New York ist ein Berliner

Spreestädter kommen am Hudson River gut an

  • Nada Weigelt
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein bisher einmaliges Experiment, und das Konzept scheint aufzugehen. Die traditionsreiche Carnegie Hall in New York hat die Kulturstadt Berlin zu einem mehr als zweiwöchigen Festival an den Hudson geladen und präsentiert in 50 Veranstaltungen ungefähr alles, was die deutsche Hauptstadt für Augen, Herz und Ohren zu bieten hat.

»In diesen 17 Tagen können alle New Yorker Berliner werden«, verspricht das Programmheft. Und die Menschen im Big Apple, in Sachen Kultur als anspruchsvoll bekannt, machen von dem Angebot rege Gebrauch. Die Veranstaltungen sind ausverkauft. »Wir sind begeistert von der riesigen Resonanz, die das Festival ›Berlin in Lights‹ findet«, sagte Carnegie-Chef Sir Clive Gillinson. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist bis Sonntag bei seinen »Botschaftern« am Hudson.

Ungekrönte Könige des Kulturmarathons sind zweifellos die Berliner Philharmoniker, die mit ihrem Dirigenten Sir Simon Rattle diese Woche von einem Triumph zum nächsten eilen. Ihre drei Konzerte im 2700 Menschen fassenden Hauptsaal der Carnegie Hall haben ein bestechendes Konzept: Zum Auftakt stellen die Musiker die US-Premiere eines jungen Nachwuchskomponisten vor, danach kommt ein opulentes Oeuvre von Gustav Mahler – dem Mann, der lange selbst in New York gearbeitet hat. Vergeblich bat Sir Simon Rattle beim Auftaktkonzert das Publikum um einen ruhigen Ausklang. Kaum war der letzte Ton verhallt, brachen Jubel und Bravorufe los. Am zweiten Abend mit Mahlers Liederzyklus »Das Lied von der Erde« wurden Rattle und Bassbariton Thomas Quasthoff dreimal wieder auf die Bühne geholt, obwohl die New Yorker sonst oft fast fluchtartig den Konzertsaal verlassen.

Aber es gibt nicht nur die »große« Kunst. Die Musiker gehen auch in kleinen Gruppen in die Stadtviertel: Ein Fünf-Mann-Ensemble etwa fand sich bei der Heilsarmee in Chinatown ein. Das Kammerensemble Neue Musik Berlin zeigte in einem Drei-Stunden-Crashkurs in Midtown Manhattan, wie man auch auf Fahrradspeichen Musik machen kann. Ehrgeizigstes Projekt ist das am Wochenende zum Abschluss geplante Ballett »Die Frühlingsweihe« von Igor Strawinsky – mit einer Klasse sozial benachteiligter Kinder einstudiert. In New York geht der britische Choreograf Royson Maldoon dafür ins einst berüchtigte Schwarzenviertel Harlem. Ein zwölfjähriges Mädchen meinte begeistert: »Wir sollen die Geburt der Erde spielen. Ist das nicht toll?!«

Daneben gibt es zahlreiche Diskussionsrunden, Ausstellungen, Filmvorführungen und Musik jeder Couleur. Bester Beleg für die große Resonanz auf das Festival sind zahlreiche Medienberichte. Selbst das vornehme Wirtschaftsblatt »The Economist« machte einen Ausflug in die Kultur. Im Anklang an John F. Kennedys legendären Satz hieß die Überschrift: »New York ist ein Berliner«. dpa

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