Die Familie eines in Landshut von der Polizei angeschossenen Mannes[1] erhebt Vorwürfe gegen das Vorgehen der Beamten. Am Montag wurde der 30-jährige Deutsch-Afghane durch einen Schuss schwer verletzt, nachdem er zwei Polizisten mit einem Messer angegriffen und verletzt hatte. Eine weitere Beamtin wurde im Verlauf des Einsatzes ebenfalls verletzt, heißt es in einer polizeilichen Pressemeldung.
Die Angehörigen sprechen von einer psychischen Ausnahmesituation und kritisieren, der Polizeieinsatz sei schlecht vorbereitet gewesen[2]. Zudem werde der Familie seit dem Vorfall der Zugang zur Wohnung verwehrt, sagte Eugene Brim, der Onkel des Schwerverletzten, dem »nd«. Weder die Polizeiinspektion noch die Staatsanwaltschaft Landshut wollten sich zu den Vorwürfen äußern.
»Wir haben die Polizei gerufen, damit sie meinen Cousin in eine Klinik bringt«, sagte die Cousine des 30-Jährigen, die während des Vorfalls nicht vor Ort war. »Doch statt Hilfe kam ein Schuss.« Die Familie berichtet, die Polizei bereits während eines ersten Telefonats ausführlich über die Schizophrenie-Diagnose und das aggressive Verhalten informiert zu haben. Außerdem habe es in den vergangenen Jahren mehrfach Kontakt zwischen dem Mann und der Polizei gegeben. Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens seien ihm antipsychotische Medikamente verschrieben worden.
Nach Ansicht der Angehörigen wurden diese Informationen nicht ausreichend berücksichtigt. So sei beispielsweise keine psychiatrische Fachkraft vor Ort gewesen. »Ich habe die Polizei gewarnt, dass mein Neffe sehr gefährlich ist«, sagte Brim. »Doch die Warnung wurde nicht ernst genommen.« Spätestens beim ersten Betreten der Wohnung – zu diesem Zeitpunkt hielt sich der spätere Angreifer außerhalb auf – hätten die Beamten die Gefahrenlage erkennen und sich entsprechend darauf vorbereiten müssen: Dort entdeckten sie einen Messervorrat und baten darum, diesen zu beseitigen.
Nach Angaben von Familie und Polizei beschränkten sich die Beamten zunächst darauf, den 30-Jährigen aufzufordern, die Wohnung zu verlassen. Dieser reagierte zunehmend aggressiv. Nach der dritten Aufforderung ging er auf zwei Polizisten mit einem Messer los und verletzte sie. Daraufhin schoss einer der Beamten und verletzte den Mann schwer.
Dem Vorfall vorausgegangen war laut Familie ein zunehmend aggressives Verhalten des 30-Jährigen, der unter anderem drohte, gewalttätig zu werden. Da er die Wohnung seiner Mutter trotz Aufforderung nicht verließ, verständigte diese die Polizei.
Medienberichten zufolge schwebt der 30-Jährige inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr. Sobald ein Transport möglich sei, soll er in eine Psychiatrie gebracht werden. Die im Einsatz verletzten Polizisten konnten das Krankenhaus mittlerweile verlassen.
Immer wieder kommt es bei Einsätzen mit psychisch auffälligen Personen zu Schusswaffengebrauch durch die Polizei[3]. Die Zeitschrift »Cilip – Bürgerrechte & Polizei«, die polizeiliche Todesschüsse dokumentiert, zählte im Jahr 2025 fünf Todesfälle mit Hinweisen auf eine psychische Ausnahmesituation. Im Jahr 2024 waren es 22 – ein Höchststand seit Beginn der Auswertungen 1977.