Ausnahmsweise kann Unfallschutz bestehen, wenn eine Beschäftigte beim Kaffeeholen am Getränkeautomaten im Sozialraum eines Betriebs auf dem frisch gewischten, nassen Boden stürzt, urteilte das Bundessozialgericht (Az. B 2 U 11/23 R). Denn dann habe sich eine »besondere betriebliche Gefahr« verwirklicht, für die der Arbeitgeber einstehen müsse.
Geklagt hatte eine in einem Finanzamt tätige Angestellte. Eine halbe Stunde vor Feierabend holt sie sich täglich am Getränkeautomaten einen Kaffee. An jenem Tag hatte eine Reinigungsfirma den Boden nass gewischt und ein Warnschild aufgestellt. Dennoch stürzte die Frau und erlitt einen Bruch des dritten Lendenwirbelkörpers. Die Unfallkasse Hessen lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall [1]ab.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) stellte dennoch einen Arbeitsunfall fest (Az. L 3 U 202/21). Wege im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme im Betriebsgebäude stünden grundsätzlich unter Versicherungsschutz. Die Nahrungsaufnahme diene der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit. Anders sehe dies aus, wenn ein Beschäftigter Lebensmittel für den häuslichen Bereich kauft. Auch die Nahrungsaufnahme selbst stehe nicht unter Unfallversicherungsschutz.
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Das LSG ordnete den Unfallort nicht als Kantine ein, sondern als einen dem Betrieb zugehörigen Sozialraum. Der Arbeitgeber habe die Getränkeversorgung der Beschäftigten dort verortet. Damit sei ein ausreichender betrieblicher Zusammenhang gegeben, der einen Unfallschutz begründet.
Das BSG urteilte ebenfalls, dass ein Arbeitsunfall vorliegt. Grundsätzlich stehe der Konsum von Genussmitteln wie Kaffee zwar nicht unter Versicherungsschutz. Ausnahme: Wolle ein Arbeitnehmer mit dem Kaffeekonsum etwa seine Schläfrigkeit überwinden und damit die Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten, könne der Konsum unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. epd/nd