nd-aktuell.de / 03.12.2025 / Politik

Sudan: Der Krieg der anderen

Im Wochenrhythmus werden Waffen aus Libyen in den Sudan gebracht

Mirco Keilberth, Tunis
Soldaten der sudanesischen Armee bei einer Militärparade: Diese kämpfen mit der RSF-Miliz um die Macht, angeheizt von externen Akteuren, die auch Waffen liefern.
Soldaten der sudanesischen Armee bei einer Militärparade: Diese kämpfen mit der RSF-Miliz um die Macht, angeheizt von externen Akteuren, die auch Waffen liefern.

Darfur wurde bereits vor 25 Jahren ein Inbegriff für Gräueltaten und Völkermord[1]. Damals begannen die Dschandschawid, eine von der Regierung in Khartum ausgerüstete arabischstämmige Miliz, sesshafte Bauern aus ihren Dörfern zu vertreiben. Die Dschandschawid-Kämpfer wurden später zur Rapid Support Forces (RSF). Der unbekannte Mohammad Hamdan Daglo, alias Hemedti, stieg wegen seiner Brutalität zu ihrem Kommandeur auf und ist nun einer der mächtigsten Warlords der Sahel-Region.

Die ethnischen Minderheiten der Fur, Zaghawa und Masalit sind noch immer Hemedtis Opfer und wieder kämpft er für die Interessen anderer. Die Dschandschawid sicherten damals der politischen Elite um Präsident Omar Al-Baschir den Zugriff auf die Bodenschätze Darfurs, wegen Kriegsverbrechen wird Hemedti vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht. Nun sind es hauptsächlich Waffen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Hemedtis Kriegsmaschine am Laufen halten.

Waffen gelangen über die Emirate ins Land

Die Herrscher am Golf behaupten, 164 Flugzeuge mit humanitärer Hilfe nach Libyen, in den Tschad und die semi-autonome Region Puntland in Somalia geschickt zu haben. Doch Menschenrechtsorganisationen und auf Flugrouten spezialisierte Analysten haben mehr als 600 Flüge von Abu Dhabi über Bosaso in Puntland nach Südlibyen und in den Osten des Tschad identifiziert. »Jeeps, chinesische Drohnen und Luftabwehrpanzer werden in langen Konvois jede Woche vom Flughafen Kufra in die Trainingscamps der RSF im Grenzgebiet zu Darfur gebracht«, berichtet der libysche Journalist Mohammad Senussi aus Kufra dem »nd« am Telefon.

Die libysche Oasenstadt erlebt wie Bosaso und andere Knotenpunkte der RSF-Logistikkette im Tschad und im Südsudan einen wirtschaftlichen Boom. Das staatlich subventionierte libysche Benzin, mit 0,03 Cent pro Liter das billigste der Welt, ist der Schmierstoff der oft überraschend mit Toyota-Jeep-Konvois angreifenden RSF-Kriegsmaschinerie[2].

Russland liefert den Treibstoff via Libyen

In wenigen Jahren ist Russland zum größten Importeur von Diesel und Benzin geworden. Ein Win-Win-Geschäft mit dem im Osten Libyens herrschenden Feldmarschall Khalifa Haftar[3], dessen Libysche Nationalarmee von der Zentralbank in Bengasi bezahlt wird und dessen Gewinne aus dem Export von subventioniertem Benzin an die RSF in die eigenen Taschen fließen.

Aus dem Dreiländereck zwischen dem Tschad, Sudan und Libyen werden Treibstoff, Munition und in Libyen trainierte RSF-Einheiten in die von Hemedti kontrollierte Region Darfur gefahren. Nach Norden kehren die Lastwagen mit Gold, Kamelen und landwirtschaftlichen Produkten zurück. Die Goldminensiedlungen in Darfur und dem libysch-tschadischen Grenzgebiet haben Abu Dhabi zu einem der weltweit wichtigsten Handelsorte für Gold gemacht.

»Alleine in den letzten drei Monaten habe ich 300 Landungen von Militärmaschinen in Kufra gezählt«, sagt Mohammad Senussi, »einige waren mit Insignien der Vereinigten Arabischen Emirate versehen. Aber auch Iljuschin-Frachtflieger, die ohne Kennung aus Bosaso in Puntland kamen, berichten meine Quellen am Flughafen.«

Logistikkette mit unmarkierten Flugzeugen

Nach den nächtlichen Verladeaktionen starten dann auch kleinere Maschinen auf neu von der RSF angelegten Feldflughäfen, sagt Senussi, der über sämtliche Starts und Landungen Buch führt.

Denn für die 1200 Kilometer von Kufra in das im Oktober von der RSF eroberte Al-Fascher im Norden Darfurs benötigen die Nachschubkonvois drei Tage. »Wer nach dem Grund für diese spektakuläre logistische Operation der Allianz sucht, sollte einen Blick auf die Karte werfen«, sagt Mohammad Issa Arami, ein Goldschürfer und Milizionär aus Rebiana, einem der an Grenze zum Tschad gelegenen Schmugglernest. »Die Allianz von Haftar, Hemedti und Abu Dhabi könnte mit Darfur, dem Osten des Tschad und dem Süden Libyens bald ein mehr als 2000 mal 2000 Kilometer großes Gebiet voller Gold und fruchtbarer Böden kontrollieren.«

Auch der Kreml nutzt den Konflikt für seine Expansion auf dem Kontinent. Die russischen Missionen im Niger, der Zentralafrikanischen Republik oder Mali werden mit Benzin und Ersatzteilen aus der Großregion Kufra versorgt, russische Waffen sind ein Exportschlager in der Sahel-Region.

Links:

  1. http://Nina Liashonok
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189522.machtkampf-im-sudan-der-westen-hat-zwei-kriegsverbrecher-legitimiert.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195230.geopolitik-sudan-im-visier-anderer-maechte.html