nd-aktuell.de / 19.11.2025 / Berlin

Berlin: Milde für Polizeigewalt

Verfahren gegen gewalttätigen Polizisten eingestellt

Marten Brehmer
Gefahrenzone Hauptbahnhof: Nach einem Übergriff gegen einen Obdachlosen steht ein Polizist vor Gericht.
Gefahrenzone Hauptbahnhof: Nach einem Übergriff gegen einen Obdachlosen steht ein Polizist vor Gericht.

Ein Angriff auf einen Obdachlosen bleibt für einen Polizisten ohne größere Konsequenzen. Ein Strafverfahren gegen den 41-jährigen Matthias S. wurde am Mittwoch bei der Eröffnung des Verfahrens eingestellt. Im Gegenzug muss er 2500 Euro an die Staatskasse zahlen.

S. hatte im Oktober vergangenen Jahres einen am Boden liegenden, mit Handschellen gefesselten Obdachlosen in den Bauch getreten und gegen den Kopf geschlagen. Zuvor hatten S. und andere Polizisten den Mann am Berliner Hauptbahnhof in Gewahrsam genommen, nachdem dieser Suizidabsichten geäußert und einen Sicherheitsmitarbeiter bedroht hatte. Weil er sich nicht beruhigen ließ, legten die Beamten ihm Handschellen an. In der Bundespolizeiwache im Hauptbahnhof sei der Gefangene dann zu Boden gegangen, heißt es in der Anklageschrift, woraufhin ihn S. mit Tritten und Schlägen traktierte. Dabei soll das Opfer gerufen haben: »Ich liege schon am Boden, ich kann mich nicht wehren!« Die Bodycam einer anderen Polizistin zeichnete den Vorfall auf.

In einer von seiner Verteidigerin verlesenen Stellungnahme bestätigte S. die Vorfälle. »Mein Verhalten war falsch«, schreibt er. »Ich habe die Kontrolle verloren.« Das Geschehene belaste ihn sehr. Das Opfer habe bei der Gewahrsamnahme nach ihm getreten, daraufhin sei er »übergeschnappt« und habe im Affekt gehandelt. Im Nachhinein sei ihm bewusst geworden, dass dieses Verhalten nicht den Standards entspreche, die an Beamte im Polizeidienst gestellt würden[1]. »Der Vorfall hat mir gezeigt, wie wichtig Selbstbeherrschung in meinem Beruf ist«, so S.

An das Opfer habe er bereits eine Wiedergutmachungszahlung in Höhe von 500 Euro übergeben. »Ich möchte Verantwortung für das Geschehene übernehmen – juristisch und persönlich«, sagte S. Dazu sei er in Kontakt mit dem Betreuer des Opfers getreten. In einem Brief an das Gericht bestätigte der Betreuer diese Zahlung und überbrachte eine Botschaft des Opfers: »Der Sachverhalt ist damit für ihn erledigt.«

Ob dienstrechtliche Konsequenzen folgen werden, ist unklar[2]. Ein entsprechendes Disziplinarverfahren laufe noch, gab S. selbst vor Gericht an. Bis zum Urteil vor dem Strafgericht sei es pausiert. Im Raum stehe etwa, dass die Probezeit des 41-Jährigen verlängert werden könne.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194395.polizeigewalt-die-polizei-tut-was-sie-tut-weil-sie-weiss-dass-sie-es-kann.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192234.bundesweite-demos-aktionstag-gegen-polizeigewalt-keine-einzelfaelle.html