nd-aktuell.de / 27.10.2025 / nd-Commune

Warum wir die Hilfe der Leserschaft brauchen

Zahlen und Fakten zur Lage des »nd« und der Zeitungsbranche insgesamt

nd-Spendenkampagne – Warum wir die Hilfe der Leserschaft brauchen

Das »nd« bittet seine Leserinnen und Leser um Spenden. Bis zum Jahresende sollen 150 000 Euro[1] eingesammelt werden. Warum denn schon wieder?

Das »nd« muss sich als unabhängige linke Tageszeitung auf einem härter werdenden Markt der Tageszeitungen behaupten, ohne großen Verlag im Rücken. Wir brauchen Unterstützung, damit wir einen geregelten Übergang ins Jahr 2026 schaffen und die nächsten Schritte der Digitalisierung und Umstrukturierung gehen können. Deshalb bitten wir erneut um die Solidarität unserer Leserinnen und Leser.

Wie stark ist das Erscheinen des »nd« gefährdet?

Derzeit ist die Zeitung nicht akut gefährdet. Aber wenn wir die Finanzierungslücke nicht schließen können, würde im Frühjahr 2026 eine akute Gefährdung eintreten. Dem müssen wir vorbeugen.

Wie kommt es zu der Finanzierungslücke?

Einerseits steigen die Kosten für die Herstellung der Printausgaben[2] permanent, also für Druck, Vertrieb und Zustellung. Allein die Preise für Zeitungspapier haben sich – bei einigen Schwankungen – in den letzten vier Jahren unterm Strich verdoppelt. Hinzu kommen weitere Kosten. Der Druck eines Exemplars von »nd.DerTag« hat uns vor vier Jahren 12 Cent gekostet, heute sind es 30 Cent. Die Kosten für den Vertrieb der Zeitung – also dafür, dass sie in die Regionen geliefert wird – sind in diesem Zeitraum um die Hälfte gestiegen. Das schlägt gerade bei einer überregionalen Zeitung mit weiten Vertriebswegen zu Buche. Dazu gehören auch Fixkosten, die unabhängig von der Auflage fällig werden.

Und wie sieht es mit der Zustellung an die Abonnentinnen und Abonnenten aus?

Auch die hat sich verteuert. Im Jahr 2022 haben wir für die Zustellung eines Zeitungsexemplars in Berlin 64 Cent bezahlt, 2026 werden es 99 Cent sein. Wir sind darauf angewiesen, dass das »nd« von regionalen Zustelldiensten großer Zeitungsverlage mit ausgetragen wird. Diese Dienstleistungen werden pro Exemplar teurer, weil die Gesamtzahl der zugestellten Zeitungen stetig sinkt. Im Vergleich zum Jahr 2010 werden in Deutschland weniger als halb so viele Tageszeitungen in die Briefkästen gesteckt.

Da nun die Berliner Tageszeitung »Taz« ihre wochentäglichen Printausgaben eingestellt hat und diese nur noch digital anbietet (die Wochenendausgabe wird weiterhin gedruckt), wird die Zustellung noch mal teurer. Leider gibt es in Deutschland – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern – keinerlei staatliche Förderung für Zustellung und/oder Digitalisierung bei Tageszeitungen.

Oft beschweren sich Leserinnen und Leser darüber, dass sie die Zeitung verspätet oder gar nicht bekommen.

Die Zuverlässigkeit der Botenzustellung hat dramatisch abgenommen, das erleben faktisch alle Zeitungsverlage. Die Zusteller haben übrigens einen harten Job, mitten in der Nacht. Und je weniger Menschen eine Zeitung abonniert haben, desto längere Wege sind für eine bestimmte Anzahl von Zustellungen zurückzulegen.

Wie sieht die Marktlage für Tageszeitungen in Deutschland aus?

Faktisch haben alle Zeitungsverlage mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Kostensteigerungen und verändertes Leseverhalten. Generell gehen die Auflagen von Zeitungen seit Längerem tendenziell zurück, dabei kann der Verlust an Print-Abos bisher nicht durch einen entsprechenden Zuwachs an digitalen Abos kompensiert werden. Das verschärft den Kostendruck noch. Schon seit einiger Zeit haben regionale Zeitungsverlage in Thüringen und Mecklenburg in ganzen Landkreisen die Zustellung der gedruckten Zeitung komplett eingestellt. Dort gibt es nur noch E-Paper oder andere digitale Varianten; hier und da wurde die Zustellung der Post übertragen – mit dem Ergebnis, dass die Zeitung zwar nicht unbedingt zuverlässiger, aber in vielen Fällen erst deutlich später am Tage bei den Lesern ankommt.

Was hat die nd.Genossenschaft getan, um dem Kostendruck entgegenzuwirken?

Wir versuchen, alle Sparpotenziale auszureizen. Im letzten Jahr haben wir die finanziellen Ausgaben um mehr als 25 Prozent reduziert, unter anderem durch den Einsatz neuer Software. Einige frei gewordene Stellen in Redaktion und Verlag wurden nicht neu besetzt. Und wir haben mit der Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag abgeschlossen, mit dem die Beschäftigten Teile ihres Gehalts verzichten.

Wie teuer müsste ein nd-Abo sein, wenn angesichts der beschriebenen Kostensteigerungen weiter im jetzigen Umfang gedruckt werden sollte?

Wir müssten dann vermutlich die Abopreise jedes Jahr um zehn Prozent anheben. Und das, wie oben beschrieben, trotzdem ohne die Garantie, dass die Zeitung pünktlich im Briefkasten liegt.

Was hat die Generalversammlung der nd.Genossenschaft im Juli beschlossen, um aus der Krise herauszukommen?

Sie hat nach ausführlicher Debatte mit großer Mehrheit dafür gestimmt, den Weg der Digitalisierung fortzusetzen[3]. Bereits seit einiger Zeit erscheint »nd.DerTag« montags und sonnabends rein digital, von Dienstag bis Donnerstag mit gedruckten Ausgaben und digital. Das wird sich im Verlauf des nächsten Jahres ändern: Dann gibt es nur noch »nd.DieWoche« auf Papier, aber natürlich auch digital – ebenso wie alle Ausgaben von »nd.DerTag« von Montag bis Donnerstag und sonnabends in unserer App.

Was hat das »nd« bisher getan, um im digitalen Zeitalter zu bestehen?

Wir haben die nd-Webseite mehrfach modernisiert. Gemeinsam mit der linken Schweizer Wochenzeitung »Woz« haben wir eine nd-App[4] gebaut, mit der man unsere Texte in täglichen digitalen Ausgaben auf dem Smartphone, dem Tablet oder am Computer lesen kann. Wir verbreiten unsere Inhalte über soziale Kanäle wie Facebook, Bluesky und Instagram (ausdrücklich nicht mehr auf dem von Elon Musk gekauften und den Rechten überlassenen X, ehemals Twitter) und experimentieren mit weiteren digitalen Formaten. Und wir haben Arbeitsabläufe in Redaktion und Verlag digitalisiert.

Wie sieht die Abonnentenentwicklung beim »nd« aus?

Das »nd« verliert weiter an Printabonnenten – zu 90 Prozent aus Altersgründen. Gleichzeitig verzeichnen wir eine wachsende Zahl zumeist junger Leserinnen und Leser mit Digitalabo. Das freut uns; allerdings zahlen viele von ihnen zumindest vorerst ermäßigte Preise, was uns finanziell kurzfristig nicht so stark hilft, wie es nötig wäre.

Was wissen wir über das Leseverhalten jüngerer Leute – also der Zielgruppe der Zukunft?

Alle Erfahrungen sagen uns, dass junge Leute, die sich als links verstehen, kaum noch gedruckte Tageszeitungen lesen. Bei Wochen- oder Monatszeitungen sieht das etwas anders aus; nicht zuletzt deshalb haben wir »nd.DieWoche« ausgebaut. Und nun werden wir das noch einmal tun. Junge Leute informieren sich über aktuelle Ereignisse und Debatten kreuz und quer im Netz und binden sich nicht so schnell und nicht unbedingt langfristig an eine Zeitung.

Generell geht der Trend in Richtung digitales Lesen. So hatten laut einer Statistik aus dem Jahr 2022 bei der »Süddeutschen Zeitung« und der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« bereits jeweils etwas mehr als die Hälfte der Abonnenten digitale Abos. Das lag aber noch weit hinter der französischen Zeitung »Le Monde« und dem englischen Blatt »The Telegraph«, die seinerzeit schon auf einen Anteil von 82 bzw. 78 Prozent Digitalabonnenten kamen.

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Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194577.spendenkampagne-geld-oder-leben.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189894.zeitungsvertrieb-es-war-einmal-h.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192065.generalversammlung-der-nd-genossenschaft-die-zukunft-des-nd-digitalisierung-und-zwar-schnell.html
  4. https://nd.digital/
  5. https://genossenschaft.nd-aktuell.de/spenden