Altmaiers Himmel ist so schwarz wie die CDU

Eine irre Bundestagsdebatte über die willige Weitergabe von Fluggastdaten an USA-Dienste

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundestag sorgte sich diese Woche mal wieder um die Abwehr von Terrorismus. Am Donnerstag stritt man unter anderem über die Weitergabe der Fluggastdaten an die USA. Die Koalition hält das ausgehandelte Abkommen für akzeptabel.

Hört man auf Volkes Meinung, dann wird im Parlament viel Unsinn geredet wenn der Tag lang ist. Der Donnerstag war lang, besonders der von Innenstaatssekretär Peter Altmaier. Der CDU-Mann hatten die Aufgabe, das Fluggastdatenabkommen zwischen der EU und den USA schönzureden. Das scheiterte schon im Ansatz. Zitat Altmaier (aus dem Protokoll, das jeder Bundestagsredner innerhalb von zwei Stunden nach dem Auftritt noch redigieren darf!): »Allein vom Flughafen Frankfurt am Main starten jeden Tag 145 000 Passagiere.« Richtig. Nur: Sie fliegen entweder quer durch Deutschland oder in alle Wellt. Altmaier sagte auch, dass von Frankfurt am Main 174 Millionen Passagiere pro Jahr starten. Die Betreiber reiben sich die Augen, wo sie im vergangenen Jahr doch »nur« exakt 52 821 778 Passagiere zählen konnten. Total irre ist Altmaiers Behauptung: »Zwischen Europa und den USA gibt es täglich 55 000 Flugbewegungen.« Würde das stimmen, wäre der Himmel über dem Atlantik ob so vieler Flugzeuge so schwarz, wie Altmaiers Partei. Die deutsche Flugsicherung fragte für ND bei Eurocontrol nach und recherchierte den Tag mit den meisten Flugbewegungen zwischen EU-Europa und den USA - hin, wie zurück. Es waren am 27. Juli 2007 exakt 1264. Altmaier hat also in seiner Rede für den Überverwachungsstaat 53 736 draufgeschlagen.

Einerlei, auch wenn Altmaiers Welt mit der realen nichts zu tun hat, so ist doch die Weitergabe von Fluggastdaten an die US-Geheimdienste sehr real. FDP, LINKE und Grüne kritisierten denn auch das Abkommen. Und auch die geheimnisvolle Art, in der es »ausgehandelt« worden ist. Die ist nämlich, wie die LINKEN auf eine Anfrage erfahren mussten, geheim. Doch das Ergebnis zeigt, wie einseitig da unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft verhandelt wurde.

Die Regierung brüstet sich, dass man die geforderte Weitergabe von 34 Daten pro Passagier auf 19 begrenzen konnte. Eine Mogelladung, wie sie in keinen Flugzeugladeraum gelangen könnte. Da hat man, wie der Linksabgeordnete Jan Korte bemerkte, einfach ein paar Daten – wie Name und Anschrift – zu einem Datensatz zusammengezogen. Weiterer Kritikpunkt der Opposition – die Speicherdauer. Bislang lag sie bei dreieinhalb Jahren. Nun können die US-Dienste Essensgewohnheiten und Kreditkartennummern nebst vielen anderen Informationen – so rechnete die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz vor – einmal sieben Jahre in einer aktiven und dann noch einmal acht Jahre in einer ruhenden Datenbank speichern. Den Unterschied zwischen beiden wird nicht einmal Staatssekretär Altmaier mit falschen Fakten erklären können.

Ungewiss ist auch die Weitergabe der Daten an Drittstaaten. Ganz zu schweigen von einem Reglement für die Verwendung der Daten. Wann immer es der Bush- oder einer Folgeregierung in den politischen Kram passt, lassen sich so gegen jedermann, der mal über den Atlantik flog, Verdachtsmomente konstruieren. Doch das ist noch nicht alles, folgt man Kortes Argumentation: »Besonders bedenklich ist, dass im Rahmen dieser ganzen Debatten offensichtlich schon Parallelplanungen stattgefunden haben, das Ganze auch auf innereuropäische Flüge umzusetzen.«

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