nd-aktuell.de / 25.11.2025 / Berlin

Berliner Hospize: Wartelisten, Personalmangel und fehlende Betten

Zur Lage der Hospiz- und Palliativversorgung

Maria Neuhauss
In Hospizen werden Schwerstkranke auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet.
In Hospizen werden Schwerstkranke auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet.

»Alle, die wir hier sitzen, werden nicht nur alt, sondern möglicherweise auch einmal krank mit Versorgungsbedarf,« erinnerte Dirk Müller vom Unionshilfswerk Berlin am Montag den Ausschuss für Gesundheit und Pflege. Dass Krankheit und Tod zwar allgemein geteiltes menschliches Schicksal sind, andererseits aber gesellschaftlich wenig Aufmerksamkeit erfahren, zeige sich auch daran, dass die Hospiz[1]- und Palliativversorgung zuletzt 2014 im Ausschuss thematisiert wurde. Dabei beschäftigt viele alte und schwerkranke Menschen die Angst vor einer unwürdigen Behandlung am Lebensende.

Bei unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen möglichst lange eine möglichst große Selbstbestimmung und Lebensqualität zu gewährleisten, ist Aufgabe der Palliativversorgung. Dazu gehören etwa die Schmerztherapie oder psychologische Unterstützung. Palliativversorgung kann zu Hause, im Krankenhaus oder im Hospiz stattfinden. Derzeit existieren in Berlin 20 stationäre Hospize und 25 geförderte ambulante Hospizdienste.

Laut Karin Barnard von der Johannesstift-Diakonie nehmen die Anfragen bei den ambulanten Hospizdiensten allerdings kontinuierlich zu, die Wartelisten werden länger. Das liege einerseits an einer Abnahme der Zahl verfügbarer Betten, was mit fehlenden Fachkräften zusammenhänge. Andererseits könne eine Versorgung der Patient*innen zu Hause oftmals nicht mehr gewährleistet werden: Das tragende Netz rund um die Personen, die zu Hause versorgt werden, gehe verloren, so Barnard. »Die An- und Zugehörigen sind nicht mehr da.« Zudem würden immer mehr Patient*innen bei Hospizen angemeldet, die eigentlich noch nicht anspruchsberechtigt seien.

Letzteres habe vor allem mit den Hausärzten zu tun. Während es in Berlin insgesamt an Hausärzten[2] fehlt[3] – derzeit gibt es etwa 130 offene Stellen – und etwa die Hälfte der Berliner Patient*innen überhaupt keinen Hausarzt haben, gingen die Hausärzte nur mangelhaft auf die Bedarfe schwerstkranker Menschen ein. »Die meisten Hausärzte machen keine Hausbesuche und bieten keine Rufbereitschaft an«, so Ulla Rose von Homecare Berlin. Der Grund: Es gebe keinen finanziellen Anreiz dazu, die allgemeine ambulante Palliativversorgung sei unterfinanziert. Gerade die unmittelbare Erreichbarkeit ist bei der Palliativversorgung aber von großer Bedeutung.

Dirk Müller vom Unionshilfswerk sagt, deshalb liege die Lösung auch nicht im weiteren Ausbau der Hospize. Abhilfe könnte etwa ein Angebot an speziellen Kursen für Hausärzte schaffen. Hier gelte es aber vor allem auch, die Ärztekammer, die Verbände und so weiter dazu zu bewegen, das Thema zu setzen. Daneben müsse die Palliativversorgung im Bereich der Ausbildung gestärkt werden. Diesbezüglich forderten alle befragten Träger die Einrichtung eines Lehrstuhls für Palliativversorgung.

Klar wird auch, dass es große Qualitätsunterschiede gibt. »Wir lassen es zu, dass Einrichtungen schlechte Leistungen für das gleiche Geld bringen«, so Müller. Hier gebe es nicht genügend Kontrollen. Auch dass jede Pflegeeinrichtung von Beginn an mit den Patient*innen über Sterben und Tod spricht, solle zu einem Qualitätsstandard werden.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184961.gesundheit-hospize-und-wohnungslosigkeit-ohne-obdach-auf-dem-letzten-weg.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195197.gesundheitswesen-aerztenotstand-lange-absehbar.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166708.hausaerzte-praxen-machen-dicht.html