»Antifa Ost«: Trumps Kreuzzug gegen Linke

USA stufen deutsche »Antifa Ost« als »Terrororganisation« ein

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 5 Min.
Antifa-Aktiviten protestieren gegen rechte Teilnehmer und Querdenker einer Friedensdemonstration in Berlin.
Antifa-Aktiviten protestieren gegen rechte Teilnehmer und Querdenker einer Friedensdemonstration in Berlin.

Die USA stufen eine deutsche Antifa-Gruppe als »ausländische Terrororganisation« ein: Das US-Außenministerium erklärte am Donnerstag in Washington, betroffen sei die Gruppe »Antifa Ost«. Die sogenannte Hammerbande habe zwischen 2018 und 2023 in Deutschland »zahlreiche Angriffe auf Personen verübt, die sie als ›Faschisten‹ oder Teil der ›rechtsextremen Szene‹ wahrnimmt«. Sie werde zudem mit Angriffen in der ungarischen Hauptstadt Budapest im Februar 2023 in Zusammenhang gebracht.

Die Einstufung tritt laut der Erklärung aus Washington am 20. November in Kraft. US-Bürgern wird es damit untersagt, die deutsche Gruppierung zu unterstützen, zudem wird gegebenenfalls vorhandenes Vermögen in den USA eingefroren. Mitgliedern der Antifa-Gruppe wird zudem die Einreise in die Vereinigten Staaten verboten. Wie man solche Mitglieder erkennen will, ist völlig unklar.

Deutschland sei vorab nicht über die Einstufung des Netzwerks »Antifa-Ost« als Terrorgruppe informiert worden sein. »Die USA haben dazu eigenständig entschieden«, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. »Wir kommentieren grundsätzlich nicht die operativen Entscheidungen anderer Staaten«, sagte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Sarah Frühauf.

Die USA unterscheiden bei Terror-Einstufungen zwischen weltweit agierenden Terroristen (»Specially Designated Global Terrorists«, SDGT) und ausländischen Terrororganisationen (»Foreign Terrorist Organizations«, FTO). Die Unterscheidung spielt eine Rolle bei den damit verbundenen Sanktionen. Zunächst sollen die vier europäischen Gruppen als »SDGTs« eingestuft werden, es ist aber vorgesehen, sie auch als »FTOs« einzustufen. Dies solle ab dem 20. November der Fall sein.

»Ein Verein namens Antifa Ost, der verboten oder gelistet werden könnte, existiert nicht.«

Lukas Theune Geschäftsführer des Republikanischen Anwaltsvereins

Hintergrund ist das Vorgehen der USA gegen die linke Antifa-Bewegung nach dem tödlichen Attentat auf den ultrarechten US-Aktivisten Charlie Kirk am 10. September. US-Präsident Donald Trump hatte die Antifa danach zunächst auf nationaler Ebene als »terroristische Organisation« eingestuft. In dem entsprechenden Dekret vom 22. September heißt es: »Antifa ist eine militaristische, anarchistische Organisation, die ausdrücklich zum Sturz der Regierung der Vereinigten Staaten, der Strafverfolgungsbehörden und unseres Rechtssystems aufruft. Sie nutzt illegale Mittel, um eine landesweite Kampagne der Gewalt und des Terrorismus zu organisieren und durchzuführen, um diese Ziele zu erreichen.«

Auf der Grundlage dieser Charakterisierung »bezeichne ich Antifa hiermit als ›inländische terroristische Organisation‹«, heißt es weiter im genannten Dekret. Nun weitet die Trump-Regierung die Strafmaßnahmen über die Grenzen der USA hinaus aus und nimmt auch ausländische Gruppierungen ins Visier.

Neben der »Antifa Ost« wollen die USA laut Außenministerium zwei weitere Gruppierungen aus Griechenland sowie eine aus Italien zu »ausländischen Terrororganisationen« erklären. Dabei handelt es sich den US-Angaben zufolge um »militante, anarchistische« oder »antikapitalistische« Gruppen.

Namentlich genannt wurden die Informelle Anarchistische Föderation/Internationale Revolutionäre Front (FAI/FRI) aus Italien sowie die griechischen Gruppen »Bewaffnete Proletarische Justiz« sowie »Selbstverteidigung der Revolutionären Klasse«.

In dem Trump-Dekret vom 22. September wird die Antifa-Bewegung als »militaristische, anarchistische« Organisation bezeichnet, »die ausdrücklich zum Sturz der Regierung der Vereinigten Staaten aufruft«. Sie setze »Gewalt und Terrorismus« ein, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken.

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Der weit gefasste Begriff »Antifa« steht für »antifaschistisch«. Experten zufolge handelt es sich dabei allerdings eher um eine linke Ideologie als um eine feste Gruppierung. Zudem hatte die US-Regierung den oppositionellen Demokraten sowie regierungskritischen Demonstranten im Zusammenhang mit der Ermordung Kirks eine Zusammenarbeit mit solchen Kräften unterstellt.

Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwaltsvereins, fragt sich, was mit diesem Beschluss erreicht werden solle: »Die Entscheidung ist völlig abwegig und nicht nachvollziehbar. Ein Verein namens Antifa Ost, der verboten oder gelistet werden könnte, existiert ohnehin nicht«, sagte er gegenüber »nd«.

Sollten jedoch irgendwann auch Einzelpersonen als vermeintliche Terroristen in den USA gelistet werden, müssten diese mit finanziellen Sanktionen konfrontiert werden, die zum Beispiel das Führen eines Bankkontos, den Einkauf bei US-Online-Plattformen wie Amazon oder das Bezahlen von Rechnungen mit dem Online-Bezahldienst Paypal betreffen könnten. Abgesehen davon erhalten diese Personen eine Einreisesperre in die USA.

Die Listung von Antifa Ost und der anderen Gruppen könnten Teil einer Strategie sein. Die USA gehen gemeinsam mit Ungarn gegen linke Kräfte vor: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hatte die »Antifa Ost« und die Antifa-Bewegung insgesamt Ende September als »terroristisch« eingestuft. Orbán sieht sich als Trumps engsten Verbündeten in der EU, er hatte den US-Präsidenten erst vergangenen Freitag im Weißen Haus besucht.

Schlagzeilen machte in Ungarn zuletzt das Verfahren gegen die deutsche antifaschistische Aktivistin Maja T. Die nicht-binäre Person war im Dezember 2023 in Berlin festgenommen worden. Grund war der Vorwurf der ungarischen Behörden, Maja T. habe im Februar 2023 gemeinsam mit weiteren antifaschistischen Aktivistinnen und Aktivisten Mitglieder der rechtsextremen Szene in Budapest angegriffen. Auf diesen Vorfall bezieht sich offenbar auch das US-Außenministerium in seiner Erklärung. Dazu Lukas Theune: »Im Übrigen ist es auch bezeichnend, dass die Neonaziorganisationen, die jedes Jahr den ›Tag der Ehre‹ in Budapest feiern, von der Maga Bewegung hofiert werden.« Mit Agenturen

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