nd-aktuell.de / 10.10.2025 / Politik

Paul Biya will die Party nicht verlassen

Kameruns 92-jähriger Dauerpräsident hat nicht die Absicht, seinen Posten zu räumen

Frida Nsonde
Präsidenten-Chic. Der dauergegenwärtige Paul Biya verfolgt die Kameruner bis in den Kleiderschrank.
Präsidenten-Chic. Der dauergegenwärtige Paul Biya verfolgt die Kameruner bis in den Kleiderschrank.

»Das Beste kommt noch.« Mit diesem Satz endete die Bekanntgabe der erneuten Kandidatur von Kameruns amtierendem Präsidenten Paul Biya auf der Kurznachrichtenplattform X im Juli. Angesichts der Tatsache, dass der 92-Jährige bereits sieben Amtszeiten hatte[1], um seine politische Vision zu verwirklichen, erinnert das eher an einen Gast, der sich auch im Morgengrauen noch weigert, die Party zu verlassen. Aber wahrscheinlich muss er das auch gar nicht.

Am 12. Oktober finden in Kamerun Präsidentschaftswahlen statt. Neben Biya haben sich elf weitere Kandidat*innen aufstellen lassen. Zwei davon haben sich nachträglich bereits zugunsten des Mitbewerbers Bello Bouba Maïgari ausgesprochen. Hoffnungsträger Maurice Kamto, der bei der Wahl im Jahr 2018 vom offiziellen zweiten Platz aus das Wahlergebnis angefochten hatte, war dieses Mal schon vorab von der Wahlbehörde Elecam und sukzessive durch den Verfassungsrat, unter formalen Vorwänden, von der Kandidatur ausgeschlossen worden.

Menschen wollen Wandel in Kamerun

Die verbliebenen Herausforderer warben im Wahlkampf mit einer Stärkung der Wirtschaft und Infrastruktur sowie dem Schaffen von Arbeitsplätzen. Einige brachten zudem Ideen für Konzepte der föderalistischen Selbstverwaltung ins Spiel.

Das größte Wahlargument jedoch ist nach 43 Jahren Biya schlichtweg eines: Wandel. »Die Bevölkerung wünscht sich Veränderung«, sagt der kamerunische Journalist Moki Edwin Kindzeka. »Die Kameruner wollen jemanden, dem zuerst das Wohl des Landes am Herzen liegt und der die seit neun Jahren andauernde Krise in den englischsprachigen Regionen lösen kann.«

Die beiden prominentesten Herausforderer des Establishments gehörten bis vor Kurzem selbst noch zu ihm. Bello Bouba Maïgari und Issa Tchiroma Bakary, beide Ende 70 und aus dem nördlichen Teil des Landes[2], traten jeweils erst vor wenigen Wochen als Minister der Regierung zurück.

Bekannteste Herausforderer stammen aus dem Establishment

Die Nationale Union für Demokratie und Fortschritt (UNDP), die Partei Bouba Maïgaris, der die vergangenen sechs Jahre lang als Tourismusminister fungierte, galt seit der Wahl 1992 als Verbündete der Regierungspartei RDPC. Die UNDP verzichtete darauf, selbst eine*n Präsidentschaftskandidat*in aufzustellen, im Gegenzug sicherte sich Maïgari seinen Platz in der Regierung.

Issa Tchiroma Bakary für seinen Teil war zuletzt Arbeitsminister und fungierte davor in seiner Funktion als Kommunikationsminister praktisch als offizielles Sprachrohr für Biyas Regierung. Seiner Glaubwürdigkeit scheint das allerdings nur bedingt geschadet zu haben. Seit dem Wahlkampfauftakt mobilisierte er noch die meisten Unterstützer*innen in den Straßen. Es gibt Bilder, die von der sogenannten Tchiroma-Welle reden machten.

Opposition kann sich nicht auf gemeinsamen Kandidaten einigen

Initiativen in der Opposition, sich hinter einem gemeinsamen Kandidaten beziehungsweise der alleinigen Kandidatin zu vereinen, blieben bisher erfolglos. Und um Maurice Kamto, der als potenzieller Königsmacher innerhalb der Opposition gilt, ist es seit seinem eigenen Ausschluss vom Wahlkampf auffällig still geworden.

Der Mann im Mittelpunkt all dessen, Paul Biya, ließ sich auch nach dem offiziellen Wahlkampfstart am 27. September erst einmal nicht blicken. Seine öffentlichen Auftritte sind selten und ihm wird nachgesagt, einen großen Teil seiner Zeit im Ausland, vor allem in der Schweiz zu verbringen. Die Unterschriftenbefugnis im Land liegt bei Generalsekretär Ferdinand Ngoh Ngoh. Während das System Biya nach innen hin eingespielt ist, legitimiert es sich nach außen hin etwa durch gute Beziehungen zu Ländern wie Frankreich. Französische Firmen wie Bolloré und Total operieren unter günstigen Bedingungen unter Biya als verlässlichem Partner.

Paul Biya könnte Wahlergebnis notfalls fälschen

Bei seinem Kampagnenauftakt am 7. Oktober in Maroua, im Übrigen der erste öffentliche Auftritt seit dem Frühjahr, sprach der weltweit älteste Präsident mit hörbar geschwächter Stimme. Vieles spricht dafür, dass der angeschlagene Langzeitpräsident den Ausgang der Wahl auch dieses Mal nicht dem Zufall überlassen wird. Journalist Moki Edwin Kindzeka fürchtet, das Szenario der vorherigen Wahl könne sich wiederholen. 2018 kam es nach der Verkündung des Wahlsieges von Paul Biya zu Unruhen und Verhaftungen im Zuge eines militärischen Eingreifens.

Damals lag die Wahlbeteiligung unter den registrierten Wähler*innen bei rund 53 Prozent. Wie viele Menschen es diesen Sonntag an die Wahlurnen verschlägt, bleibt abzusehen. »Die Wähler wollen faire, glaubwürdige und transparente Wahlen«, sagt Kindzeka. »Aber sie glauben selbst nicht, dass sie die bekommen werden.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192622.kamerun-paul-biya-diktator-mit-jahren.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165858.kamerun-die-besseren-teufel-des-kolonialismus.html