nd-aktuell.de / 23.11.2025 / Politik

Bolsonaro nach Fluchtrisiko in Brasilien festgenommen

Brasiliens Ex-Präsident beschädigte mit einem Lötkolben seine Fußfessel

Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro muss sein Zuhause gegen das Gefängnis tauschen.
Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro muss sein Zuhause gegen das Gefängnis tauschen.

Brasília. Brasiliens früherer Präsident Jair Bolsonaro ist wegen eines möglichen Fluchtrisikos präventiv festgenommen worden. In der Nacht zum Samstag (Ortszeit) sei ein Vorfall bei Bolsonaros elektronischer Fußfessel registriert worden, der auf einen Versuch hindeutete, »das Gerät zu beschädigen«, teilte der Oberste Gerichtshof (STF) mit. Bundesrichter Alexandre de Moraes sprach von einem »konkreten Fluchtrisiko« und einer »Bedrohung der öffentlichen Ordnung«.

Die Maßnahme stehe nicht im Zusammenhang mit der Vollstreckung der mehr als 27-jährigen Haftstrafe wegen versuchten Staatsstreichs, die im September verhängt worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, mit einer Vollstreckung wurde zuletzt kommende Woche gerechnet.

Behörden sehen großes Fluchtrisiko

Bolsonaro wurde am frühen Samstagmorgen in Brasília in Gewahrsam genommen und zur Bundespolizeidirektion gebracht. Dort kam er in einen speziell für frühere Staats- und Amtsträger vorgesehenen Raum. Der 70-Jährige hatte sich bereits seit August wegen Verstößen gegen gerichtliche Auflagen im Hausarrest befunden. Angesichts der neuen Erkenntnisse hielt das Gericht diese Form der Überwachung nicht mehr für ausreichend.

Unmittelbar nach der Festnahme lehnte der STF ein Gesuch der Verteidigung ab, Bolsonaro wegen gesundheitlicher Beschwerden im Verfahren zum versuchten Staatsstreich weiter im Hausarrest zu belassen. Die Anträge seien durch die aktuelle Maßnahme »hinfällig« geworden, zitierte das Nachrichtenportal G1 Richter Moraes. Bolsonaros Anwälte hatten zuvor unter anderem auf Lungeninfektionen, Gastritis, Hautkrebs, anhaltende Schluckauf-Krisen sowie Komplikationen nach einem Attentat auf Bolsonaro im Wahlkampf 2018 verwiesen.

»Aus Neugier«: Bolsonaro beschädigt Fußfessel mit Lötkolben

Auslöser der präventiven Haft war ein nächtlicher Alarm des Überwachungsgeräts. In einem später vom Gericht veröffentlichten Video räumte Bolsonaro ein, die Fußfessel manipuliert zu haben. »Ich habe da heißes Eisen draufgehalten. Aus Neugier«, sagte er einer Beamtin. Auf Nachfrage, ob er ein Bügeleisen benutzt habe, erklärte er: »Nein, einen Lötkolben«. Er habe die Fußfessel, die er während seines Hausarrests tragen musste, aber nicht abnehmen wollen, beteuerte er.

Auf den Aufnahmen ist ein angeschmortes Kunststoffgehäuse des Funkapparats rund um den Knöchel des Ex-Präsidenten zu sehen. Die Beamtin erklärte, das Gerät sei »offenbar intakt« geblieben.

Die Ermittler verwiesen zudem auf eine Mahnwache, zu der Bolsonaros Sohn, Senator Flávio Bolsonaro, am Vorabend aufgerufen hatte. Ein tumultartiger Verlauf dieser Aktion hätte laut Moraes eine Kontrolle des Hausarrests erschweren und Bolsonaro eine Flucht im Schutze des Chaos ermöglichen können – möglicherweise zu einer nahegelegenen Botschaft eines ihm wohlgesonnenen Landes wie den USA.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump unterstützt den rechtskonservativen Ex-Militär und wirft der brasilianischen Justiz politische Motive vor. Der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau kritisierte nach der Festnahme den landesweit bekannten Richter Moraes als »Menschenrechtsverletzer«, der mit seinem »provokativen« Vorgehen Schande über das Oberste Gericht gebracht habe.

»Jeder weiß, was er getan hat«

Der amtierende Präsident Luiz Inácio Lula da Silva äußerte sich zurückhaltend: »Ich kommentiere keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs«, sagte er bei einer Pressekonferenz am Rande des G20-Gipfels im südafrikanischen Johannesburg. »Jeder weiß, was er getan hat«, sagte er.

Bolsonaros Anwalt Paulo Cunha Bueno vermied eine Erklärung zur Beschädigung der Fußfessel. Die Mahnwache sei verfassungsrechtlich geschützt gewesen, so Cunha Bueno. Die veröffentlichten Belege seien Teil einer Darstellung der Justiz, mit der »das nicht zu Rechtfertigende gerechtfertigt werden soll«, sagte er. dpa/nd