Der Run auf REITs ist ausgeblieben

Erste deutsche Immobilien-AG an der Börse notiert / Alstria vorerst »allein zu Hause«

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Premiere an der Börse ging daneben: Der erste deutsche REIT, eine steuerbegünstigte Immobilien-AG, startete kürzlich mit Kursverlusten.

Die Enttäuschung in der Branche ist groß. Seit den neunziger Jahren hatte die Finanzlobby für die steuerbegünstigte Immobilienaktie (REIT) in Bonn und Berlin geworben. Mit Erfolg. Drei Jahre dauerte es dann noch von der ersten rot-grünen Blaupause bis zum fertigen Gesetz unter der schwarz-roten Regierung von Angela Merkel. Und nun »das«: Die neue Anlageklasse durchlitt in der vergangenen Woche eine glanzlose Premiere an der Frankfurter Börse. Der erste deutsche REIT, die Alstria Office AG, startete mit Kursverlusten.

Noch Ende März 2007 hatte der Bundestag das »Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften« verabschiedet und spekulative Vorfreude in der Finanzbranche geweckt. Mit der weltweit in zwanzig Ländern steuerbegünstigten Immobilien-AG soll es der Wirtschaft erleichtert werden, stille Reserven zu heben und zwar nahezu steuerfrei. So könnten Hotelketten ihre Gasthäuser an REITs verkaufen und sich ganz auf den Betrieb der Herbergen konzentrieren oder Industriekonzerne sich günstig von Fabrikgebäuden und Bürohochhäusern trennen. Schätzungen zufolge sollen REITs in Deutschland schon 2010 ein Volumen von 60 Milliarden Euro erreichen. »Das REIT-Gesetz bietet starke Anreize«, freute sich Deutsche-Bank-Vorstand Hermann-Josef Lamberti, einer der Macher hinter den Kulissen. Es sei sogar kapitalfreundlicher als manche ausländische Regelung.

Trotzdem tat sich erst mal monatelang wenig, bis zur Börsenpremiere der Hamburger Alstria Office. Das Zaudern erklären die Immobilienexperten mit der internationalen Kreditkrise und der Kompliziertheit des Gesetzes. Doch auch das schlechte Abschneiden von Immobilienaktien an den Aktienmärkten in London oder New York in den vergangenen Monaten hatten die erwartungsvollen Prognosen zerbröseln lassen.

Ein »Real Estate Investment Trust« – kurz REIT – ist eigentlich eine ganz normale Aktiengesellschaft. Allerdings muss sie laut den gesetzlichen Vorgaben ihre Einnahmen zu mindestens 75 Prozent aus Besitz, Betrieb und Finanzierung von Büros, Häusern oder Grundstücken erzielen. Tabu in Deutschland ist allerdings der bisherige Wohnungsbestand. Ihre Gewinne müssen diese Immobiliengesellschaften zu 90 Prozent an die Aktionäre ausschütten. Wer alle diese Bedingungen erfüllt, zahlt weder Körperschaftsteuer noch Solidaritätszuschlag oder Gewerbesteuer. Der Fiskus greift erst beim Anleger zu. Kein Wunder also, dass sich gewöhnliche Immobilienfirmen wie Alstria an sich gerne in einen REIT umwandeln möchten. Die Immobilienbranche hofft noch auf Nachbesserungen im Gesetz. Dem stemmt sich aber die SPD bislang entgegen. »Die Genossen nerven einfach nur«, schimpft einer der großen Immobilienhaie.

Für die Deutsche Börse war die Premiere des ersten REITs Grund genug, um gleich ein ganzes Börsensegment neu zu starten. »Alstria allein zu Hause«, scherzte die »Financial Times«. Alstria kauft und verwaltet Büroimmobilien in ganz Deutschland. Der französische Alstria-Chef Olivier Elamine findet es auch seltsam, der einzige REIT zu sein, aber: »Man muss eben irgendwann anfangen.« Bis auf weiteres wird die Immobilien-AG allein an der Börse bleiben. Der Run auf REITs ist ausgeblieben.

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