nd-aktuell.de / 29.09.2025 / Politik

Eine Welt: Voneinander lernen

Der entwicklungspolitische Verein SONED fördert den Austausch zwischen Nord und Süd

Martin Ling
Ein zukunftsfähiges Trio von links nach rechts: Jan »Kipper« Fischer, Simon Raschke und Linda Limbadega im Büro von SONED
Ein zukunftsfähiges Trio von links nach rechts: Jan »Kipper« Fischer, Simon Raschke und Linda Limbadega im Büro von SONED

Sie ist eines der Schmuckstücke von SONED: die Schulpartnerschaft zwischen dem Ghana Permaculture Institute (GPI) und der Schule für Erwachsenenbildung (SfE Berlin). Sie wurde 2015 von dem entwicklungspolitischen Verein aus Berlin-Friedrichshain auf den Weg gebracht. »Diesen Sommer waren wir in Ghana, vergangenen Sommer war eine Gruppe aus Ghana hier«, erzählt Simon Raschke, im Brotberuf Lehrer an der SfE, die im Mehringhof in Kreuzberg ihren Sitz hat, und ehrenamtlich im Vorstand von SONED. Raschke war schon 2015 dabei, als die Idee einer Schulpartnerschaft unter anderem mit Jan »Kipper« Fischer ausgeheckt wurde, der Ende der 80er Jahre an der SfE sein Abitur gemacht hatte. Fischer ist Mitgründer des vor 30 Jahren aus der Taufe gehobenen Vereins SONED, was in der Langfassung für Southern Networks for Environment and Development[1] steht – Südliche Netzwerke für Umwelt und Entwicklung.

Norden und Süden auf Augenhöhe

»Der Austausch 2024/25 wurde erstmals über das Deutsch-Afrikanische Jugendwerk (DAJW) gefördert statt wie die Jahre zuvor über das Entwicklungspolitische Schulaustauschprogramm ENSA«, erzählt Raschke. Beide Programme sind bei Engagement Global angesiedelt, der 2012 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geschaffenen Anlaufstelle für entwicklungspolitisches Engagement. »Der Vorteil des DAJW liegt darin, dass seine Förderung nicht explizit auf Schulpartnerschaften beschränkt ist, sondern für Jugendbegegnungen generell möglich ist«, erläutert Fischer die Hintergründe für den Wechsel. »So ist es machbar, dass über das GPI auch Menschen kommen können, die da nicht längerfristig lernen, und von der SfE auch ehemalige Schüler*innen«, beschreibt Fischer einen Vorzug des DAJW. »Das Programm ist offener und bietet auch sonst noch Vorteile«, sekundiert Raschke: »Es gibt einen starken Fokus auf Ausgeglichenheit zwischen den Nord- und den Südpartnern. Die Förderung ist von vornherein auf zwei Begegnungen angelegt, eine im Norden, eine im Süden und es wird auch die Vor- und Nachbereitung der Reise sowohl im Norden als auch im Süden finanziert, wenn der Antrag bewilligt wurde«, plaudert Raschke aus dem Nähkästchen.

Die Schulpartnerschaft steht unter dem Motto »Voneinander lernen«. »Beim GPI geht es um nachhaltige Entwicklung durch Permakultur. Bei der SfE ist die Selbstorganisation das Besondere«, beschreibt Fischer das Profil der beiden Institutionen. »Von der Selbstverwaltung der SfE mit Gremien, die von Lehrer*innen und Schüler*innen besetzt sind, kann sich das eher hierarchisch strukturierte GPI etwas abschauen, umgekehrt kann die SfE in nachhaltiger Praxis vom GPI lernen«, erzählt Fischer im Garten der Kreutzigerstraße 19, wo sich im Vorderhaus das Büro von SONED befindet.

Nach einer ersten Anbahnungsreise dauerte es bis 2022, dass erstmals eine größere ghanaische Gruppe vom GPI nach Deutschland reisen konnte. Probleme mit der Visaerteilung und Corona verhinderten in den Jahren davor den Gegenbesuch. Im Sommer 2019 hatten Schüler*innen der SfE die Gelegenheit genutzt, für einen knappen Monat nach Ghana zu reisen, um dort von den Schüler*innen des GPI in Permakultur unterrichtet zu werden, ein Konzept, das auf nachhaltige und naturnahe Kreisläufe in der Landwirtschaft setzt. »Als es 2022 endlich geklappt hat, waren alle erleichtert und es gab ein Willkommensabend mit Pizza im About Blank«, erinnert sich Raschke.

2023 nahm SONED erstmals am entwicklungspolitischen ASA-Programm teil. Die Arbeits- und Studien-Aufenthalte (ASA) stehen für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und Studierende im Alter zwischen 21 und 30 Jahren offen. »Es war für uns schon länger eine Frage, wie wir Schülerinnen weiter an der Partnerschaft teilhaben lassen können, nachdem sie die Schule verlassen haben«, erzählt Raschke. »Das ASA-Programm bot sich an, weil viele Schulabgänger*innen danach studierten«, ergänzt Fischer. Drei Teilnehmerinnen stellte die SfE, drei Teilnehmer*innen das GPI, einem dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland folgten drei Monate in Ghana.

Die Weltküche ist ein Austauschpool

Eine Teilnehmerin des ASA-Programms 2024 war Linda Limbadega. »Wir arbeiteten in Ghana an verbesserten Abfallwirtschaftssystemen in der Stadt Techiman, wo das GPI ansässig ist[2]. Zuerst bereiteten wir in Berlin unsere Ideen und Projektphasen vor. Danach wurden in Techiman erste Maßnahmen zur Bewältigung der Abfallproblematik umgesetzt: Informationsmaterial zum Thema Abfallwirtschaft wurde erstellt und Maßnahmen zur Entsorgung von biologisch abbaubaren Abfällen in Schulen entwickelt. Der Schwerpunkt lag dabei auf Recycling von Plastikmüll, da dieser eines der größten Umweltprobleme in Ghana darstellt«, erzählt sie. Limbadega hatte zwar ihre Schwierigkeit, sich an die Kälte in Deutschland zu gewöhnen, mit ASA wurde sie aber schnell warm: »Für mich war ASA eine großartige Gelegenheit, mit Menschen aus aller Welt in Kontakt zu kommen.«

Schulung für Schüler*innen aus Nord und Süd in Permakultur im Ghana Permaculture Institute in Techiman
Schulung für Schüler*innen aus Nord und Süd in Permakultur im Ghana Permaculture Institute in Techiman

Linda Limbadega ist seit Oktober 2024 wieder in Berlin. Sie arbeitete für ein Jahr bei SONED im Rahmen des Weltwärts-Austauschprogramms des BMZ. Das 2008 gestartete Programm kannte anfangs nur eine Nord-Süd-Schiene: Junge Erwachsene aus Deutschland durften, gesponsert vom BMZ, mit Freiwilligendiensten bei ausgesuchten Partnerorganisationen Erfahrungen in Ländern des Globalen Südens machen. Erst Kritik aus Kreisen entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen an der einseitigen Ausrichtung brachte das BMZ zum Umdenken. Und so wird seit 2013 auch jungen Erwachsenen wie Linda Limbadega aus dem Globalen Süden ein Freiwilligendienst in Deutschland ermöglicht. Bei SONED ist sie für die montägliche Küfa (Küche für alle) mitverantwortlich, bei der hauptsächlich aus Wegwerfgemüse des benachbarten Biosupermarktes leckere Menüs gekocht werden. Die finden mit oder ohne freiwillige Spende für SONED und seine Projekte dankbare Abnehmer. Limbadega schätzt an der Küfa auch den Austausch mit den anderen Menschen: »Die Weltküche ist ein Austauschpool, wir teilen unsere kulturellen Unterschiede. Wo kommst Du her, was machst Du? Die Leute verstehen sich gut untereinander. Manchmal kochen wir auch afrikanisch.« Das kommt immer gut an, frittierte Kochbananen und Erdnusssauce mögen die Allermeisten.

Limbadega kennt SONED schon seit 2015. Damals arbeitete sie beim GPI: »Es war eine schöne internationale Kooperation mit SONED, ich kann mich noch gut daran erinnern.« Eine Kooperation, die Früchte trägt, über Schulpartnerschaft und ASA-Programme hinaus und auch Projekte mit dem deutschen Entwicklungsministerium umfasst. So gab es 2022 eine neuerliche Förderzusage des BMZ über drei Jahre. Mit diesem Projekt wurden rund 2000 Kleinbauern, Frauen und junge Erwachsene aus 300 Dörfern darin geschult, qualitativ hochwertige Agrarprodukte zu erzeugen. Zum Beispiel das sogenannte Superfood Moringa, das auch in Deutschland seinen Markt schon gefunden hat.

In dem Weltwärts-Programm sieht Limbadega den großen Vorteil, sich fundiert mit Deutschland auseinandersetzen zu können, was bei den drei Monaten im ASA-Programm so nicht möglich gewesen war. Zum Beispiel, Deutsch zu lernen, was neben ihrer Arbeit bei SONED ihre Hauptbetätigung ist und wo sie große Fortschritte macht. »Nun kann ich endlich Deutsch sprechen«, freut sie sich. Eine Voraussetzung für ihre Ausbildung als Erzieherin, die sie demnächst in Berlin-Mitte beginnt. »Was mir bei meinem Weltwärts-Aufenthalt besonders gefallen hat, war das Projekt im Werkhofgarten. Dort haben wir 1600 Bäume gepflanzt, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Selbst wenn 600 der Setzlinge nicht überleben, werden 1000 dem Klimawandel entgegenwirken.« Diese zarten Pflänzchen der Hoffnung wurden in Kleinskrausnik in der Niederlausitz gesetzt. Auf einem Permakultur-Hof, der auch Sitz des Vereins zukunftsfähig e.V. ist. Um Zukunftsfähigkeit ging es SONED die vergangenen 30 Jahre, und das soll auch in der Zukunft so bleiben. Für 2026 ist der Aufbau eines Permakultur-Netzwerkes in Kenia geplant, blickt Fischer voraus. Kontakte zu sieben Organisationen bestehen schon. »Die Organisationen in einem Projekt zusammenzuhalten, ist an sich schon eine Herausforderung«, schätzt Fischer. Doch Herausforderungen ist SONED seit 30 Jahren gewohnt.

Spendenkonto: SONED Berlin IBAN: DE53 4306 0967 8025 3066 01

Links:

  1. https://soned.de/
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167017.nahrungsversorgung-afrika-kann-sich-im-prinzip-selbst-ernaehren.html