Berlin. Die AfD stellt nach Ansicht von Sahra Wagenknecht[1] (BSW) keine Gefahr für die Demokratie in Deutschland dar. »Die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland ist eine Politik, von der immer mehr Menschen enttäuscht sind, die die Lebensverhältnisse und die Kaufkraft von immer mehr Menschen verschlechtert«, sagte die scheidende BSW-Vorsitzende dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Brandmauer zur AfD sei gescheitert. »Sie und die schlechte Politik der alten Parteien haben die AfD zur stärksten politischen Kraft in Deutschland gemacht.«
Als Konsequenz fordert Wagenknecht, die AfD auf Landes- und Bundesebene in politische Entscheidungen einzubinden. Zwar gebe es in der AfD »Extremisten und gefährliche Typen«, räumte sie ein, aber die Radikalisierung der Partei sei auch eine Folge ihrer Ausgrenzung. Eine Einbindung der AfD würde zu ihrer Zähmung führen, so Wagenknecht: »Einbindung zähmt, Ausgrenzung radikalisiert, das ist doch nichts Neues.« Die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextrem«[2] erwähnte Wagenknecht nicht.
Konkret kündigte die BSW-Gründerin an, dass ihre Partei nach den Landtagswahlen 2026 keine Koalitionen mehr mittragen werde, deren alleiniger Zweck die Verhinderung einer AfD-Regierung sei. Dafür »stehen wir nicht mehr zur Verfügung«, sagte Wagenknecht. Auf Bundesebene erwartet Wagenknecht eine Annäherung zwischen Union und AfD. Sollte das BSW nach einer möglichen Neuauszählung der Bundestagswahl doch noch ins Parlament einziehen, wäre »die schwarz-rote Koalition Geschichte«. Die CDU werde ihrer Einschätzung nach in dem Fall versuchen, sich von der AfD tolerieren zu lassen.
Da laut Wagenknecht rund die Hälfte der Wähler*innen sowohl Anti-AfD-Bündnisse als auch AfD-geführte Koalitionen ablehnt, plädiert sie für Technokraten-Regierungen aus unabhängigen Experten, die sich flexibel Mehrheiten im Parlament suchen – auch bei der AfD. Die Äußerungen markieren eine deutliche Verschärfung der BSW-Position zur AfD[3]. Bereits vor einem Jahr hatte Wagenknecht einen »fairen« Umgang mit der AfD gefordert[4] und kritisiert, diese sei »von Anfang an als Nazipartei geächtet« worden. Im September 2024 erklärte sie, AfD-Anträge würden »in der Sache« geprüft und gegebenenfalls unterstützt.
Beim Parteitag Anfang Dezember in Magdeburg wird Wagenknecht nicht erneut für den Parteivorsitz kandidieren[5], stattdessen wird sie eine neu zu gründende Grundwertekommission leiten und sich mit Grundsatzfragen beschäftigen. Die drastische Normalisierung der rechtsextremen AfD durch das BSW[6] erfolgt in einer schwierigen Phase für die Partei. In Bundesumfragen liegt sie nur noch bei drei bis vier Prozent. In Brandenburg verließen vier Landtagsabgeordnete das BSW – unter anderem wegen »autoritärer Tendenzen«. Hinzu kommt Streit in Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Kritik kam von der Linken. So erklärt der Bundesgeschäftsführer Janis Ehling gegenüber dem »nd«, die autoritäre Entwicklung rund um Wagenknecht nehme immer bizarrere Züge an. »Wer behauptet, Ausgrenzung sei schuld an der Radikalisierung der AfD, verdreht Ursache und Wirkung. Die AfD ist nicht radikal, weil sie ausgeschlossen wird – sie wird ausgeschlossen, weil sie in Teilen faschistisch ist.« nd/Agenturen
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195571.bsw-wagenknecht-afd-keine-gefahr-fuer-demokratie.html