Ludwig Doblinger ist seit fast acht Jahren Betriebsratsmitglied beim schwedischen Möbelhändler Ikea im bayerischen Regensburg. Er hatte sich während der Tarifauseinandersetzung 2023/24 mehrfach öffentlich für Entgelterhöhungen ausgesprochen. Dies habe das Unternehmen gegen ihn aufgebracht, vermutet die zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretärin Christin Rappl im Gespräch mit »nd«.
»Ikea Regensburg wollte den Kollegen Doblinger mit fragwürdigen Vorwürfen fristlos kündigen, da er sich mit viel Engagement in der Tarifrunde und aktiv für die Interessen der Beschäftigten einsetzt.« Das sei ein Skandal, weil »er sich für seine Kolleg*innen im Betrieb unermüdlich engagiert und gegen Missstände bei Ikea ankämpft«, so Rappl. Ihm wurde demnach Betrug bei der Spesen- und Arbeitszeiterfassung vorgeworfen.
Das Arbeitsgericht in Regensburg scheint das ähnlich zu sehen wie Verdi. Kürzlich verkündete es, dass die Kündigung formell unwirksam und vor allem inhaltlich unbegründet ist. »Das Arbeitsgericht hat alle Anträge von Ikea zurückgewiesen und festgestellt, dass es keine Pflichtverletzung seitens Ludwig Doblingers gab«, sagt Rappl.
Ikea teilte auf »nd«-Anfrage mit, dass es die Entscheidung des Arbeitsgerichts respektiere, sich aber »weitere juristische Schritte« vorbehalte. Zuvor hatte der Konzern versucht, mit einer Zustimmung durch den örtlichen Betriebsrat die Kündigung Doblingers »aus verhaltensbedingten Gründen« durchzusetzen. Der Betriebsrat muss zustimmen, wenn eines seiner Mitglieder gekündigt werden soll. Auch hier kassierte Ikea eine Niederlage.
Nun hat das Unternehmen Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Regensburg beim Landesarbeitsgericht München eingelegt. Es geht also weiter für Doblinger. Zusätzlich steht ein weiteres Verfahren in Regensburg bezüglich nicht erfasster Arbeitsstunden an.
»Detaillierte Infos dazu liegen nicht vor«, heißt es von Rappl dazu. Nur so viel sickert durch: Das schwedische Möbelhaus habe seit einem Jahr mehr als 300 geleistete Arbeitsstunden nicht abgerechnet. Die Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten, soll Doblinger auch entzogen worden sein. Zudem dürfe er Taxifahrten, die ihm im Rahmen seiner Betriebsratsarbeit zustehen, nicht mehr über seinen Arbeitgeber abrechnen. In früheren Verfahren ging es bereits um die Behinderung seiner Arbeit als Betriebsrat. Auch hier steht eine Entscheidung aus.
Ikea begann vor gut sieben Jahren mit einer Umstrukturierung des Unternehmens. Das Möbelhaus will digitaler werden, Betriebsräte versuchen indes laut Verdi, gemeinsam mit der Gewerkschaft einen Zukunftssicherungstarifvertrag zu verhandeln. »Das Unternehmen hat sich ein einziges Mal mit Beschäftigtenvertretern und der Gewerkschaft getroffen, aber schnell klargemacht, dass sie Verhandlungen über einen Tarifvertrag zur Regelung der Digitalisierung und zum Schutz der Beschäftigten ablehnen«, sagt Rappl.
Nicht nur in Regensburg gibt es Ärger, sondern Verdi zufolge auch in der Deutschland-Zentrale im hessischen Hofheim-Wallau. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der »Ikea Customer Support Center« soll nach Gewerkschaftsangaben seines Amtes enthoben werden, einer »weiteren Kollegin« wurde eine falsche eidesstattliche Erklärung unterstellt. Ikea weist indes Vorwürfe des »Union Bustings«[1], des systematischen Vorgehens gegen Betriebsräte, »nd« gegenüber zurück.