Als Donald Trump[1] bis vor gut einem Jahr noch in mehreren Verfahren vor Gericht stand, kritisierte er trotz erdrückender Beweislagen einen angeblich politischen Missbrauch der Justiz. Seit er wieder US-Präsident[2] ist, rächt er sich ganz offen selbst an seinen Gegnern. Dabei sollte ihm auch seine Privatanwältin Lindsey Halligan helfen. Trump hatte sie im September zur Interims-Chefanklägerin für den Bundesbezirk Ost-Virginia ernannt, weil sich ihr Vorgänger geweigert hatte, den ehemaligen FBI-Chef James Comey[3] und New Yorks Staatsanwältin Letitia James wegen (ersichtlich haltloser) Vorwürfe anzuklagen. Lakaiin Halligan hatte damit kein Problem.
Wie man Donald Trump kennt, war die 36-jährige Juristin dem Präsidenten vermutlich eher als frühere Vize-Miss-Colorado aufgefallen als wegen ihrer Fähigkeiten vor Gericht, denn die hat die Versicherungsanwältin nicht. Nie zuvor hatte sie einen Strafprozess[4] geführt und im Comey-Fall sogleich völlig überfordert gewirkt: So trug sie nicht alle Anschuldigungen einer Grand Jury vor, die darüber entscheidet, ob die Vorwürfe für eine Anklage ausreichen. Sie sprach Comey zudem fälschlicherweise sein Zeugnisverweigerungsrecht ab. Abgewiesen wurden ihre Fälle nun aber, weil Trump sie gar nicht zur Interims-Anklägerin hätte ernennen dürfen. Das ist ihm nur einmal erlaubt. Halligan war nur die zweite Wahl.
Zwischendurch war Halligan noch zur »Spezialanwältin« erkoren worden. Das half nicht mehr bei den begonnenen Verfahren. Sie könnte jedoch mit neuen Anklagen im Sinne Trumps noch für Schlagzeilen sorgen. Wahrscheinlich ist das nach dieser Fehlerflut nicht. Dass sie diese Klagen sogar gewinnt, noch weniger.