nd-aktuell.de / 05.11.2025 / Politik

Gaza-Krieg: Gegen Komplizenschaft von Hochschulen

Auf Demo soll Ende der Kooperation Münchner Unis mit israelischen Rüstungsunternehmen gefordert werden

Jana Frielinghaus
Auf dem Ludwig-Bölkow-Campus in Ottobrunn sitzen Forscher der TU München Tür an Tür mit Entwicklern großer Rüstungskonzerne.
Auf dem Ludwig-Bölkow-Campus in Ottobrunn sitzen Forscher der TU München Tür an Tür mit Entwicklern großer Rüstungskonzerne.

Die Erkenntnisse einer Gruppe von Wissenschaftlern über Forschungskooperationen der Technischen Universität München (TUM) und der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) haben es in den jüngsten Bericht der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese[1], geschafft. In dem im Juli veröffentlichten Bericht »Von der Ökonomie der Besatzung zur Ökonomie des Genozids« belegt sie die intensive Kooperation internationaler Rüstungs-, Tech-, Bau- und anderer Konzerne mit Israel[2], die maßgeblichen Anteil an Zerstörung und Tod in Gaza und dem Westjordanland habe.

In einem Kapitel geht Albanese explizit auf die Forschungskooperationen des Ludwig-Bölkow-Campus der TUM in Ottobrunn südlich der bayerischen Landeshauptstadt ein. Ein Bericht der Münchner Gruppe »Academics for Justice« bildete die Grundlage dafür. Danach pflegt die TUM 22 Partnerschaften mit israelischen Militär- und Technologieunternehmen[3] und erhielt dafür elf Millionen Euro an Fördergeldern.

Nun hat die Gruppe, die sich dafür einsetzt, dass sich alle Münchner Forschungseinrichtungen an internationale Gesetze und die Menschenrechte halten, einen weiteren aktuellen Bericht speziell zur Rolle der TUM bei militärischer Kooperation mit israelischen Einrichtungen wie auch bei der Zusammenarbeit mit Institutionen vorgelegt, die die Besatzung in der Westbank fördern. Darüber hinaus sind die Academics for Justice eine von 20 Organisationen, die für Freitagabend zu einer Demonstration gegen die Forschungskooperation mit israelischen Rüstungskonzernen, aber auch gegen zivil-militärische Zusammenarbeit allgemein aufrufen. Sie fordern deren sofortige Beendigung.

Die TU München pflegt laut einem UN-Bericht 22 Partnerschaften mit israelischen Militär- und Technologieunternehmen.

Bei den Academics for Justice engagieren sich Forschende, Studierende, Mediziner*innen und Angestellte der Münchner Unis und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen der bayerischen Landeshauptstadt. Sie wollen von der TUM auf der Demo »Rechenschaft für ihre Rolle im Völkermord in Gaza fordern«. Forscher der Uni arbeiteten laut ihrem Bericht unter anderem an Technologien für Drohnen, die für Bombardements in Gaza benutzt wurden.

Im aktuellen 36-seitigen Bericht, der sich auf den Bölkow-Campus als »Europas größten ›Defense Tech Hub‹« fokussiert, verweisen die Autor*innen darauf, dass dieser die Hauptsitze führender deutscher Rüstungsunternehmen wie IABG, Hensoldt[4] und Airbus Defense beherbergt, die »alle eng mit dem israelischen Militärsektor zusammenarbeiten«. Mit Hensoldt ist die TUM im Mai eine offzielle Partnerschaft eingegangen.

Zudem erinnern die Academics for Justice daran, dass der Campus in der NS-Zeit als Münchner Luftfahrtforschungsinstitut gegründet und von Zwangsarbeitern aus dem Konzentrationslager Dachau erbaut wurde. Und dass sich auf der offiziellen Website des Campus bis heute kein Hinweis darauf und auf die Nazi-Vergangenheit der Einrichtung findet.

Derzeit wird der Bölkow-Campus erheblich erweitert. Bis 2035 soll er Platz für mehr als 4000 Studierende und 50 Professuren bieten, da Bayern ihn zum »europäischen Verteidigungszentrum« ausbauen will.

Der bayerische Landtag hatte auf Initiative der Staatsregierung im Juli vergangenen Jahres das »Gesetz zur Förderung der Bundeswehr« beschlossen. Es verbietet Zivilklauseln, mit denen bisher viele Unis bundesweit Militärforschung in ihren Instituten ausschließen. Im Hochschulinvestitionsgesetz des Landes wurde ein Absatz eingefügt, in dem es heißt: »Die Hochschulen sollen mit Einrichtungen der Bundeswehr zusammenarbeiten. Sie haben mit ihnen zusammenzuarbeiten, wenn und soweit das Staatsministerium auf Antrag der Bundeswehr feststellt, dass dies im Interesse der nationalen Sicherheit erforderlich ist.«

In einem weiteren Absatz heißt es, dass Forschungsergebnisse »auch für militärische Zwecke der Bundesrepublik Deutschland oder der Nato-Bündnispartner genutzt werden« dürfen. Und: »Eine Beschränkung der Forschung auf zivile Nutzungen (Zivilklausel) ist unzulässig.« Israel ist zwar kein Nato-Mitglied, ist aber spätestens seit 1987 ein enger Verbündeter des Militärpakts. Israel hat ein Verbindungsbüro im Nato-Hauptquartier in Brüssel und nimmt an gemeinsamen Übungen teil. Die Münchner Landesregierung dürfte also ihre Hand über alle Kooperationen auf dem Bölkow-Campus halten.

Demo »End Academic Complicity«[5] am 7. November, 17 Uhr, Königsplatz in München

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194320.un-sondersberichtserstatterin-fuer-palaestina-francesca-albanese-mehr-hybris-als-ethik.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194162.kampagne-gegen-gaza-krieg-nicht-mit-allianz-versichern.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194160.protestcamp-in-ulm-elbit-systems-ermoeglicht-den-genozid-in-gaza.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194233.online-atlas-antimilitaristische-initiative-markiert-orte-der-aufruestung.html
  5. https://www.instagram.com/p/DORExVTCMEB/?img_index=1