nd-aktuell.de / 05.11.2025 / Politik

Mamdani dreht New York auf links

Neuer Bürgermeister verspricht kosten­lose Kitas, kosten­lose Busse und einen Mietendeckel

Max Böhnel, New York
Zohran Mamdani spricht nach seinem Sieg bei den Bürgermeisterwahlen.
Zohran Mamdani spricht nach seinem Sieg bei den Bürgermeisterwahlen.

Als Zohran Mamdani eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale von den Fernsehsendern und in sozialen Medien zum Sieger erklärt wird, bricht im Paramaount-Theater in Downtown Brooklyn tosender Jubel aus. Zur Wahlparty sind Hunderte im charakteristischen Blau-Orange seiner Kampagne erschienen. Sie reißen die Hände in die Luft, fallen sich in die Arme.

Dass sich der 34-jährige demokratische Sozialist[1] über den Ex-Gouverneur Andrew Cuomo durchsetzen würde, legten sämtliche Umfrageergebnisse der vergangenen Wochen nahe. Aber dass der Sieg des linken Stars so schnell verkündet werden würde, war dann doch eine Überraschung. Mamdani ist der 111. Bürgermeister der größten Stadt der USA, der jüngste seit über einem Jahrhundert, der erste muslimische »Mayor« und demokratischer Sozialist. Den Amtseid wird er am 1. Januar ablegen.

Der Jubel im Paramount-Theater geht in lauten Rap und Pop über. Tanzend blicken die Wahlparty-Teilnehmer*innen immer wieder auf den riesigen Bildschirm über der Bühne, um Einzelergebnisse aus den Wahlbezirken mitzuverfolgen. »Es war klar, aber ich kann es immer noch nicht glauben«, sagt die 24-jährige Megan Greenberg mit leicht wässrigen Augen. Sie ist eine von 90 000 freiwilligen Kampagnen-Helfer*innen, die in Brooklyn, Manhattan, Queens, Staten Island und in der Bronx wochenlang von Haustür zu Haustür gelaufen sind und für Mamdani geworben hatten. Draußen an der Straßenkreuzung Fulton, Ecke Flatbush Avenue fahren hupende Fahrzeuge mit lachenden und winkenden Insassen vorbei. Auch aus anderen Stadtteilen wird vermeldet, dass Menschen aus ihren Häusern gelaufen sind und ihre Nachbarn umarmten.

Mamdani hat 50,4 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, das ist mit mehr als einer Million ein Rekordergebnis für eine New Yorker Bürgermeisterwahl. Und es ist das Wunschergebnis der Democratic Socialists of America (DSA), der Organisation, der Mamdani angehört. Deren Führungsmitglieder hatten ihn, als er noch ein Hinterbänkler im New Yorker Staatsparlament war, als Erste zur Kandidatur ermuntert und ihn strategisch unterstützt. Andrew Cuomo, der nach seiner Vorwahlniederlage gegen Mamdani bei den Demokraten als Unabhängiger kandidierte, kommt auf nicht zu unterschätzende 41,6 Prozent. Weit dahinter landet der Republikaner-Kandidat Curtis Sliwa mit 7,1 Prozent.

Um 23.19 Uhr bricht die Musik schlagartig ab, unter noch lauterem Jubel tritt Mamdani strahlend auf die Bühne. »Heute Nacht haben wir mit einer klaren Stimme gesprochen: Die Hoffnung lebt«, begrüßt er, wie immer mit Anzug und Krawatte bekleidet, das Publikum, und weiter: »Hoffnung statt Tyrannei, Hoffnung statt Großkapital und Kleingeistigkeit, Hoffnung statt Verzweiflung.« Er dankt den Unterstützer*innen, den »Hands«, die für seinen Wahlsieg sorgten. Auf sie, als deren Teil er sich versteht, hatte er in den vergangenen Tagen bei Wahlkampfauftritten ausdrücklich hingewiesen.

Ekstatisch wird der Jubel, als Mamdani auf den Ursprung und das Erbe der Stadt verweist. New York City werde »die Stadt der Einwanderer bleiben, und ab heute Nacht wird sie auch von einem Einwanderer regiert«. Er erklärt, dass New York unter seiner Führung »gegen die Plage des Antisemitismus kämpfen« werde »und dass wir es nicht länger hinnehmen werden, dass auf Islamfeindlichkeit spekuliert wird«.

Er wiederholt die zentralen Punkte seiner Wahlkampagne – kostenlose Kitas, kostenlose Busse, Mietendeckel – und fährt fort, die Stadt werde kämpfen »für all jene, die sie liebt, ob sie nun Immigrant*innen sind, trans Personen oder eine der Schwarzen Frauen, die Trump gerade aus der Bundesverwaltung schmeißt, oder eine alleinerziehende Mutter, die immer noch auf erschwingliche Lebensmittelpreise wartet, oder alle anderen, die mit dem Rücken zur Wand stehen«.

Dann blickt Mamdani nach einer seiner klassischen Redepausen in die zahlreichen Kameras und wendet sich direkt an den rechtsextremen Präsidenten der USA, der vor einem Jahr ins Amt gewählt worden war: »Um einen von uns zu treffen, musst du über uns alle hinweggehen. Donald Trump – da ich weiß, dass du zuschaust, habe ich vier Wörter für dich: Dreh! Den! Ton! Lauter!« An dieser Stelle wird der Lärm, den die Versammelten im Saal machen, ohrenbetäubend.

Dass Trump Mamdanis Siegesrede, die auch als Kampfansage an ihn zu verstehen ist, tatsächlich live angeschaut hat, erweist sich Minuten später. Auf seiner Plattform Truth Social kontert er ebenfalls mit vier Worten. In Großbuchstaben stößt er die verkappte Drohung »And so it begins« (Und jetzt geht es also los) aus.

Schon zuvor hatte Mamdani ausgeführt, dass auch ein Donald Trump aus New York hervorgegangen war, und erläutert: »Wenn es also irgendeinen Weg gibt, einem Despoten Furcht einzujagen, dann besteht er darin, genau jene Bedingungen zu demontieren, die es ihm ermöglicht haben, Macht anzuhäufen. So stoppen wir nicht nur Trump – so stoppen wir auch den nächsten.«

Doch an einer weiteren Auseinandersetzung mit Trump, den Republikanern und Teilen der Demokratischen Partei hat in dieser Wahlnacht niemand Interesse. Nach seiner 20-minütigen Rede geht die Party in Downtown Brooklyn weiter.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195238.usa-wahlsieg-von-mamdani-in-new-york-starke-signale-doch-wofuer.html