nd-aktuell.de / 27.10.2025 / Politik

Ukraine beschießt Staudamm in Südrussland

Selenskyj kündigt Friedensplan an, obwohl Verhandlungen nicht absehbar sind

Daniel Säwert
Raucherpause im Krieg. In den vergangenen Tagen hat Russland den Beschuss ukra­ini­scher Städte erneut intensiviert.
Raucherpause im Krieg. In den vergangenen Tagen hat Russland den Beschuss ukra­ini­scher Städte erneut intensiviert.

Im Ukraine-Krieg droht ein neuer Dammbruch. Seit Tagen berichten Anwohner des Belgoroder Stausees nahe der russischen Grenze zur Ukraine von einem fallenden Pegelstand. Das Wasser aus dem maximal knapp 76 Milliarden Liter fassenden Stausee, so zeigen es Bilder, lässt den Fluss Sewerskyj Donez anschwellen, der weiter in die Ukraine fließt und im Gebiet Charkiw Teil der Front ist.

Am Sonnabend hatte der Belgoroder Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow die Ukraine beschuldigt, die Staumauer beschossen zu haben, angeblich mit Himars-Raketen, später auch mit Drohnen. Der Wasserpegel soll bereits um einen Meter gefallen sein. Noch sei die Situation stabil, so Gladkow, doch sollte der See auslaufen, seien neben der Wasserversorgung der Region mindestens 1000 Menschen und Gebiete beiderseits der Grenze gefährdet.

Am Sonntagabend gab die ukrainische Armee in Person ihres Drohnen-Chefs Robert Browdi zu, die Staumauer beschossen zu haben. »Der Belgoroder Staudamm hat Risse bekommen«, schrieb Browdi auf Facebook. Verantwortlich dafür seien die »Vögel« der ukrainischen Armee, die damit russische Stellungen überfluten wollen. Auch die 16. Armee meldete sich zu Wort und nannte das Stören der Logistik der russischen Armee als Ziel. Es gehe darum, den russischen Aufmarsch bei Wowtschansk im Gebiet Charkiw zu stoppen.

Aus ukrainischer Sicht wäre das ein kurzer Moment zum Durchatmen in einer Phase, in der die russische Armee an allen Frontabschnitten angreift. Am Sonntag meldete Russlands Generalstab die Einkesselung von Pokrowsk, was von der ukrainischen Armeeführung prompt zurückgewiesen wurde. Allerdings musste Kiew zugeben, dass die Russen mittlerweile in der Stadt sind. Die genaue Situation in Pokrowsk bleibt unübersichtlich, auch weil mehrere ukrainische Gruppen nicht mehr zu erreichen sind.

Ungeachtet der angespannten Situation an der Front und verschiedener Prognosen, der Krieg könne sich noch über Jahre ziehen, gab es zuletzt erneut Aussagen bezüglich eines möglichen Friedens.

So sieht US-Präsident Donald Trump ein »Annähern« an das Kriegsende. »Ich habe acht Kriege beendet, und der neunte steht bevor. Ich glaube, dass es der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sein wird«, so Trump, der Einzelheiten schuldig blieb. Ebenso kryptisch sprach Russland davon, den beim Alaska-Treffen vorgelegten Friedensentwurf des US-Sondergesandten Steve Witkoff zu unterstützen, ohne dabei zu erwähnen, wie dieser Entwurf genau aussieht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj überraschte seinerseits mit einem Friedensplan, den die »Koalition der Willigen« innerhalb von sieben bis zehn Tagen vorstellen soll. Der Plan solle kurz sein, sagte er dem US-Portal »Axios«: »Ein paar schnelle Punkte. Wie der Plan eines Waffenstillstands.« Allerdings bezweifele er, dass Russlands Präsident Wladimir Putin dem Plan zustimmen werde, sagte Selenskyj.

Für diese Prognose dürfte die Quote in Wettbüros kaum sehr hoch sein. Lehnten doch bisher beide Seiten die Vorschläge der jeweils anderen ab. Zudem dürfte fraglich sein, ob die »Koalition der Willigen« in so kurzer Zeit etwas Handfestes präsentieren kann, über das beide Seiten reden werden. Daran ist schlicht keine Partei interessiert. Bei den Verhandlungen gebe es momentan keinerlei Fortschritte, so Russlands stellvertretender Außenminister Michail Galusin.