nd-aktuell.de / 25.11.2025 / Kultur

Jimmy Cliff: Die sanfte Stimme

Reggae-Größe Jimmy Cliff mit 81 Jahren in Jamaika gestorben

Thomas Grossman
Eine Inspiration aus Jamaika: Jimmy Cliff
Eine Inspiration aus Jamaika: Jimmy Cliff

»Wenn wir Jimmy Cliff sahen, sahen wir uns selbst, sah ich mein eigenes Gesicht. Und das repräsentierte er nicht nur für mich aus dem Ghetto, sondern auch für alle Kids, die vom Lande kommen. Cliff war eine Inspiration für unser aller Leben!« Das erklärte einmal der haitianische Hip-Hop-Musiker und Songwriter der Fugees, Wyclef Jean. Am Montag ist sein Freund in Kingston, Jamaika, im Alter von 81 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben.

Cliff war nicht nur einer der am meisten gefeierten Performer Jamaikas, sondern weltweit einer der größten Reggae-Stars, vergleichbar nur mit seinem Landsmann Bob Marley, den er gefördert und mit dem er gemeinsam musiziert hat. In den 70er und 80er Jahren veröffentlichte Cliff beinahe jährlich ein Album. Er wurde siebenmal für einen Grammy nominiert, zweimal erhielt er ihn.

Seinen Durchbruch schaffte er 1972 weltweit mit dem Film »The Harder They Come« – über einen Musiker in Jamaika, der in einer Gegend voller Armut und Gewalt kriminell wird. Der Film ist an Cliffs Leben angelehnt, er spielte auch selbst die Hauptrolle. Der Soundtrack wurde ein Riesenerfolg. Er enthielt Hits wie »You Can Get It If You Really Want« oder »The Harder They Come«. Zu dieser Zeit war Reggae-Musik noch eine Neuheit, aber der Film, wie Cliff einst erläuterte, »zeigte den Leuten, von wo die Musik herkam«. Als er in London in Bussen die Werbung zum Film mit seinem Konterfei sah, wusste er, dass er es geschafft hatte. Bald spielte er auf größeren Konzerten in den USA.

Jimmy Cliff wurde als James Chambers am 30. Juli 1944 in Saint James Parish, Jamaika, in eine Familie mit acht Geschwistern geboren. Früh musste er lernen, sich durchzusetzen. Sein frommer Vater war Schneider, Farmer und Gemeindeleiter, seine Mutter, Nachfahrin geflüchteter Sklaven, Hausangestellte. Musik bestimmte sein Leben, sei es in der Kirche oder in einer benachbarten Taverne, wo Tag und Nacht musiziert wurde. Aus Bambus fertigte er sich eine eigene Gitarre.

Mit zwölf ging er nach Kingston, um sich als Musiker zu versuchen, sang, um sein Alter zu verschleiern, mit schroffer Stimme. 1962 wurde er mit dem Song »Hurricane Hattie« in Jamaika bekannt. Der britische Musikjournalist John Doran schrieb: »Cliff singt mit der lieblichsten und sanftesten Stimme, die je aus Jamaika gekommen ist.«

Ende der 60er ging Cliff nach London, wo er als Soul-Musiker auf sich aufmerksam machte, begleitet von Musikern der späteren Band Mott the Hoople. In der britischen Hauptstadt erfuhr er aber auch Rassismus – »in einer Art, wie ich ihn nie zuvor erlebt habe«. Auch deshalb ging er 1969 zurück nach Jamaika. In diesen Jahren landete er mehrere Hits: »Wonderful World Beautiful People« wie auch das Cat-Stevens-Cover »Wild World« oder »Many Rivers to Cross« über seine Kämpfe mit der Musikindustrie, ein Song, der später wiederum gecovert wurde von John Lennon, Percy Sledge, Cher und Joe Cocker. Außerdem veröffentlichte er den Antikriegssong »Vietnam«. Reggae konnte also auch ernste Themen!

Trotz mehrerer starker Alben gelangte Cliff Mitte der 70er mehr und mehr in den Schatten seines einstigen Schülers Bob Marley. In Afrika war er aber noch sehr beliebt, trat in mehreren Ländern auf. 1993 landete er mit dem Cover von »I Can See Clearly Now« für den Film »Cool Runnings« wieder einen größeren Hit. 2002 veröffentlichte er das preisgekrönte Album »Fantastic Plastic People« mit Gastmusikern wie Joe Strummer, Sting oder Annie Lennox. 20 Jahre später brachte er das Album »Refugees« heraus mit dem anklagenden, aufklärenden Song »Racism«.