnung-ddr-voellig-aus-dem-land-gefallen.html?sstr=thüringen
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192650.ballhaus-ost-woltemaderscher-identitaetsverlust.html?sstr=jena|willmann
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175878.fussball-regionalliga-nordost-fc-carl-zeiss-und-der-ring-der-liebe.html?sstr=thüringenpokal
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193874.chemie-leipzig-daheim-ist-wo-die-schmorwurst-koechelt.html?sstr=jena