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Reinhard Simon vom BSW: Der Poltiktheater-Mann
Brandenburger Landtagsabgeordnete Reinhard Simon aus dem BSW ausgetreten
1978 ist Reinhard Simon in die SED eingetreten. Das war das Jahr, in dem er ein Fernstudium der Theaterwissenschaften aufnahm. Er hatte vorher Maschinenbauer mit Abitur gelernt und die Schauspielschule besucht. 1989 trat er wie die meisten der bis dahin fast 2,3 Millionen Parteimitglieder aus der SED aus.
Als sich im Mai 2024 in seiner Wahlheimat Schwedt der BSW-Landesverband Brandenburg mit damals nur 40 Mitgliedern gründete, war er nicht nur dabei, sondern hatte das Hotel für diese Zusammenkunft organisiert. Nun gehört Simon zu den vier BSW-Landtagsabgeordneten, die im Streit um zwei Medienstaatsverträge aus der Partei ausgetreten sind. Keiner von diesen vier war von der Linken ins BSW gewechselt. Sie waren zuvor allesamt parteilos gewesen.
Simon hatte sich lediglich von 2009 bis 2014 als von der SPD benannter sachkundiger Einwohner im Kulturausschuss des Kreistags Uckermark engagiert. 28 Jahre lang war Simon Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt, bevor er 2019 in Rente ging. Er hätte nicht gedacht, mit 73 Jahren noch Politiker zu werden, gestand er, als er im Oktober 2024 als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des neu gewählten Landtags eröffnete. Aber dass die Einwohner von Schwedt um die Arbeitsplätze in der PCK-Raffinerie bangen »als Folge undurchdachter Politik«, das hat Simon nach eigenem Bekunden bewegt, nicht abseits zu stehen, sondern sich einzumischen.
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Er war es, der maßgeblich dafür sorgte, dass es im Mai 2025 in der Stadt eine große Kundgebung gegen das Einfuhrverbot für russisches Erdöl gab. PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer hat dort gesprochen und auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Nun steht die Koalition von SPD und BSW auf der Kippe, weil die 14-köpfige BSW-Fraktion mit Ausnahme von Finanzminister Robert Crumbach gegen die umstrittene Änderung von zwei Medienstaatsverträgen stimmen wollte und sollte. Crumbach selbst will nicht der Totengräber des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, wie er gesagt hat. Seine eine Stimme würde der SPD genügen, die Medienstaatsverträgen kommende Woche im Landtag durchzuwinken, wenn die oppositionelle CDU wie angekündigt ebenfalls zustimmt.
Problem erledigt? Nein! Am Dienstag verkündeten Reinhard Simon sowie die Abgeordneten Jouleen Gruhn, Melanie Matzies und André Ossowski ihren Austritt aus der Partei und begründeten ihren Schritt mit autoritären Verhältnissen in der Partei und damit, dass die Fraktion sich nicht rechtzeitig verständigt habe, wie mit den Staatsverträgen umzugehen wäre. Die vier versicherten allerdings, in der Fraktion bleiben und die Koalition mit der SPD fortsetzen zu wollen. Seitdem jagt eine Krisensitzung die andere. Bei der jüngsten Fraktionssitzung am Freitag wurde Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und seinem Stellvertreter Christan Dorst das Vertrauen ausgesprochen – allerdings mit lediglich acht zu sechs Stimmen. Weitere Streitigkeiten sind programmiert.
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