Zwangsdienste waren bei den Grünen lange ein Tabu. Das sind sie nun nicht mehr[1], was angesichts der langen Geschichte des Räumens nahezu aller Grundsatzpositionen dieser Partei nicht allzu sehr verwundert. Einflussreiche Grünen-Politiker*innen wollen das Eintreten für ein »verpflichtendes Gesellschaftjahr« jetzt zur Mehrheitsposition der Partei machen und damit deren programmatische Unterschiede zur CDU weiter nivellieren. Strategisch ergibt das angesichts des gesellschaftlichen Rechtsrucks Sinn. Die führenden Köpfe der Partei hatten nach der Bundestagswahl im Februar schließlich auch keinerlei Skrupel, sich der Merz-CDU mit ihrer AfD-Politik als pflegeleichte Partnerin anzudienen.
Auch der aktuelle Zwangsdienstvorschlag ist kaum von den diesbezüglichen Zielen der CDU[2] zu unterscheiden. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze hatte sich dafür schon im März starkgemacht und im schönsten Neusprech von einem »Freiheitsdienst«[3] fabuliert. Jetzt[4] schreibt sie der jungen Generation ins Stammbuch: »Es ist an der Zeit, die Frage zu stellen: Was kannst du für dein Land tun?« Damit zitiert sie John F. Kennedy und das Märchen von einem Staat als Schicksalsgemeinschaft, zu deren Erhalt jeder Mensch einen Beitrag leisten müsse. Trotz stetig schwindender sozialer Absicherung sollen gerade die Jungen also ein Lebensjahr für diese im Kapitalismus real nicht existierende Gemeinschaft opfern. Grünen-Politiker*innen, die so etwas fordern, leisten ihren Beitrag zur allgemeinen Gehirnwäsche in Zeiten der inneren Mobilmachung.