Die Hamas hat die letzten lebenden Geisel an Israel übergeben, im Gegenzug ließ Israel palästinensische Häftlinge frei. Wann die Leichen der 28 toten israelischen Geiseln übergeben werden, ist ungewiss. Die Hamas schockte die Angehörigen mit der Ankündigung, zunächst nur vier Leichen zu übergeben. Das Forum der Geiselfamilien sprach von einem »eklatanten Vertrauensbruch« und forderte Regierung und Vermittler auf, »unverzuüglich Maßnahmen zu ergreifen«.
Ein zentraler Punkt in Trumps Friedensplan betrifft die Entwaffnung und Entmachtung der Hamas, um ein erneutes Massaker wie das vom 7. Oktober auszuschließen. Die Hamas lehnt jedoch ihre Entwaffnung strikt ab. Ein namentlich nicht genannter Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass dies »ausgeschlossen« sei. Am Sonntag erklärte der hochrangige Vertreter Hossam Badran gegenüber AFP, die zweite Phase des US-Plans sei »mit vielen Komplexitäten und Schwierigkeiten verbunden«.
Die Entwaffnung der Hamas ist gemäß Trumps 20-Punkte-Plan auch eine wichtige Voraussetzung für eine Übergangsregierung für den Gazastreifen. Demzufolge soll die militärische Infrastruktur der Hamas »zerstört und nicht wieder aufgebaut« werden.
Die Hamas will nach Angaben aus Verhandlerkreisen auf eine führende Rolle bei der künftigen Verwaltung des Gazastreifens verzichten. Das »Regieren im Gazastreifen« stehe für die islamistische Palästinenserorganisation »nicht mehr zur Debatte«, hieß es gegenüber der Nachrichtenagentur AFP aus Hamas-Verhandlerkreisen. Die Hamas werde sich »gar nicht an der Übergangsphase beteiligen«, sagte ein namentlich nicht genannter Hamas-Vertreter.
Dies bedeutet nach seinen Worten, dass die Hamas »die Kontrolle über den Gazastreifen abgegeben hat«. »Aber sie bleibt ein grundlegender Bestandteil der palästinensischen Struktur«, fügte er hinzu.
Gemäß Trumps Plan würde ein technokratisches und unpolitisches palästinensisches Übergangskomitee mit der täglichen Verwaltung beauftragt werden. Die Namen dafür sollen fast komplett feststehen. Die Hamas habe »zusammen mit den anderen Fraktionen 40 Namen vorgelegt«, von denen niemand zur Hamas gehören soll.
Ein »Friedensrat« unter Trumps Leitung und mit Beteiligung des früheren britischen Premierministers Tony Blair sowie weiterer Staats- und Regierungschefs soll die Expertenregierung für den Gazastreifen demnach überwachen und beaufsichtigen. Auch die EU beansprucht für sich einen Platz in diesem Gremium. Diesen Vorschlag lehnte der hochrangige Hamas-Vertreter Osama Hamdan im katarischen Fernsehen ab.
Die Einigung sieht nach Angaben der Hamas auch einen schrittweisen israelischen Truppenrückzug vor. Erst wenn die Entmilitarisierung des Gazastreifens abgeschlossen ist, soll sich die israelische Armee dem Trump-Plan zufolge vollständig aus dem Palästinensergebiet zurückziehen.
Die israelische Armee, die drei Viertel des Gazastreifens kontrolliert, zog sich nach der Einigung auf die Waffenruhe wie vereinbart aus mehreren Bereichen bis zu einer vereinbarten »gelben Linie« zurück – was die Voraussetzung für die Freilassung der Geiseln war.
Die in der Übereinkunft vereinbarten Hilfslieferungen in den Gazastreifen liefen unmittelbar nach der Waffenruhe-Einigung an: Bereits am Donnerstag hatten sich nach Angaben der Hilfsorganisation Ägyptischer Roter Halbmond mehr als 150 Lastwagen auf den Weg gemacht. Hamas-Angaben zufolge war die Ankunft von täglich mindestens 400 Lastwagen mit Hilfsgütern in den ersten fünf Tagen nach Waffenstillstand vereinbart worden.
In den folgenden Tagen solle diese Zahl noch erhöht werden. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat nach eigenen Angaben ausreichend Vorräte, um die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens »in den nächsten drei Monaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen«. Nach Angaben der Hamas war auch die »sofortige« Rückkehr von Vertriebenen aus dem Süden des Gazastreifens in die Stadt Gaza und in den Norden vorgesehen.
Die Bundesregierung will gemeinsam mit Ägypten zu einer internationalen Wiederaufbaukonferenz für den Gazastreifen einladen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an, die Bundesregierung werde für humanitäre Soforthilfe zunächst 29 Millionen Euro bereitstellen. AFP/nd