Das Geschäft mit der Produktion von Kriegsgerät boomt. Einer der großen Profiteure ist Rheinmetall. Jüngster Deal des Düsseldorfer Konzerns: Er übernimmt die komplette Marinesparte der Bremer Lürssen-Gruppe[1] mit zwei Werften in Hamburg, der NVL-Werft in Bremen, der Peene-Werft in Wolgast, der Neuen Jadewerft in Wilhelmshaven und etlichen Standorten im Ausland.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger[2] hat angekündigt, die Produktionskapazitäten für Munition verzehnfachen zu wollen. Für Tobi Rosswog[3] und seine Mitstreiter*innen ist das eine klare Drohung. Der langjährige Aktivist in sozialen Initiativen kämpft seit Monaten gegen die vielerorts laufende Umwandlung von ziviler in Rüstungsproduktion. Unter anderem deshalb hat die Gruppe um Rosswog jetzt eine Homepage freigeschaltet, auf der man sehen kann, wo in der Bundesrepublik sich »Orte der Aufrüstung«[4] befinden. Bislang sind dort 20 Standorte der Rüstungsindustrie gekennzeichnet. Die Ex-Lürssen- und baldige Rheinmetall-Werft in Bremen ist dabei, andere Betriebe, in denen Kriegsschiffe gebaut werden, noch nicht.
Zugleich sind Firmen wie Heidelberg Druck oder Trumpf im baden-württembergischen Ditzingen dabei, die man nicht automatisch mit Rüstungsproduktion assoziiert. Auf der Karte sind natürlich auch die Standorte klassischer Waffenschmieden wie Hensoldt in Wetzlar zu finden.
Klickt man auf einen Standort, wird man zu Informationen weitergeleitet: Presseartikel, Presseerklärungen, aber auch Börsennotizen. Ein weiterer Button ist Rosswog besonders wichtig: Er soll über lokalen Widerstand gegen Aufrüstung informieren. Der tut gerade deshalb not, weil immer mehr Produktionsstätten derzeit von der Herstellung ziviler auf militärische Erzeugnisse umgerüstet werden.
Bei den meisten aufgelisteten Firmen kann dieser Button nicht angeklickt werden, weil es dort noch keine Bewegung gegen die »Konversion rückwärts« gibt. Nur zu zwei Orten finden sich Informationen über Proteste: beim ehemaligen VW-Werk Osnabrück, das von Rheinmetall gekauft wurde, und beim Waggonbau Görlitz[5], der vom Schienenfahrzeughersteller Alstom an das deutsch-französische Rüstungsunternehmen KNDS verscherbelt wurde.
In Osnabrück ist das Zukunftswerk gegen die Umstellung auf Rüstungsproduktion aktiv. Es setzt sich für einen sozialökologischen Umbau des VW-Werkes ein. Statt Rüstungsgüter sollen nach den Vorstellungen der dort Aktiven künftig Straßenbahnen hergestellt werden. Schließlich schmücke sich Osnabrück mit dem Titel Friedensstadt, weil dort 1648 der 30-jährige Krieg beendet wurde. In Görlitz kämpft die Initiative »ÖPNV statt Panzerbau« gegen die Umstellung. In der sächsischen Stadt sollen bald Teile für Kampf-, Schützen- und Radpanzer produziert werden.
Rosswog kündigt an, dass dem Atlas der Militarisierung demnächst weitere Orte hinzugefügt werden. Und weitere Buttons mit Informationen zum Widerstand. So plant die Initiative »Kein Rheinmetall im Wedding«[6] am 12. Oktober eine Demonstration gegen die Herstellung von Rüstungsgütern im ehemaligen Pierburg-Werk in dem Berliner Stadtteil. Das ist ganz im Sinne von Rosswog. Er sieht im Atlas ein Werkzeug für antimilitaristischen Widerstand. »Lasst uns überall, wo Orte der Aufrüstung entstehen, ein klares Zeichen gegen die Militarisierung der Gesellschaft setzen – auch vor deiner Haustür«, sagt er.
Am Sonntag gab es in mehreren Städten kleinere Aktionen, die auf der neuen Webseite dokumentiert sind. So wurde zum Beispiel vor dem Beratungsbüro der Bundeswehr in Hannover ein Banner mit der klassischen Parole »Krieg beginnt hier« angebracht. In Berlin ließ sich eine Teilnehmerin des Berlin-Marathons mit einem Schild mit der Aufschrift »Krieg ist nicht feministisch« fotografieren.