nd-aktuell.de / 20.11.2025 / Kommentare

Mehmed König verlässt SPD in Berlin: Augen auf bei der Parteiwahl

Der ehemalige Ko-Vorsitzende von SPDqueer Berlin liebäugelt nach Parteiaustritt mit der Linken

Lola Zeller
Laute Anfeindungen, leise Anerkennung: Mehmed König über seine SPD-Erfahrung
Laute Anfeindungen, leise Anerkennung: Mehmed König über seine SPD-Erfahrung

Mehmed König hat die Schnauze voll von der Sozialdemokratie – oder zumindest von der Partei, die diese dem Namen nach vertritt. Das staatliche Vorgehen gegen palästinasolidarische Menschen hat für den bisherigen Ko-Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer Berlin das Fass zum Überlaufen gebracht. Doch auch die Migrationspolitik, die Bürgergeldreform und die Sozialkürzungen unter Regierungsbeteiligung der SPD im Bund und in Berlin stoßen König sauer auf. Kurzum: König ist zu links für eine Partei, die rechte Politik macht.

»Unter dem Begriff ›Staatsräson‹ wurden Demonstrationen verboten oder eingeschränkt, zivilgesellschaftliche Gruppen stigmatisiert und berechtigte menschenrechtliche Kritik marginalisiert«, schimpft König in seinem am Dienstag auf der Plattform Instagram veröffentlichten Austrittsstatement. Zwar gebe es innerhalb der Partei[1] durchaus »Gegenwind«, so der Ex-SPDler. Doch nicht den Mut, diesen in die Öffentlichkeit zu tragen. »Sie entschieden sich dagegen, ihre Stimme öffentlich zu erheben. Und dieses Schweigen hatte Konsequenzen: für die Wahrnehmung der SPD, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für diejenigen, deren Rechte verteidigt werden mussten.«

Mehmed König kam 1993 als »Kriegsflüchtling aus Bosnien und Herzegowina[2]« nach Deutschland, sagt er. Der inzwischen 40-Jährige habe in Deutschland früh Verantwortung übernehmen müssen, schon während der Schulzeit Geld verdienen und für seine Eltern bei Behördenterminen übersetzen müssen. Die Familie habe prekäre Arbeitsverhältnisse annehmen müssen. »Diese Erfahrungen haben mich geprägt. Sie haben mir gezeigt, wie wichtig soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Verlässlichkeit und echte Chancengleichheit sind«, schreibt er. Deshalb sei er in die SPD eingetreten.

Nun, acht Jahre später, hat auch Mehmed König festgestellt, dass es die Sozialdemokraten mit den sozialen Werten nicht so ernst meinen[3]. Für seinen Einsatz »in der Palästina-Frage für universelle Menschenrechte« habe er zwar viele Anfeindungen erlebt, der Großteil der Partei habe ihm jedoch Anerkennung gezollt – aber eben »fast ausschließlich im Stillen«. König habe schließlich verstanden, worum es in der Partei gehe: »Viele wollten ihre eigenen Machtverhältnisse und Ziele nicht gefährden.«

Als Konsequenz verlässt König die SPD – und liebäugelt mit einem Eintritt in die Linkspartei, wie er der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte. »Ich bin von der Politik, deren Stil und Spitzenkandidatin für Berlin, Elif Eralp, sehr begeistert«, sagte er. Komplett festlegen wolle er sich aber noch nicht.

Dass die SPD keine soziale Politik macht und jegliche Mitglieder mit derartigen Ambitionen nur enttäuschen kann, ist längst keine große Überraschung mehr. Kaum zu glauben, dass es nach den vergangenen Berliner SPD-Regierungszeiten und auch auf Bundesebene immer noch Menschen versuchen. Aber Mehmed König zeigt: Auch SPDler können zur Vernunft kommen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195487.steffen-krach-berlin-spd-muss-klein-anfangen-und-macht-krach.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189764.republika-srpska-bosnien-und-herzegowina-brenzlige-lage.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195366.langzeitarbeitslosigkeit-reform-des-buergergeldes-weimar-laesst-gruessen.html