Sitzen die Mieter am Hafenplatz bald wortwörtlich auf dem Trockenen? Diesem Schicksal sind die Bewohner der bekannten Problemimmobilie unweit des Potsdamer Platzes nach Angaben des zuständigen Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg nur knapp entgangen. Über Monate soll der Eigentümer der markanten pyramidenförmigen Wohnanlage keine Abschlagszahlungen an die Wasserbetriebe geleistet haben. Dass das Wasser für die etwa 1000 Bewohner der Anlage nicht abgestellt wurde, sei nur verhindert worden, weil der Bezirk diese Zahlungen ab November übernehmen werde, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung.
Gegenüber »nd« bestätigte ein Sprecher der Wasserbetriebe, dass der Eigentümer über ein Jahr etwa 800 000 Euro ausstehende Zahlungen angehäuft habe. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg werde »bis auf Weiteres« in die Ersatzvornahme gehen, also die zweimonatlichen Abschlagszahlungen übernehmen. Die Schulden des Eigentümers wolle man mittels des Finanzamts eintreiben. Auch das Bezirksamt gibt auf nd-Anfrage an, die nun vorgeschossenen Zahlungen vom Eigentümer zurückfordern zu wollen. Zudem solle geprüft werden, ob die Mieter die Abschlagszahlungen direkt an den Bezirk überweisen könnten.
Erst am Montag habe er überhaupt davon erfahren, dass der Eigentümer Schulden bei den Wasserbetrieben habe, berichtet Milo, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Er wohnt am Hafenplatz und engagiert sich in der örtlichen Mietervernetzung. Informiert worden sei er durch den Bezirk und nicht durch den Eigentümer. »Wir zahlen alle unsere Mietnebenkosten«, sagt Milo. »Aber der Vermieter hat das einfach kassiert, ohne es weiterzugeben.«
Milo vermutet angesichts der ausbleibenden Zahlungen Kalkül: »Es wird alles versucht, uns loszuwerden«, sagt er. Die Strategie, die er hinter dem Handeln des Eigentümers sieht: Der Vermieter setze darauf, dass die Wasserbetriebe der Wohnanlage wegen der Schulden das Wasser abstellen. Der Bezirk wäre dann gezwungen, die Häuser für unbewohnbar zu erklären. »Wir müssten dann in Notunterkünfte ziehen«, sagt Milo. Und der Eigentümer habe freie Hand, die Sozialwohnungen abzureißen.
Zumindest Letzteres planen der Eigentümer, die Gesellschaft Hedara-Bauwert, sowie der Projektentwickler Art Projekt tatsächlich. Nach deren Plänen soll die bestehende Wohnanlage aus den 70er Jahren abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden[1]. 900 Wohnungen und Räume für Gewerbe sollen so entstehen. Doch das Bauprojekt läuft mehr als holprig: Im Juni vergangenen Jahres erklärte das Bezirksamt, man wolle nicht mehr mit der Hedara kooperieren.
Auch die landeseigene Wohnungsgesellschaft Gewobag, die in Zusammenarbeit mit dem Eigentümer Sozialwohnungen in dem Neubau einrichten sollte, kündigte die Zusammenarbeit auf. »Generell kooperieren wir ausschließlich mit seriösen und verlässlichen Projektpartnern. Eine Zusammenarbeit mit dem aktuellen Eigentümer ist nicht geplant«, hieß es wenig diplomatisch.
Der Grund für die Skepsis: Gegen die Geschäftstätigkeit des Eigentümers der Hedara, sowie mehrerer mit ihr verbundenen Gesellschaften, wurden immer wieder Vorwürfe laut. So soll dieser Eigentumswohnungen in geplanten Bauprojekten in Berlin und Brandenburg verkauft, dann aber den Abschluss der Bauarbeiten immer wieder verzögert haben. Zudem soll er Handwerkerrechnungen nicht beglichen haben. Aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage geht hervor, dass die Gewerbeaufsicht im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf im Jahr 2024 die Hedara unter die Lupe nahm. Zudem waren vor dem Berliner Landgericht 28 Verfahren anhängig, an denen die Hedara als Partei beteiligt war.
»Der Vermieter hat das einfach kassiert, ohne es weiterzugeben.«
Milo Mietervernetzung Hafenplatz
Auch Anwohner Milo sieht unlautere Geschäftspraktiken. »Die ausgebliebenen Abschlagszahlungen sind nur die Spitze des Eisbergs«, sagt er. Der Eigentümer lasse die Wohnanlage systematisch verfallen, um die Bewohner rauszuekeln[2]. So fänden sich Müllberge auf dem Gelände verteilt, es gebe Schädlingsbefall. Dächer und Fenster würden nicht repariert, die Fahrstühle in dem Hochhaus seien über Wochen ausgefallen. »In den vergangenen zwölf Monaten wurde dreimal die Hausverwaltung ausgetauscht«, berichtet Milo. Nachhaltig verbessert hätten sich die Wohnverhältnisse dadurch nicht.
»Der Hafenplatz ist eines der letzten Beispiele für bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt«, sagt Milo. Daher lehne er den geplanten Abriss ab. Stattdessen wünscht er sich, dass die Wohnanlage in die Landeshand geht und saniert wird.
»Den Vorwurf, es gebe Bestrebungen, das Objekt bewusst verfallen zu lassen oder eine Entmietung herbeizuführen, weisen wir entschieden zurück«, antwortet ein Sprecher der Hedara auf nd-Anfrage. Zu den finanziellen und vertraglichen Details könne man keine Stellung nehmen. Im Austausch mit den zuständigen Stellen setze man sich für eine »stabile und verlässliche Lösung im Sinne der Mieter*innen« ein.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194408.mietenwahnsinn-berlin-hafenplatz-faellt-nicht-trocken.html