nd-aktuell.de / 27.11.2025 / Politik

AfD-Jugend: Nationalistische Kaderschmiede

Von Mäßigung ist bei der neuen AfD-Jugend nichts zu bemerken

Sebastian Weiermann
Der Brandenburger Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm soll die neue AfD-Jugend führen.
Der Brandenburger Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm soll die neue AfD-Jugend führen.

Es ist eine schöne Geschichte, die sich die AfD-Parteiführung für die Auflösung und Neugründung[1] der Parteijugend zurechtgelegt hat. Die im Februar aufgelöste »Junge Alternative« (JA) war ein formell unabhängiger Verein. Um der Jugendorganisation anzugehören, musste man nicht Parteimitglied sein. Daher zog die JA Menschen aus extrem rechten Organisationen wie der Identitären Bewegung an und verhielt sich bei Protestaktionen ähnlich wie diese. Der Verfassungsschutz stufte die JA 2023 denn auch als »gesichert rechtsextremistisch« ein.

Vor diesem Hintergrund begründete die AfD-Führung die Auflösung und Neugründung der JA damit, dass man die Jugend besser in die richtigen Bahnen lenken und mäßigen könne, wenn sie organisatorisch an die Partei angedockt sei. Beim Parteitag Anfang des Jahres stimmten 72 Prozent der Delegierten für das neue Modell.

Die Parteijugend, die sich an diesem Wochenende in Gießen gründet und »Generation Deutschland« heißen soll, wird Teil der AfD. Jedes Parteimitglied unter 36 gehört automatisch zum Jugendverband. In der AfD wird vom »Juso-Modell« gesprochen, weil der sozialdemokratische Nachwuchs ähnlich organisiert ist. Dass die Neuaufstellung auch unter AfD-Politiker*innen, die ähnliche Positionen wie der radikale Nachwuchs vertreten, auf Zustimmung stößt, ist leicht zu erklären. Die Unabhängigkeit der JA war eine Gefahr für den Jugendverband, der nach Vereinsrecht einfach hätte verboten werden können. Diesen Schritt wiederum hätte man als Testlauf für ein AfD-Verbot nutzen können. Das geht jetzt, wo der Nachwuchs Bestandteil der Partei werden soll, nicht mehr so einfach. Deswegen stimmten auch völkisch-nationalistische Kader, die sonst oft im Clinch mit der AfD-Führung liegen, für die Neuorganisation.

Jean-Pascal Hohm, der zum Vorsitzenden gewählt werden soll, ruft wegen »der Kulturfremden« zum Kampfsport-Training auf.

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Angst vor einer zu braven Jugend muss in der AfD niemand haben, wie sich vor dem Gründungskongress der »Generation Deutschland«[2] zeigt. Deren alleiniger Chef – für eine Doppelspitze steht er nicht zur Verfügung – soll der Cottbusser Jean-Pascal Hohm[3] werden. Der 1997 geborene Hohm sitzt seit vergangenem Jahr im Brandenburger Landtag. Mitglied der AfD ist er seit 2014; bis 2016 führte er die »Junge Alternative« in Brandenburg. Ob mit militanten Neonazis, Hooligans oder Identitärer Bewegung – »Kalli« Hohm gilt als gut vernetzt. Besondere Bedeutung misst er dem Kampf gegen einen angeblich stattfindenden »Bevölkerungsaustausch« bei. Der Brandenburger Verfassungsschutz zitiert ihn mit den Sätzen: »Betreibt Kampfsport, bildet Gemeinschaft und werdet wehrhaft. Gerade in einer Situation, in der man unser Land, unsere Städte mit Millionen Kulturfremden flutet, die sich hier wie Eroberer verhalten, müssen wir uns verteidigen können.«

Für die »Generation Deutschland« hat der Cottbusser klare Vorstellungen. Sie soll »Kaderschmiede« sein, diszipliniert im Auftritt und klar im Profil. Was für ein Profil Hohm dabei vor Augen hat, erahnt man beim Verein »Ein Prozent«, dem Hohm eng verbunden war und das er nach eigenen Aussagen als Fördermitglied unterstüzt. Der Verein stammt aus der Identitären Bewegung und sammelt Geld für die nationalistische Solidarität. Inhaltlich gibt man Tipps, wie man rassistische Bürgerinitiativen organisieren kann. Ein anderer Schwerpunkt ist die Anti-Antifa-Arbeit. Der Verein rühmt sich seiner Recherchen zu den »Antifa-Ost«-Verfahren und fordert die AfD auf, diese mit parlamentarischen Anfragen zu verknüpfen.

Vorsitzender von »Ein Prozent« ist Philip Stein, der gleichzeitig auch den Jungeuropa-Verlag betreibt. Letzterer wird bei der Gründung der »Generation Deutschland« in Gießen mit einem Stand dabei sein. Wie übrigens auch die neurechte »Sezession« von Götz Kubitschek aus Schnellroda.

Bei Kubitschek und Jungeuropa können sich die künftigen Kader der AfD das ideologische Rüstzeug holen. Dort, in der Neuen Rechten, wähnt man den Rechtspopulismus am Ende. Mit letzterem könne man zwar Wahlen gewinnen, heißt es dort, aber keine dauerhafte, nationalistische Gesellschaftsveränderung erkämpfen. Als Negativbeispiele werden etwa Geert Wilders oder Giorgia Meloni genannt. Stattdessen, so erklärt man mit dem linken italienischen Theoretiker Antonio Gramsci, müsse man Hegemonie, also gesellschaftliche Deutungsmacht erringen. Essenziell dafür seien weltanschaulich gefestigte AfD-Mitglieder. Bisher gäbe es in der Partei zu viele Politiker*innen, die der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre hinterhertrauerten und nicht an einem echten Politikwechsel interessiert seien.

Die Aufgabe der »Generation Deutschland« ist es, die Politiker*innen für eine völkisch-nationalistische Systemopposition herauszubilden. Unter den künftigen Vorstandskollegen wird es einige geben, die über eine ähnliche Vita verfügen wie Hohm. Teilnahmen an Demonstrationen der Identitären, Schulungen bei Kubitschek in Schnellroda oder Kontakte zu NPD-Politiker*innen gehören zu ihren Lebensläufen. Von einer Mäßigung der neuen AfD-Jugend kann also wahrlich keine Rede sein.

Die Nachfolgeorganisation der »Jungen Alternative« wird professioneller aufgestellt sein. Zum Gießener Gründungskongress haben sich nach Angaben der AfD rund 2000 Menschen angemeldet. Insgesamt hat die Partei etwa 6000 Mitglider unter 36. Sie alle könnten Mitglieder der »Generation Deutschland« werden und diese zu einer schlagkräftigen Organisation machen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188160.bundestagswahl-remigration-afd-verabschiedet-extrem-rechtes-wahlprogramm.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195709.giessen-gruendung-der-afd-jugend-antifa-heisst-busfahren.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193315.neue-afd-jugendorganisation-fuer-jean-pascal-hohm-winkt-karrieresprung-auf-bundesebene.html