nd-aktuell.de / 24.09.2025 / Berlin

Linker Journalist gegen Nius-Kampagne

Brandenburger Fotojournalist wehrt sich gegen Diskreditierung durch rechtskonservatives Online-Medium

Robin Maxime Pohl
Rechte Medien diffamieren immer wieder antifaschistischen Fotojournalismus.
Rechte Medien diffamieren immer wieder antifaschistischen Fotojournalismus.

Angriffe auf die Presse- und Meinungsfreiheit sind Teil eines autoritären Politikwandels. Vor allem das Vorgehen der Trump-Regierung gegen unliebsame Berichterstattung in den USA erregte in den vergangenen Wochen Aufmerksamkeit. Doch auch in der Bundesrepublik sind Medienschaffende einem immer stärker werdenden politischen Druck ausgesetzt.

Momentan sieht sich ein Brandenburger Journalist[1] einer gezielten Kampagne des rechtskonservativen Online-Mediums Nius ausgesetzt. Dabei wird nicht nur seine journalistische Arbeit diskreditiert, sondern es werden auch gezielt persönliche Informationen veröffentlicht. Um sich dagegen zu wehren, klagte der Journalist vor dem Berliner Landgericht – das Verfahren verlor er am 12. August. Darum startete am Montag eine Crowdfunding-Kampagne[2] auf der Plattform »Gofundme«, um die entstandenen Kosten abzufedern und eine Berufung zu ermöglichen. Bereits nach einem Tag wurde mehr als ein Drittel der insgesamt benötigten 16 100 Euro gesammelt.

Der betroffene Journalist Max F.* arbeitet als freier Journalist unter anderem für den Presseservice Rathenow. Dabei handelt es sich um ein bundesweit bekanntes Portal für linken Fotojournalismus. Der Fokus liegt auf der Berichterstattung über Aktivitäten des rechten Spektrums. Dazu gehören Neonazi-Aufmärsche genauso wie AfD[3]-Feste. Doch auch zahlreiche Bilder von linken Demonstrationen oder Fußballspielen sind auf den Seiten des Presseservices zu finden. Das Portal widmet sich insbesondere auch Aktionen abseits der großen Städte.

Die gegenwärtige Auseinandersetzung mit Nius geht zurück auf den 14. Juni. An diesem Tag richtete die Wochenzeitung »Junge Freiheit« (JF) ihr alljährliches Sommerfest in Berlin aus. Das Blatt gilt als Sprachrohr der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum. Um gegen den zunehmenden Raumgewinn zu protestieren, fand vor der Eventlocation »Wasserwerk« in Wilmersdorf auch eine Protestkundgebung der »Omas gegen rechts« statt. Am Rande waren mehrere Fotojournalist*innen zugegen, die die antifaschistische Kundgebung dokumentierten, darunter auch F.

Durch die Berichterstattung von F. und anderen Journalist*innen gibt es überhaupt einen Überblick über den Kreis der Teilnehmenden des JF-Sommerfests, die gerne unter sich geblieben wären. Ein erheblicher Anteil der rund 500 Gäste kam aus den Reihen der AfD. Neben deren Bundessprecher Tino Chrupalla waren zahlreiche Vertreter*innen aus unterschiedlichen Landtagen, der Bundestagsfraktion und dem Europaparlament zugegen.

Besonders brisant ist zudem die Teilnahme von Gernot Möring. Er gilt als Organisator eines Geheimtreffens im November 2023: Damals versammelten sich unterschiedliche Rechte und Rechtsextreme in der Villa Adlon in Potsdam, um politische Strategien zu diskutieren und Spenden zu sammeln. Das Recherche-Magazin »Correctiv« berichtete von dem Treffen, auf dem die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte besprochen worden sein soll.

An dem Potsdam-Treffen soll auch Ulrich Vosgerau teilgenommen haben. Der Jurist, der im Zusammenhang mit der Migrationspolitik von Angela Merkel den Begriff der »Herrschaft des Unrechts« prägte, war ebenfalls beim Sommerfest der »Jungen Freiheit« in Wilmersdorf zugegen.

Die journalistische Dokumentation des Sommerfests erregte das Aufsehen des ebenfalls anwesenden Nius[4]-Mitarbeiter Jan A. Karon. Er fotografierte die Journalist*innen und stellte die Bilder sowie persönliche Daten in einem Artikel auf dem Portal online. Karon bezeichnete die Journalist*innen darin als »Denunzianten«.

»Es wird offensichtlich, dass eine Vielzahl von Menschen ein Interesse an journalistischer Arbeit zur Aufklärung über demokratiefeindliche rechte Netzwerke hat.«

Max F.* freier Journalist

In dem Urteil zur Klage von F. heißt es, dass die Berichterstattung über F. auf Nius den Fotojournalisten zwar in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung der Berufsehre betreffe sowie »in der sozialen Anerkennung, da sie geeignet ist, Zweifel an seiner Integrität bei der Ausübung seines Berufs zu begründen«. Dennoch stelle sich die Berichterstattung über F. »nach Abwägung der konfligierenden Grundrechte gleichwohl nicht als persönlichkeitsrechtsverletzend« dar.

F. ist überrascht davon, dass innerhalb weniger Stunden so viel Geld für sein Crowdfunding gesammelt werden konnte. »Tatsächlich wird offensichtlich, dass eine Vielzahl von Menschen ein Interesse an journalistischer Arbeit zur Aufklärung über demokratiefeindliche rechte Netzwerke hat«, sagt er zu »nd«. »Die sehr hohe Spendenbereitschaft von vielen Einzelnen, bereits in den ersten Stunden des Fundraisings, widerlegt die These von Nius, dass nur ein paar NGOs aus finanziellen Gründen an der Recherche partizipieren«, so der Journalist.

*Name von der Redaktion geändert.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193281.afd-brandenburg-so-rechtsextrem-ist-die-brandenburger-afd.html?sstr=nius
  2. https://www.gofundme.com/f/kritischer-journalismus-braucht-schutz?attribution_id=sl:cc48832a-91a8-4ee8-81a0-0f9c4aaf1e8b&lang=de_DE&ts=1758528122&utm_campaign=man_sharesheet_dash&utm_medium=customer&utm_source=copy_link
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194128.influencerin-leonie-plaar-weidel-ist-das-feigenblatt-fuer-die-queerfeindlichkeit-der-afd.html?sstr=rechtsextremismus
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193403.gerichtsurteil-nius-gewinnt-gegen-marla-svenja-liebich.html?sstr=nius