nd-aktuell.de / 01.10.2025 / Kommentare

Studierenden-»Buden«: Wert des Verkraftbaren

Sarah Yolanda Koss über die Entwicklung der Studierenden-»Buden«

Sarah Yolanda Koss
Eine Suchanzeige für eine «bezahlbare Wohnung» hängt an einer Universität am Schwarzen Brett
Eine Suchanzeige für eine «bezahlbare Wohnung» hängt an einer Universität am Schwarzen Brett

Es gibt da dieses Video, das vor einigen Monaten auf Tiktok viral ging. In einer Schwarz-Weiß-Aufnahme sitzt ein junger Student auf seinem Bett in Frankfurt am Main, die Wände um ihn herum sind mit Karikaturen bekritzelt, in einem Regal liegt ein angeschnittenes Brot neben einem Wasserkocher. »Diese Bude hier kostet 30 Mark. Ich ziehe jetzt um in eine andere Bude, die mir mehr Komfort bietet. Dort bezahle ich zwar 40 Mark. Aber das kann ich von meinem 200-Mark-Stipendium gerade noch verkraften«, erklärt der Student. Es ist ein Ausschnitt aus einer Dokumentation von 1959 über die Lebensumstände der Akademiker. Einige pendeln zwischen Studienort und bezahlbarer Bleibe, nur sehr heruntergekommene Wohnungen sind in Frankfurt leistbar.[1] »Wie heute!«, lauten die meisten Kommentare unter dem Video.

Nicht ganz. Denn, so zeigt der neue Studierendenwohnreport, inzwischen betragen die Wohnkosten bei zwei Dritteln der Studierenden über 30 Prozent ihres Nettoeinkommens und führen zu finanzieller Überlastung. Der Student aus den 50ern müsste demnach für seine »Bude« heute über 60 Mark zahlen. Die Mietsteigerungen liegen weit über der Inflation, in Frankfurt kostet eine 30-Quadratmeter-Wohnung 734 Euro, München ist noch teurer. Die Bafög-Wohnkostenpauschale[2] von 380 Euro reicht nur in Bochum, Magdeburg und Chemnitz aus. Sie wurde nicht einmal an die reale Preisentwicklung angepasst. Studierende aus Familien mit geringem Einkommen müssen ihren Studienort also nach Finanzierbarkeit anstelle von Fächern wählen – wenn sie sich ein Studium überhaupt leisten können. Verkraftbar ist relativ.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187301.mietenstopp-hausbesetzungen-sind-wieder-angebracht.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194227.wissenschaft-soziale-spaltung-erreicht-berliner-hochschulen.html