In der Nacht zum Sonntag, vermutlich in den ersten Stunden des 2. November, verwüsteten bislang unbekannte Täter das Außengelände und den Eingang eines Jugendklubs in Lauchhammer. Sie haben »den Briefkasten zerstört, Kabel durchgetrennt, eine Scheibe eingeschlagen und Schmierereien hinterlassen«, meldete die Polizei. Der angerichtete Sachschaden belaufe sich auf etwa 1000 Euro. Ein politisches Motiv könne nicht ausgeschlossen werden.
An der Adresse in der John-Schehr-Straße, die nach einem 1934 von den Faschisten ermordeten Kommunisten benannt ist, sind der Südclub und der Verein Bunt-Rock zu finden. Beide versicherten in einer Erklärung: »Wir lassen uns von derartigen Aktionen nicht einschüchtern. Wir bleiben stark und antifaschistisch!«
Nach Angaben des Vereins zerstörten die Täter die von Bewegungsmeldern gesteuerte Außenbeleuchtung. Sie rissen einen Briefkasten von der Fassade und warfen ihn auf die Straße, beschädigten mehrere Sitzbänke und warfen mit einem Stehtisch die Glastür zu einem Saal ein. Zum Glück sei bei der Attacke niemand verletzt worden. Weiter heißt es, dass eine Außenwand sowie die Eingangstür mit Zeichen beschmiert worden seien, die einen rechtsextremen Hintergrund der Tat erahnen lassen, »da sie schon oft bei anderen Angriffen und Grafittiaktionen Verwendung fanden«.
Entdeckt wurden unter anderem die Kürzel JN und Z BX. Sie stünden mutmaßlich für »Junge Nationalisten«, die Jugendorganisation der neofaschistischen Partei Die Heimat (früher NPD) und für die Drohung »Zecken boxen«. Nach Vereinsangaben waren in den vergangenen Monaten im Stadtbild von Lauchhammer gehäuft Aufkleber entdeckt worden – »teilweise mit JN-Logo, teilweise mit antifa- und ausländerfeindlichen Parolen, teilweise mit Symboliken aus der Neonaziszene wie zum Beispiel der schwarzen Sonne auf schwarz-weiß-rotem Hintergrund«. Bunt-Rock und Südclub seien in den letzten Jahren immer wieder Ziel von Aufkleber- und Grafittiaktionen des rechtsextremen Milieus gewesen. Der jüngste Angriff sei »die nächste Stufe der Gewalt« und besorgniserregend.
»Der Bunt-Rock e. V. und der Südclub stehen für lebendige Kultur, eine wehrhafte Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft. Genau darum geraten diese Orte ins Visier extrem rechter Gewalttäter.«
Ricarda Budke Sichere Orte Südbrandenburg
Die aktuelle Vorfall sei Teil einer Serie rechter Attacken auf alternative Orte in der Region, erklärte am Dienstag die erstmals im Mai an die Öffentlichkeit getretene Initiative Sichere Orte Südbrandenburg. Unter anderem habe es zuletzt den Jugendklub Jamm in Senftenberg sowie in Cottbus das Hausprojekt Zelle 79[1] und das Regenbogenkombinat getroffen.
Bunt-Rock und Südclub gehören zu den Gründungsmitgliedern der Initiative Sichere Orte Südbrandenburg, erläuterte Sprecherin Ricarda Budke dem »nd«. Inzwischen beteiligen sich 20 bis 30 Jugendklubs, Sozialeinrichtungen und ähnliche Orte, so Budke. »Es werden immer mehr.« Es gehe bei dem Zusammenschluss darum, sich im Falle eines Übergriffs gegenseitig zu unterstützen. »Wir sagen: Ein Angriff auf einen Ort ist ein Angriff auf uns alle.« Es gebe einen aus Spenden gespeisten Fonds, aus dem unbürokratisch Soforthilfe zum Ausgleich von Schäden geleistet werden könne.
Ricarda Budke[2] studiert in Cottbus und war von 2020 bis 2024 Landtagsabgeordnete der Grünen. »Der Bunt-Rock e. V. und der Südclub stehen für lebendige Kultur, eine wehrhafte Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft«, sagt die 26-Jährige. »Genau darum geraten diese Orte ins Visier extrem rechter Gewalttäter.« Es sei eine Enthemmung und Eskalation zu beobachten. »Kommunen, Polizei und Land sind gefordert, bedrohte Orte zu schützen, sie langfristig finanziell abzusichern und rechte Gewalt in Brandenburg endlich konsequent zu verfolgen.«
Der Linke-Kreisverband Oberspreewald-Lausitz versicherte dem Bunt-Rock und dem Südclub seine Solidarität: »Ihr seid Rückgrat, Herz und Haltung in einer Region, die mehr Mut statt Hass verdient.« Solche Angriffe seien kein »Streich«, sondern politisch motivierte Gewalt. Diese Gewalt solle einschüchtern, Angst verbreiten und jene treffen, die sich für ein buntes und freies Leben im Landkreis einsetzen.
Bei der Bundestagswahl im Februar 2025 hatte die AfD in Lauchhammer 46,2 Prozent der Stimmen erhalten. Schon nach der Kommunalwahl 2024 gab es die aufsehenerregende Erklärung, dass der Stadtverordnete Thomas Gürtler (Die Heimat) und die AfD eine gemeinsame Fraktion »AfD plus«[3] bilden. Eine solche Fraktion war dann tatsächlich entstanden, allerdings nur mit zwei der sechs gewählten AfD-Stadtverordneten, während die anderen vier für sich blieben. Die Fraktion nannte sich auch nicht dauerhaft »AfD plus«, was der AfD-Landesvorsitzende René Springer zu verhindern wusste, sondern »Heimat & Zukunft«.
Im Juli 2025 hatte Spremberg Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) angesichts geschmierter Hakenkreuze und anderer Nazi-Aktivitäten[4] nicht mehr wegsehen wollen und können – und öffentlich auf die gefährlichen Missstände hingewiesen. Im August kam Brandenburgs Innenminister René Wilke (für SPD) in die Stadt, um mit Bürgermeistern der zwischen Brandenburg und Sachsen aufgeteilten Lausitz über mögliche Gegenmaßnahmen[5] zu sprechen.
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Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195225.brandenburg-naziangriff-auf-das-bunte-lauchhammer.html