Stuttgart. Die Fertigstellung des Bauprojekts Stuttgart 21 verzögert sich weiter. Der Tiefbahnhof soll nicht mehr, wie nach mehreren Verschiebungen geplant, im Dezember 2026 eröffnen. Technische Probleme bei der Digitalisierung und beim Bau des Bahnhofs sollen der Grund sein. Gebaut wird an dem Projekt bereits seit 2010. Bei Abschluss der Finanzierungsvereinbarung im Jahr 2009 war man von einer Eröffnung 2019 ausgegangen.
Im Juli hatte die Bahn noch angekündigt, Stuttgart 21 im Dezember 2026 zumindest teilweise in Betrieb nehmen zu wollen. Der Fernverkehr und ein Teil des Regionalverkehrs sollten dann in den neuen Tiefbahnhof fahren, ein Teil des Regionalverkehrs dagegen bis Juli 2027 weiter im alten oberirdischen Kopfbahnhof enden, wie die Deutsche Bahn (DB) damals mitteilte.
Als Grund für die schrittweise Inbetriebnahme nannte das Unternehmen die Entzerrung von Sperrungen, die wegen der Arbeiten für den Anschluss der neuen Infrastruktur an die bestehenden Strecken nötig sind. Damit könne man die Beeinträchtigungen für die Fahrgäste so gering wie möglich halten, sagte DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber im Juli.
Die Gründe für die mehrmaligen Verschiebungen sind laut Bahn unterschiedlich: Klagen gegen das Projekt und geänderte Auflagen etwa beim Brandschutz. Weitere Faktoren für die Verzögerungen seien der »geologisch anspruchsvolle Untergrund im Stuttgarter Stadtgebiet« und aufwendige Genehmigungsverfahren durch geänderte Gesetze beim Artenschutz.
Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe, etwa ein neuer Fernbahnhof am Flughafen, dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm schließt neben Stuttgart 21 auch den Neubau der bereits 2022 eröffneten Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm ein. Herzstück von Stuttgart 21 ist der neue unterirdische Hauptbahnhof, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof sein wird.
Im Rahmen von Stuttgart 21 wird der Bahnknoten in Stuttgart zugleich als erster bundesweit komplett digitalisiert. Züge des Fern- und Regionalverkehrs sowie S-Bahnen sollen dann mit dem digitalen Zugsicherungssystem ETCS fahren – und zwar nur damit. Klassische Lichtsignale werden im Stuttgarter Bahnknoten nicht mehr verbaut. Die Arbeiten gestalten sich komplizierter als gedacht.
Die Kosten für das Projekt haben sich über die Jahre steil nach oben entwickelt. In einem Finanzierungsvertrag aus dem Jahr 2009 ist nur die Verteilung von Kosten bis zu einer Höhe von gut 4,5 Milliarden Euro geregelt. Bis vor Kurzem bezifferte die Bahn die derzeitigen Kosten auf rund elf Milliarden Euro, eingeplant ist zudem ein Puffer von 500 Millionen Euro. Da sich die Kosten inzwischen auf rund 11,3 Milliarden Euro summieren, ist dieser inzwischen schon fast aufgebraucht.
Im August hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden, dass die Bahn die milliardenschweren Mehrkosten alleine tragen muss. Das oberste Verwaltungsgericht des Landes lehnte einen Antrag auf Zulassung der Berufung der Bahn gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ab. Die bundeseigene Bahn kündigte Ende Oktober an, nicht weiter gegen das Urteil vorzugehen. dpa/nd