nd-aktuell.de / 23.09.2025 / Politik

»Eine neue AfD-Jugendorganisation darf es nicht geben!«

Das Bündnis Widersetzen mobilisiert gegen die Gründung der Patriotischen Jugend Ende November in Gießen

Interview: Raul Zelik
Gegen den AfD-Parteitag im Januar brachte Widersetzen im ostdeutschen Riesa 15000 Menschen auf die Straße.
Gegen den AfD-Parteitag im Januar brachte Widersetzen im ostdeutschen Riesa 15000 Menschen auf die Straße.

Bündnisse gegen rechts hat es in den letzten Jahren viele gegeben. »Widersetzen« hat jetzt aber trotzdem eine Welle gemacht [1]– Sie haben 80 Ortsgruppen und 14 000 Follower auf Telegram. Was ist das Neue an Ihrem Bündnis?

Widersetzen entstand im letzten Sommer mit dem Ziel, den Bundesparteitag der AfD zu blockieren.[2] Mehr als 10 000 Menschen kamen damals nach Essen, im Januar in Riesa [3]waren es bereits 15 000. Unser nächstes Ziel ist es, die Gründung der faschistischen AfD-Jugend am 29./30. November in Gießen zu verhindern. Inzwischen unterstützen mehr als 80 Organisationen das Bündnis und rufen mit uns zu zivilem Ungehorsam gegen die AfD und die Faschisierung in der Gesellschaft auf. Die Mobilisierung nach Gießen ist so wichtig, weil dieser neue Jugendverband wirklich eine Bedrohung für uns alle ist.

Inhaltlich versucht Widersetzen etwas anders aufzutreten: Sie sagen, dass Sie Antifaschismus positiv besetzen wollen.

Wir sind mehr als ein Bündnis gegen Nazis und die AfD. In einer Welt von Klimakrise und Rechtsruck verteidigen wir eine Zukunft ohne soziale Spaltung, Ungleichheit und Grenzen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle hierherkommen und bleiben können, die das wollen – unabhängig von Hautfarbe oder Geschlechtsidentität.

Was sagen Sie zu dem Einwand, dass die AfD nicht die einzige und manchmal auch nicht einmal der wichtigste Treiber der Faschisierung ist? Die neue Begeisterung für Aufrüstung und Militärs beispielsweise wurde zuletzt ja eher von den Grünen und der FDP getragen.

Wir denken schon, dass die AfD den Faschismus am stärksten vorantreibt. Das Gefährliche ist aber: Sie muss gar nicht regieren. Aufrüstung, Grenzen schließen, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan – die Bundesregierung hat AfD-Forderungen längst umgesetzt. Für uns ist klar, dass wir uns der Politik der Menschenfeindlichkeit widersetzen müssen – egal, von wem sie kommt.

Und welche Rolle spielen Aufrüstung und Militarisierung in diesem Rechtsruck?

Eine Zukunft, in der wir alle sicher und frei leben können, kann nur eine Zukunft ohne autoritäre Regime, Waffenkonzerne, Militarisierung und Krieg sein.

Das würden Unterstützer der Bundeswehr natürlich ähnlich formulieren: dass es darum geht, eine »sichere und freie Zukunft gegen autoritäre Regime zu sichern« – mit mehr Waffen.

Ja, und die Rechten freuen sich darüber. Sozialkürzungen zur Finanzierung der Aufrüstung sind der ideale Nährboden für den Faschismus. Wir stehen für eine solidarische Gesellschaft, für den Kampf gegen das Grenzregime, für gleiche Rechte und gleiche Sicherheit für alle. Und damit auch gegen die Militarisierung. Einen Großteil ihrer Politik machen die Gruppen und Aktivist*innen, die uns unterstützen, übrigens auch außerhalb von »Widersetzen«, nämlich in Klimagruppen, queerfeministischen und antirassistischen Zusammenhängen.

Sie haben Ihre Kampagne diese Woche mit einer großen Auftaktveranstaltung in Berlin gestartet. Was ist als Nächstes geplant?

Wir mobilisieren zu »We’ll come united«. Das ist eine Karawane von migrantischen und antirassistischen Gruppen, die vom 20. bis 27. September von Thüringen nach Berlin zieht und Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle fordert. Außerdem mobilisieren unsere Ortsgruppen in über 80 Städten lokal: Schon bald gibt es die ersten Bustickets und Aktionstrainings. Informationen dazu teilen wir auf Instagram, Tiktok und unserer Webseite widersetzen.com. Das Wichtigste dann aber ist die Mobilisierung im November nach Gießen: Wir planen die größten Proteste gegen die AfD, die es je gegeben hat. Eine neue AfD-Jugendorganisation darf es nicht geben!

Links:

  1. https://widersetzen.com/
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1182287.antifaschismus-unser-ziel-ist-es-den-afd-parteitag-zu-verhindern.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188159.parteitag-riesa-erfolgreich-der-afd-widersetzt-trotz-polizeigewalt.html