Am Ende war nur noch die Eindeutigkeit eine Überraschung, mit der Catherine Connolly zur neuen Präsidentin von Irland gewählt wurde[1]. Denn die 63 Prozent Zustimmung, die die 68-jährige unabhängige Kandidatin, die allgemein als linksgerichtet beschrieben wird, waren dann doch ein unerwartet gutes Ergebnis. Dass Irland nun von einer linksgerichteten Präsidentin regiert wird, löst im sonst so düster nach rechts rückenden Europa eine kleine Sensation aus.
Connollys Erfolg hat vor allem zwei Gründe: Zum einen bedient sie einige Attribute, die in Irland eine wichtige Rolle spielen: Sie spricht irisch, kommt aus einer kinderreichen (sie hat 13 Geschwister) katholischen Arbeiter*innen-Familie aus Galway und ist seit lagem sozial engagiert. Sie passt damit in ein Bild, welches in der jüngeren Vergangenheit auch zu den Wahlerfolgen von Sinn Fein beigetragen hat (bei den Parlamentswahlen Ende 2024 wurde Sinn Féin zweitstärkste Kraft) und das man als einen linken, lokal verankerten Soft-Nationalismus oder schöner linksgerichteten Soft-Patriotismus beschreiben kann. Dieser unterscheidet sich jedoch fundamental von dem, was z.B. Sarah Wagenknecht in Deutschland – glücklicherweise erfolglos – versucht hat zu etablieren, da er sich weder xenophober Tendenzen bemüht, noch sie am nicht mehr existierenden Bild eines, weißen, männlichen, mittelständischen Arbeiters orientiert, dessen Rechte es zu verteidigen gilt. Stattdessen ist die irische Linke tatsächlich sozial, feministisch und an den Interessen der Schwächsten der Gesellschaft ausgerichtet. Die irische Einheit bleibt das wichtigste Ziel und entsprechend leiten sich alle anderen politischen Positionen von einer Abgrenzung gegenüber Großbritannien ab. Bei Catherine Connolly zeigt sich dies auch an ihrer pro-palästinensischen Ausrichtung, ihrer Kritik an Waffenexporten, insbesondere nach Israel. Eventuell kann auch ihre EU-kritische Haltung zumindest teilweise als eine Antithese zur aktuellen Labour-Regierung in Großbritannien gelesen werden, die wieder eine stärkere Anbindung an die EU anstrebt. Ihre richtige Kritik am aktuellen deutschen Aufrüstungskurs steht sinnbildlich für die Möglichkeiten des westlichen kleinen EU-Landes, sich gegenüber der Dominanz Deutschlands und Frankreichs zu behaupten.
Connollys Erfolg ist aber auch das Resultat einer tiefgreifenden Veränderung in der politischen Repräsentation in Irland. Die beiden nur schwer voneinander zu unterscheidenden Parteien Fina Gael and Finna Fàel konnten schon länger nicht, wie jahrzehntelang zuvor, die Macht zwischen sich aufteilen. Sinn Féin hat in den letzten Jahren zwar schwankende, aber zwischendurch auch immer wieder beachtliche Ergebnisse eingefahren und gezeigt, dass sich die Partei von ihrem Image, allein ein Überbleibsel der IRA zu sein, lösen konnte. Connolly wurde aber auch von der irischen Labour-Partei und der im Kontext der Austeritätskrise entstandenen Partei »People before Profit« und den Grünen unterstützt. [2]Dass sie es geschafft hat, diese Pole hinter sich zu vereinen, deutet auf politisches Geschick und ein hohes Maß an Integrität hin. Die Abwesenheit zahlreicher anderer Kandidat*innen, die einzige Konkurrentin fiel schon wegen ihrer mangelnden Irisch-Kenntnisse so gut wie aus, ist ein weiterer Glücksfall gewesen, insbesondere in der aktuellen Konstellation in Irland, da anti-migrantische Ressentiments insbesondere am Problem des mangelnden Wohnraums großgezogen werden.
Bereits mehrmals in den vergangenen Jahren schien die Endlichkeit der Teilung Irlands möglich. Sinn Fein hatte bereits 2022 die Mehrheit in Nordirland errungen, wäre sie später auch stärkste und nicht nur zweitstärkste Kraft im südlichen Teil geworden, hätte sie den Druck auf die EU und London sicherlich versucht zu erhöhen. Wie seine Vorgänger*innen der Tory-Regierungen tut sich auch Londons Premier Keir Starmer mit der Auflösung zahlreicher Probleme in Bezug auf Nordirland schwer. So ist aus den großen Ankündigungen der Zollkontrollen ebenso wenig etwas geworden wie mit dem für die überwiegend arme Bevölkerung in Nordirland notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung, die ethnischen Spannungen in Nordirland sind zwar meist unter Kontrolle, jedoch bei Weiten nicht endgültig aufgelöst.
Eine Präsidentin Connolly, die von sich selber sagt, dass sie nun erst einmal und vor allem zuhören möchte, wird jetzt noch zeigen müssen, ob sie auch außerhalb Irlands genug Verbündete findet und die Frage der irischen Einheit und einer kritischen Perspektive auf Außenpolitik mehr Gehör zu verschaffen.