nd-aktuell.de / 06.10.2025 / Kultur

Leute, werft die Krücken weg!

Wann wird endlich gefordert statt gefördert? Die CDU muss eine neue Sozialpolitik durchsetzen!

Thomas Blum
Wer braucht schon Krücken? Sie sehen nicht gut aus (auch wenn man der König von Norwegen ist).
Wer braucht schon Krücken? Sie sehen nicht gut aus (auch wenn man der König von Norwegen ist).

Versprochen hat uns die CDU einen zünftigen »Herbst der Reformen«[1]. Doch noch geht es enttäuschend langsam voran. Die bisherigen Vorschläge und Ideen, wie und wo man wie viel Geld im sogenannten sozialen Bereich einsparen könnte[2], wirken leider noch sehr zaghaft.

Im Gespräch, wie es so schön heißt, ist bislang nur die Abschaffung von Pflegegrad 1. Richtig so! Ältere Leute, deren Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist, die also irgendein (nicht selten eingebildetes) Hüftleiden oder dergleichen mit sich herumschleppen, hätten eben früher öfter Sport treiben und sich gesund ernähren sollen, dann hätten sie jetzt nicht diese Zipperlein. Eigenverantwortung lautet das Zauberwort.

Diese Leute brauchen keine Krücken, keinen Putzdienst und keine Einkaufshilfe, sondern ein tägliches Fitness-Programm. Ein solches kann man ohne jeden Aufwand und ohne Sportgeräte im heimischen Wohnzimmer absolvieren, wenn man sich ein bisschen zusammennimmt: Kniebeugen, Liegestütze, ein anständiges Lauftraining entlang der Küchenwände, im Winter zwei, drei Stündchen wackeres Schneeschippen – das hat noch niemandem geschadet, schon gar nicht einem rüstigen Senioren! Das stählt die ausgeleierten Hüftgelenke und die angeknackste Wirbelsäule und bringt den schlaffen Körper insgesamt auf Vordermann.

Im Winter zwei, drei Stündchen Schneeschippen – das hat noch niemandem geschadet, schon gar nicht einem rüstigen Senioren!

Vor allem kostet es nichts. Hier muss bald – wie bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – gelten: Fordern statt fördern. Die einfachen sportlichen Übungen, die Oma Schmidt und Opa Müller bequem bei sich zu Hause ableisten können, sind einfach zu erlernen, selbst für Demenzkranke (die müssen dann halt in regelmäßigen Abständen rasch nachlesen, wie die Übungen gehen).

Aber, liebe CDU, ganz grundsätzlich gesprochen: Belasst es doch bitte nicht bei solch halbherzigen Mini-Reförmchen! Das könnt ihr doch besser! Nehmen wir den Zahnersatz: Der zum Beispiel könnte künftig vollständig gestrichen werden. Die verantwortungslose Boomer-Generation, die jahrzehntelang immer nur kaugummikauend Schokoriegel und klebrige Bonbons[3] in sich hineingeschaufelt und sie mit Kaffee, Bier und Wein hinuntergespült hat, hat ihren Anspruch auf die sogenannten dritten Zähne längst verwirkt. Seien wir realistisch: An die jetzt 60- bis 80-Jährigen, deren Restlebensspanne stark begrenzt ist, teuren und langlebigen Zahnersatz zu verschwenden, ist keine nachhaltige Gesundheitspolitik. Einmal im Sarg gelandet, nützt das maßgefertigte Implantat (das man schon heute größtenteils selbst bezahlen soll) oder die teure Zahnkrone nur noch wenig.

Auch hier gilt der moderne Leitsatz einer libertären bürgerlichen Gesellschaft: Freiheit bedeutet Eigenverantwortung. Wer seine Zähne ruiniert hat, indem er nach dem »Blauen Bock« und »Aktenzeichen XY… ungelöst«[4] jahrzehntelang ohne Zähneputzen zu Bett gegangen ist, braucht sich jetzt nicht zu beklagen. Der Sozialstaat kann heute nicht die geballte Verantwortungslosigkeit im Konsum ausgleichen, die von den Wirtschaftswunderjahren bis weit in die 80er herrschte.

Man muss eigentlich noch fundamentaler denken: Ist nicht vielleicht überhaupt die ganze linksgrün versiffte Idee eines »Zahnersatzes« eine vorgestrige? Wer im Alter sein Haar verliert, dem bezahlt man ja auch keine Haartransplantation und kein Toupet! Es kann ja nicht Aufgabe einer vernünftigen Gesundheitspolitik sein, den gewöhnlich reibungslosen Ablauf eines Menschenlebens, zu dem auch der den Gesetzen der Natur entsprechende Verlust der Zähne gehört, künstlich zu behindern: In den natürlichen Prozess des Alterns und Ablebens sollte nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen wie der Verabreichung von Medikamenten, medizinischer Behandlung oder lebenserhaltenden Operationen eingegriffen werden. Danach sollte sich eine sachbetonte und schnörkellose Gesundheitspolitik der Zukunft richten. Und das Einsparpotenzial, liebe CDU, wäre enorm!

Ein gesunder, mit allen notwendigen Nährstoffen versehener Speisebrei, der überall erhältlich wäre, ressourcenschonend aus Plankton und anderen natürlichen Zutaten hergestellt, könnte von den Leuten problemlos ganz ohne Zähne verzehrt werden. Und man schlüge mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ohne Zähne keine Zahnprobleme mehr! Der Brei wäre einfach in großen Mengen zu produzieren, billig in der Herstellung und besäße einen die Mehrheit der Bevölkerung befriedigenden Einheitsgeschmack.

Ich bin mir nicht sicher, ob in einer besseren Zukunft nicht noch einen Schritt weiter gegangen werden müsste: Wenn einmal die überflüssigen Pflegegrade 1, 2 und 3 erfolgreich abgewickelt sein werden, wird das rundum positive Folgen haben: Die Straßen werden nicht mehr so stark von Passanten verstopft sein, denn viele unserer Seniorinnen und Senioren werden endlich die Gelegenheit haben, viel Zeit entspannt zu Hause in ihrem Bett zu verbringen. In diesen Fällen könnten hauseigene Leitungssysteme, die unkompliziert und preisgünstig einzubauen wären, dafür sorgen, dass der erwähnte moderne Speisebrei sozusagen frei Haus ans Bett geliefert würde. Full Service: Aus der Leitung direkt in den Mund von Oma Schmidt und Opa Müller!

Sicher ist jedenfalls: Was die Herstellung und den Vertrieb des oben genannten Speisebreis angeht, hat der anerkannte Lebensmittelkonzern Soylent[5] bereits mitgeteilt, dass er die Kapazitäten hat, das Produkt in großen Mengen zu erzeugen und auszuliefern. Voraussichtlich, so heißt es, wird es künftig nicht nur als Brei, sondern auch in Form mundgerechter kleiner Plättchen in jedem größeren Supermarkt erhältlich sein.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194374.sozialpolitik-vom-falschen-ende-aufgezaeumt.html?sstr=herbst|der|reformen
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194265.bundestag-bundeshaushalt-das-jahr-der-harten-entscheidungen.html?sstr=herbst|der|reformen
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187728.konsumpolitik-aktiv-passiv-bleiben.html?sstr=bonbons
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1067143.fernsehjagd-auf-echte-verbrecher.html?sstr=eduard|zimmermann
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1180010.schlechter-leben-soylent-brown.html?sstr=soylent