Sachsen kürzt bei Teilhabe

70 Organisationen fordern verlässliche Finanzierung

  • Yaro Allisat
  • Lesedauer: 2 Min.
70 Organisationen haben einen offenen Brief an Sachsens Kultusministerin Petra Köpping geschrieben.
70 Organisationen haben einen offenen Brief an Sachsens Kultusministerin Petra Köpping geschrieben.

Dass ein Demokratieverein wie der Colorido e. V. im sächsischen Plauen bald weder Geld noch Räume hat oder der queere Verein RosaLinde e. V. schon jetzt keine Schulprojekte mehr auf dem sächsischen Land durchführen kann, gehört in Zeiten sozialer Kürzungen zum Alltag.

Seit Jahren kämpfen Demokratie- und Integrationsvereine in Sachsen um mehr Geld. Für 2026 hat die Sächsische Aufbaubank (SAB) nun deutlich weniger Mittel für Projektfinanzierungen vorgesehen. 70 Organisationen und Vereine, unter anderem der Sächsische Flüchtlingsrat, der Verein Buntes Meißen und der LSVD Sachsen e. V. haben deshalb in einem offenen Brief an die sächsische Kultusministerin Petra Köpping langfristige und verlässliche Finanzierung gefordert, sowie mehr Transparenz. Denn so heißt es in dem Brief: »Integration und Teilhabe ist kein ›nice to have‹ – sie ist ein Grundsatz der Demokratiearbeit«. Eine Reaktion der Landesregierung blieb bisher aus.

Nur 21 von insgesamt 91 Projekten sind für 2026 in der Förderrichtlinie Integrative Maßnahmen berücksichtigt. Für die anderen 70 Projekte bedeutet es das Aus. Projektträger beklagen, dass die Fördermittel zu niedrig seien. Außerdem würden Bewilligungen teilweise erst drei bis sechs Monate nach Jahresbeginn veröffentlicht; bis dahin sitzen die Vereine auf dem Trockenen.

2023 hatte der Sächsische Rechnungshof in einem Sonderbericht die Fördermittelvergabe im Integrationsbereich kritisiert. Bei einem Teil der Zuwendungsempfänger finde eine »Trennung zwischen politischen Aktivitäten, Lobbyarbeit und Projektarbeit nur unzureichend statt«. In einem offenen Brief vom März dieses Jahres prangerten 1767 Wissenschaftler*innen an, dass das Neutralitätsgebot eher zur »Disziplinierung der Zivilgesellschaft« missbraucht werde. Mehrfach hätten sowohl die Vereine selbst als auch Gutachten bewiesen, dass die Arbeit von Beratungsstellen, Begegnungszentren und Netzwerken eine aktive Arbeit gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft ist.

Die Überarbeitung der Richtlinie, von der lange unklar war, ob sie zeitnah genug stattfinden würde, damit die Vereine 2024 ihr Geld bekommen können, brachte keine Verbesserungen. Stattdessen musste aufgrund der Neuorientierung einer Fördersäule der Dachverband der Migranten-Organisationen Sachsen Insolvenz anmelden. Trotz parlamentarischer Initiative der Linken wurde die Förderung von Demokratieprojekten nicht gesetzlich verankert und kann so einfach aus dem Haushalt gestrichen werden. Auch für den sächsischen Haushalt 2025/26 hatten die Vereine hart darum kämpfen müssen, nicht den allgemeinen sozialen Kürzungen zum Opfer zu fallen.

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