»Ich bin die Frau in einer Männerwelt«, sagte Diane Keaton einmal. Sie spielte mit den großen Schauspielern und war mit ihnen in Paarbeziehungen (Woody Allen, Al Pacino, Warren Beatty), war aber natürlich selbst eine Große, unabhängig von diesen Männern. Auch wenn sie von sich gern behauptete: »Ich bin total normal.« Goldie Hawn erklärte, Keaton habe »eine Spur aus Feenstaub hinterlassen«. Das ist sehr bilderbuchartig ausgedrückt. Man kann es auch prosaischer formulieren wie die »Neue Zürcher Zeitung«: Keaton habe in ihrer Karriere meist moderne Frauen verkörpert, »die in einer Welt im Umbruch stets zwischen Ohnmacht und Selbstbestimmung, Autonomie und Abhängigkeit schwanken«. Meistens siegt die Selbstermächtigung.
Paradigmatisch geschah dies weniger in den drei Filmen von »Der Pate« (1972, 1974, 1990), in denen sich Keaton als Ehefrau vom sich immer mehr zum gefühlskalten Monster entwickelnden Mafia-Boss (Al Pacino) zurückziehen muss, sondern in den Woody-Allen-Filmen der klassischen Periode. Besonders in »Anne Hall« (1977), mit dem Keaton und Allen den internationalen Durchbruch schafften. Es gab dafür fünf Oscars, darunter einen für die beste Regie für Allen und einen für die beste Hauptdarstellerin für Keaton. Bezeichnenderweise lief der Film in Westdeutschland als »Der Stadtneurotiker«, gemünzt auf die glücksunfähige Hauptfigur (Allen), während er im US-amerikanischen Original nach der weiblichen Hauptfigur benannt war. Denn Diane Keaton hieß in Wahrheit Diane Hall, der von ihr als Künstlerin gewählte Nachname war der Mädchenname ihrer Mutter. In »Annie Hall« geht es um eine virtuos-amüsant auf verschiedenen Ebenen erzählte Liebesgeschichte zweier Intellektueller in New York. Auch wenn sie scheitert, gehen sie zum Schluss nicht unfreundlich miteinander um. So wie Keaton auch nie von Allen abrückte, trotz der Pädophilie-Vorwürfe gegen ihn.
Bis in die 80er Jahre waren die beiden ein beliebtes Role Model für urbane, linksliberale, europäische Mittelschichtsakademiker. Viele Männer agierten so linkisch-abstrus wie Woody Allen und gaben es nicht zu, viele Frauen kleideten sich wie Diane Keaton, die zu einer Stilikone wurde, indem sie Hosenanzüge, Krawatten und beispielsweise Melonen so kombinierte, dass in der BRD sowohl die »Brigitte«- als auch die »Emma«-Leserinnen oft nacheifern wollten. 1996 bekamen sie dann von Keaton zusammen mit Bette Midler und Goldie Hawn in der Komödie »Der Club der Teufelinnen« gezeigt, wie man mit selbstsüchtigen Ehemännern umgeht.
Keaton selbst war nie verheiratet, warum sollte sie? Sie war eine sehr unabhängige Frau, die selbst Filme drehte (in denen es auf originelle Weise um das Thema Familie ging) und sich mit viel mit Fotografie und Architektur beschäftigte. »Seit ich mit 19 nach New York gekommen bin, habe ich 46 Wohnungen und Häuser gemietet, besessen und verkauft. Mindestens«, sagte sie 2015 der Zeitschrift »Elle«. Sie selbst sei bis ins hohe Alter oft umgezogen und baute Häuser für prominente Freunde wie Madonna um, meinte sie. »Die Möglichkeiten verzaubern mich, die Träume von einem anderen Ort. Das ist eine Sucht und ein Problem, das weiß ich.« Diane Keaton starb am vergangenen Samstag im Alter von 79 Jahren in ihrer Geburtsstadt Los Angeles.