nd-aktuell.de / 05.10.2025 / Berlin

Berlin: Im Schatten der Türme

Widerstand gegen Hochhauspläne in Berlin-Friedrichshain

Peter Nowak
So stellen sich Planer das Hochhausensemble an der Warschauer Brücke vor.
So stellen sich Planer das Hochhausensemble an der Warschauer Brücke vor.

In der Gegend zwischen den Berliner S-Bahnhöfen Warschauer Straße und Ostkreuz scheint aktuell das Gentrifizierungsfieber ausgebrochen zu sein. Innerhalb weniger Wochen wurde bekannt, dass dort gleich drei neue Hochhausprojekte entstehen sollen. So plant die Anschutz-Entertainment-Group auf der Ostseite der Warschauer Brücke ein Hochhaus, das »The Hub« heißen soll. Nur wenige Meter davon entfernt, in der Rudolfstraße 18/19, plant die Atrium Development GmbH ein weiteres Hochhausprojekt. Und ein dritter Turm soll an der Laskerstraße unweit vom Ostkreuz in unmittelbarer Nachbarschaft des Clubs About Blank enstehen. Dort plant der Investor Trockland einen Hotelneubau.

Dass ausgerechnet der Südteils Friedrichshains zwischen Warschauer Brücke und Ostkreuz zum Hotspot der Gentrifizierung wird, ist kein Zufall. Der vor einigen Monaten eröffnete Amazon-Tower und weitere Nobelbauten rund um das nahe Spreeufer haben zu diese Aufwertung beigetragen.

Für eine Gruppe von Anwohner*innen waren die Meldungen über die geplanten Neubauten der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sie gründeten das Bündnis »Berlin gegen Gentrifizierung«. Dort sind Initiativen vertreten, die seit Jahren gegen Verdrängung in Friedrichshain auf die Straße gehen. Dazu gehören die Gruppen »Wem gehört der Laskerkiez?« und »Wir bleiben alle Friedrichshain«. »Kiez ohne Klotz« wiederum ist eine jüngere Gruppe, die von Anwohner*innen gegründet wurde, nachdem die Hochhauspläne bekannt geworden sind. Auch der Wagenplatz Fips und der Club About Blank sind in dem Bündnis vertreten. Das Bündnis habe in den letzten Wochen schon einige Aktionen auf die Beine gestellt, erzählt Timo Steinke von der Initiative »Wem gehört der Laskerkiez?«. Dazu gehörten eine Kundgebung vor der Landeszentrale der SPD und eine Podiumsdiskussion.

»Das Bündnis im Laskerkiez zeigt, dass Menschen weiter für bezahlbaren Wohnraum und den Erhalt der Infrastruktur für die bisherigen Bewohner*innen kämpfen.«

Timo Steinke Initiative Wem gehört der Laskerkiez?

Als nächstes steht eine Demonstration gegen die Pläne an: Sie soll am Samstag um 15 Uhr vor dem geplanten Hochhausprojekt in der Rudolfstraße 19 starten und von dort in den Laskerkiez ziehen. »Wir hoffen, dass viele Anwohner*innen, die über die vielen Baustellen im Kiez überhaupt nicht erfreut sind, das mitbekommen«, sagt Steinke. Die emsige Bautätigkeit wirke sich negativ auf den Straßenverkehr rund um den Markgrafendamm aus[1]. Erst kürzlich sei deswegen ein Kind verunglückt.

Steinke hofft aber auch auf eine berlinweite Ausstrahlung. »Manchmal scheint es so, dass die Gentrifizierung in Berlin so weit fortgeschritten ist, dass Widerstand sinnlos wäre. Doch das Bündnis im Laskerkiez zeigt auch, dass Menschen weiter für bezahlbaren Wohnraum und den Erhalt der Infrastruktur für die bisherigen Bewohner*innen kämpfen.«

Zum Forderungskatalog des Bündnisses »Berlin gegen Gentrifizierung« gehört neben dem Stopp weiterer Luxusbauten auch der Rücktritt von Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD). Schließlich hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen unter seiner Führung dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg über mehrere der Hochhausprojekte die Planungshoheit entzogen, weil dieser den Investor*innenplänen nicht schnell genug nachkam. Dieses Vorgehen sorgte nicht nur für Empörung bei der Bezirkspolitik sonden auch in Teilen der SPD. Der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat sich bei einer Delegiertenkonferenz in der vergangenen Woche ebenfalls gegen die Hochhauspläne gestellt.

Auf einer Veranstaltung wurde Timo Steinke gefragt, wie realistisch die Forderungen des Demobündnisses sind[2]. Der verwies darauf, dass eine Demonstration allein nicht die kurzfristigen Änderungen bringt. Trotzdem bleibt er optimistisch. Im nächsten Jahr seien in Berlin die Wahlen zum Abgeordnetenhaus. »Wir müssen dafür sorgen, dass die Debatte um bezahlbare Mieten statt über mehr Neubau für Hotels und Büros, die dann oft leer stehen, dort geführt wird.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192815.protest-rudolfkiez-in-friedrichshain-hat-genug-von-luxusprojekten.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163883.raw-gelaende-baumasse-macht-verdraengungsangst.html