nd-aktuell.de / 07.11.2025 / Berlin

Rundfunk hat für das BSW Ecken und Kanten

Brandenburger Landtagsfraktion riskiert mit Nein zu Medienstaatsverträgen die Koalition mit der SPD

Andreas Fritsche
Will nicht der Totengräber von ARD und ZDF sein: Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach
Will nicht der Totengräber von ARD und ZDF sein: Brandenburgs Finanzminister Robert Crumbach

»Mit seinem Agieren besorgt das BSW letztlich das Geschäft derjenigen, die die öffentlich-rechtlichen Medien am liebsten ganz abschaffen würden und unabhängigen Journalismus als Feind betrachten«, urteilt Brandenburgs Linke-Landesvorsitzende Katharina Slanina. »Ob dies ein parteitaktisches Spielchen ist, weil sich der BSW-Bundesvorstand vor den kommenden Landtagswahlen des Ballasts der Regierungsbeteiligungen entledigen will, oder – noch schlimmer – weil das BSW die öffentlich-rechtlichen Medien tatsächlich insgesamt infrage stellt, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn ein Scheitern der Staatsverträge wäre ein weiterer Schritt zur Schwächung und letztendlich zur Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.« Wer so agiere, lege die Axt an einen Pfeiler der Demokratie, meint Slanina.

Was ist geschehen? Für den brandenburgischen Landtag gilt es übernächste Woche, zwei Änderungen der Medienstaatsverträge durchzuwinken. Es geht darum, ARD, ZDF und Deutschlandfunk effizienter und digitaler[1] zu machen, und um einen besseren Jugendschutz. Die meisten Landtage stimmten den ausgehandelten Verträgen bereits zu, in Thüringen sogar mit dem Segen des BSW. Bis Ende November müssen alle Landtage zugestimmt haben.

Der BSW-Bundesvorstand lehnt die beiden Verträge aber ab. Die Wagenknecht-Partei ist sehr unzufrieden damit, was öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radiosender zum Thema Krieg und Frieden abliefern. Außerdem sieht sie sich in der Berichterstattung nicht genügend berücksichtigt. Die Kritik gipfelte beim jüngsten Landesparteitag des Berliner BSW[2] im Aufruf eines Parteimitglieds, sich Sammelklagen gegen den Rundfunkbeitrag[3] anzuschließen.

Den Vorwurf, ihre Partei wolle den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beerdigen, weist Brandenburgs BSW-Landesvorsitzende Friederike Benda[4] allerdings zurück. Sie versichert: »Das BSW will einen Neustart für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der seine verfassungsmäßige Aufgabe ernst nimmt und ein Leuchtturm für Meinungsvielfalt und Demokratie wird.« Ein Nein zu den vorliegenden Staatsverträgen sei also ein Ja für einen besseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk und für tiefgreifende Reformen.

Die derzeit diskutierten Staatsverträge würden nicht dafür sorgen, dass der Einfluss der Politik beschnitten, eine plurale Berichterstattung garantiert und die Mitbestimmung der Beitragszahler vergrößert wird, sagt Benda. Sie äußert zudem Sorge vor einer »Zensur durch die Hintertür«. Das seien für das BSW Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, zu denen es im Koalitionsvertrag mit der SPD keine Vereinbarung gebe. Die Verträge seien ausgehandelt worden, bevor das BSW mit der SPD regierte. Die Partei könne nun nicht gegen seinen Willen zur Zustimmung verpflichtet werden, findet Benda.

Es kommt auf diese Zustimmung eigentlich auch beinahe nicht an. Denn die oppositionelle CDU ist für die Staatsverträge und will sie annehmen. Zusammen haben SPD und CDU im Landtag 44 von 88 Mandaten. Zur Mehrheit fehlt nur eine Stimme – und die ist im konkreten Fall in Sicht. Denn im Kabinett haben die drei Minister des BSW die Medienstaatsverträge schon gebilligt. Einer von ihnen, Finanzminister Robert Crumbach, ist auch Landtagsabgeordneter. Er hat angekündigt, nicht der Totengräber des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein zu wollen und deshalb im Landtag anders als die übrige BSW-Fraktion für die Staatsverträge zu stimmen.

Bei der internen Klärung der Frage, wie sich die BSW-Landtagsfraktion in der Sache verhält, war Crumbach für eine Zustimmung zu den Verträgen, drei von 14 Abgeordneten hatten sich enthalten und einer war nicht anwesend. Die SPD hofft, die BSW-Fraktion noch umzustimmen. Am Sonntag soll der Koalitionsausschuss tagen. BSW-Landeschefin Benda beteuert, ihre Partei wolle die Koalition mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) selbstverständlich »vertrauensvoll fortführen«. Dennoch wird jetzt spekuliert, ob das Ende der Zusammenarbeit[5] einmal mehr bevorstehe. Es müsste nur ein BSW-Abgeordneter zu SPD oder CDU überlaufen und schon könnten diese beiden Parteien eine neue Regierung bilden, erinnert die Tageszeitung »Nordkurier«.

Reformbedarf beim Rundfunk sieht die Linke-Landesvorsitzende Slanina indessen genauso wie das BSW. Diesem Bedarf werden die jetzt zur Abstimmung vorliegenden Staatsverträge auch aus Slaninas Sicht nicht gerecht. Doch es gibt seit der Landtagswahl 2024 in Brandenburg keine Linksfraktion mehr, die sich ihr Agieren überlegen könnte und müsste.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191662.rundfunk-sender-rbb-muss-sparen-aber-wie-viel.html?
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194345.martin-rutsch-bsw-in-berlin-ein-tennisspieler-als-schatzmeister.html?
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194393.fernsehen-zur-person-hellmuth-henneberg.html?
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192556.kleinmachnow-keine-doppelspitze-fuer-brandenburgs-bsw.html?
  5. http://ww.nd-aktuell.de/artikel/1192779.einbuergerung-bekenntnis-zu-israel-entzweit-koalition-in-brandenburg.html?