Weder die israelische noch die US-Linke, weder palästinensische noch arabische Linke spielten bei »Trumps Friedensplan«[1], der vor zwei Wochen in Scharm El-Scheikh vorgestellt wurde, eine Rolle. Der Plan – dessen erste Phase dem Genozid in Gaza ein Ende setzte und den Austausch israelischer und palästinensischer Geiseln und Gefangener ermöglichte – wurde von reaktionären Consiglieri und autoritären Führern ausgehandelt; Krypto- und Öl-Dollar fungierten bei seinem Zustandekommen als Schmiermittel. Er wurde über die Köpfe der Palästinenser hinweg verhandelt und unterzeichnet, kein einziger Vertreter Gazas saß mit am Tisch.
Die totale Bedeutungslosigkeit der Linken in diesem Prozess ist insofern bemerkenswert, als die globale Linke sich in den vergangenen zwei Jahren unablässig mit Gaza beschäftigte – und maßgeblich dazu beitrug, das Thema in den Schlagzeilen zu halten. Diese Bedeutungslosigkeit zur Kenntnis zu nehmen, hilft beim Verständnis des Planes und des gegenwärtigen Zustands der Diplomatie im Nahen Osten.
Eine Perspektive, die die Niederlage anerkennt, ermöglicht uns aber auch zu verstehen, wie sich die Linke in einer Zeit sich ausbreitender rechter Vorherrschaft positionieren sollte. Da diese Dominanz nach Trumps Rückkehr und dem Erstarken der extremen Rechten in Europa anhalten wird, müssen wir die inneren Widersprüche dieser Vorherrschaft verstehen. Unsere eigene Bedeutungslosigkeit anzuerkennen, ist eine Voraussetzung dafür, dass wir das Terrain verstehen, auf dem wir kämpfen müssen.
Wie also sollen wir dieses Nahost-Abkommen beurteilen? Was sind die positivsten und negativsten Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten? Welchen Prinzipien sollten europäische und nordamerikanische Linke folgen, wenn sie sich ihres marginalen Einflusses bewusst sind? Und schließlich: Wie sollte die Solidarität auf den Straßen aussehen?
Die Art und Weise, wie dieser Waffenstillstand zustande kam, war eine erfreuliche Überraschung – er wurde Israel aufgezwungen. Anders als bei den Initiativen und Abkommen der vergangenen beiden Jahre wurde die zentrale Forderung der Hamas – die dauerhafte Beendigung des Krieges – diesmal von den USA akzeptiert. Präsident Trump benutzte seine politische Macht, um das Abkommen durchzusetzen. Wie die Linke es immer wieder behauptet hat: Die US-Regierung hat die Möglichkeit, diesem Krieg jederzeit ein Ende zu setzen. Das ist es, was Trump getan hat.
Wie dieser Waffenstillstand zustande kam, war eine erfreuliche Überraschung – er wurde Israel aufgezwungen.
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Es scheint, als habe die Hamas sowohl von Washington als auch von den vermittelnden Staaten Garantien dafür erhalten, dass auf das Abkommen tatsächlich ein Kriegsende folgt. Hierbei handelt es sich selbstverständlich nicht um eine in Stein gemeißelte Zusage. Wie wir in den vergangenen Wochen erlebt haben, sind militärische Aktionen Israels in Gaza weiterhin möglich. Wir kennen Trumps erratische Natur und wissen, dass es für die israelische Regierung viele Anreize gibt, den Konflikt zu verlängern. Vorläufig jedoch scheint der Waffenstillstand zu halten. Sein wichtigster Garant ist nicht Washington, sondern die Beteiligung Erdoğans. Die Türkei, die einerseits ein Nato-Staat, andererseits eine Regionalmacht mit Einfluss auf die Hamas ist, war das fehlende Puzzlestück bei früheren Vermittlungsversuchen.
Es gibt Anlass für einen verhaltenen Optimismus. Eine lockere Allianz, an der sich Ägypten, die Türkei, Katar, Saudi-Arabien und einige europäische Staaten beteiligen, ist entstanden – und hat Israel faktisch isoliert. Trumps triumphaler Auftritt in der Knesset und seine abstoßende Huldigung Netanjahus (einschließlich der Aufforderung an den israelischen Präsidenten Herzog, Bibi wegen seiner Korruptionsverbrechen zu begnadigen) bekräftigten zwar die enge Partnerschaft zwischen den beiden Politikern und die ideologische Verwandtschaft zwischen Trumps MAGA- und der israelischen Siedlerbewegung. Doch nach seinem Besuch reiste Trump nach Ägypten, wo sich arabische und europäische Politiker gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde für einen Prozess starkmachten, der – wie die israelische Rechte völlig zu Recht fürchtet – mit einer palästinensischen Kontrolle über Gaza enden könnte.
Das Abkommen ist von den Fantasien israelischer Politiker weit entfernt – von der »freiwilligen Migration« der Palästinenser bis zum Aufbau neuer israelischer Siedlungen im Gazastreifen. Nichtsdestotrotz ist jetzt, da die Gespräche über die »zweite Phase« des Planes beginnen, nichts garantiert. Die Frage, wer Gaza regieren wird – wie Zivilverwaltung und Sicherheit organisiert sein könnten –, ist unbeantwortet. Israel scheint das Projekt einer internationalen, mehrheitlich von muslimischen Ländern entsandten Schutztruppe erst einmal zu akzeptieren. Zugleich lehnt es jedoch jede Regelung ab, die zu einer Wiedervereinigung der palästinensischen Gebiete unter Führung der PLO oder der Autonomiebehörde führen könnte.
Im Augenblick besteht das wahrscheinlichste Ergebnis in einer israelischen Militärpräsenz entlang der bestehenden Waffenstillstandslinie – tief im Inneren des Gazastreifens und mit der Aussicht, dass die Hamas die faktische Kontrolle über den Rest des Gazastreifens ausüben wird.
Auch wenn es begründete Hoffnung gibt, dass der Genozid in Gaza zu Ende ist, dürfen wir den Zynismus nicht ignorieren, der Trumps Aussage von einem Frieden »nach 3000 Jahren« Krieg in Nahost zugrunde liegt. Die vorgeschlagene zweite Stufe des Abkommens – in der Tony Blair Gaza für Investoren »entwickeln« soll – ist neoimperialistischer Horror. Und selbst für dieses extrem zweifelhafte Projekt fehlt eine entscheidende Voraussetzung: Die an den Verhandlungen beteiligten Regionalmächte bestehen darauf, dass Gaza am Ende des Prozesses unter palästinensischer Kontrolle stehen muss, es also zu einem wiedervereinigten palästinensischen Protostaat kommt. Trumps Handschlag mit dem Präsidenten der Autonomiebehörde Mahmoud Abbas, dem die USA anlässlich der UN-Vollversammlung die Einreise verweigert hatten, war ein entscheidender Schritt in diese Richtung.
Diese Gesten markieren einen Bruch mit Israels Ablehnung eines »Terrorstaates« – die von der breiten politischen Mehrheit in Israel geteilt wird. Die israelische Rechte bezeichnet die Autonomiebehörde in Ramallah als »genauso schlimm wie die Hamas«, obwohl sie mit ihr eine Sicherheitskooperation unterhält. Israels maximalistische Position, die jede palästinensische Souveränität ablehnt, scheint selbst im Weißen Haus zunehmend für Irritation zu sorgen. Das schlägt sich auch in der Äußerung nieder, die Trump gegenüber Netanjahu gemacht haben soll: »Bibi, du kannst nicht gegen die ganze Welt kämpfen.«
Niemand sollte dies als ein moralisches Erwachen Washingtons missverstehen. Trumps Gesten gegenüber arabischen Politikern haben mit seinem persönlichen Interesse für arabisches Kapital zu tun. Seine Loyalität gegenüber Netanjahu und der Siedlerbewegung bleibt groß. Das Schicksal der Palästinenser in Gaza und der Westbank berührt ihn nicht. Und dasselbe gilt auch für seine Gesprächspartner in Riad, Kairo oder Ankara.
Das ist der Grund, warum die Welt jetzt nicht wegschauen darf. Der Waffenstillstand muss halten. Die israelische Armee muss sich vollständig zurückziehen. Und die Bevölkerung Gazas muss die Souveränität über ihr zerstörtes Land zurückerhalten.
In den vergangenen zwei Jahren ist eine globale Solidaritätsbewegung für Palästina entstanden. Von Berlin und New York bis nach Rio de Janeiro und Sydney waren Millionen Menschen auf der Straße. Diese Bewegung, die die globale Linke und das propalästinensische Lager zusammengebracht hat, hat Bewusstsein für das Unrecht der israelischen Besatzung, der Apartheid und des Genozids in Gaza geschaffen – und für das Unrecht der westlichen Unterstützung hierfür.
Aber es war nicht diese Bewegung, die zum Waffenstillstand geführt hat. Trump hat dem Genozid nicht wegen der Proteste ein Ende gesetzt. Welche Lehren sollte die Bewegung für die Zukunft ziehen? Ich denke, sie muss ihre große Energie bei beschränktem Einfluss nutzen, um ein breiteres, auch liberale und sogar konservative Kräfte umfassendes Bündnis gegen die israelische Besatzung und deren Unterstützer in den USA aufzubauen.
Höchste Priorität muss das Anliegen haben, das Potenzial des Waffenstillstands auszuschöpfen: Rückzug aller israelischer Truppen aus allen palästinensischen Gebieten und palästinensische Souveränität über palästinensisches Land – was letztlich zu einem Staat in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt führt.
Dieses Ziel ist weder utopisch noch naiv. Es ist das einzige positive Szenario, das von den Großmächten unterstützt werden kann. Fortschritte beim Aufbau palästinensischer Staatlichkeit – wie sie die französisch-saudische Initiative vorantrieb – sind auch der sicherste Weg, um ein zunehmend kompromissloses Israel zu isolieren. Diplomatische Schritte dieser Art schließen die Strafverfolgung von Verantwortlichen des Völkermords in Gaza nicht aus: Rechtliche Maßnahmen gegen Israels Kriegsverbrecher – vom Premierminister bis hin zu konkreten Soldaten – sind ein weiterer Aspekt der diplomatischen Kampagne.
Die zu lösende Aufgabe ist paradox: Es gilt, ausgerechnet Trump zur Unterstützung einer palästinensischen Staatlichkeit zu bewegen. Unabhängig von seinen Motiven ist er die einzige Person, die der israelischen Öffentlichkeit den Gedanken näherbringen kann. So wie er ethnische Säuberungen mit einer einzigen Pressekonferenz zu Beginn seiner Präsidentschaft zu einer Konsensposition in der israelischen Öffentlichkeit machte, könnte er – wäre er davon überzeugt, dass dies in seinem Interesse ist – über Nacht einen palästinensischen Staat ermöglichen. Die Linke mag keinen Einfluss auf Trump haben, sollte aber auch nicht als Spielverderberin auftreten. Angesichts ihrer Schwäche muss sie klarsichtig und strategisch genug sein, um innerhalb der neuen Realität zu agieren – und das zu unterstützen, was häufig wie eine liberale Plattitüde klingt.
Das Abkommen ist kein Sieg. Gaza liegt in Trümmern, die völlig mittellose Bevölkerung trauert. Israel kann auf Straflosigkeit zählen, Aussichten auf Gerechtigkeit gibt es kaum. Die israelische Gesellschaft bleibt gefangen in ihrer Opfermentalität und verbarrikadiert sich in der Leugnung der in Gaza begangenen Kriegsverbrechen. Doch zum ersten Mal seit Jahren ist ein Hoffnungsschimmer zu erkennen – auf eine Zukunft, in der der Kreislauf der Zerstörung durchbrochen werden könnte.
Die Linke ist schwach, aber sie muss weiter versuchen, eine Realität zu beeinflussen, in der mächtige und eigennützige Männer mit dem Leben von Millionen Menschen spielen. Es ist unsere Pflicht.
Nimrod Flaschenberg ist Israeli und arbeitete für das linke Parteienbündnis Chadasch. Mittlerweile lebt er in Berlin und engagiert sich im Bündnis »Israelis for Peace«.