nd-aktuell.de / 04.12.2025 / Sport

Der 1. FC Union Berlin nimmt Bayern München als Aufbaugegner

Die Köpenicker müssen nach dem Pokal-Aus im Achtelfinale nun im Alltag Bundesliga bestehen

Alexander Ludewig
Während die Berliner Fans mit einer Pyroshow protestierten, lieferten die rot-weißen Fußballer dem FC Bayern einen großen Kampf.
Während die Berliner Fans mit einer Pyroshow protestierten, lieferten die rot-weißen Fußballer dem FC Bayern einen großen Kampf.

Wenn der 1. FC Union[1] zum samstäglichen Bundesligaspiel nach Wolfsburg aufbricht, dann mit viel Positivem im Gepäck. Das dachten sich die Berliner jedenfalls nach dem Achtelfinalspiel im DFB-Pokal[2] am späten Mittwochabend. Weil gegen den großen FC Bayern[3] in einer hart umkämpften Partie nur knapp mit 2:3 verloren wurde, »hat jeder im Team ein sehr, sehr gutes Gefühl«, betonte der Berliner Abwehrchef Leopold Querfeld. Mittelfeldspieler Aljoscha Kemlein blickt deshalb gleich »positiv auf alle restlichen Spiele des Jahres«.

Die Münchner verließen die Alte Försterei als Sieger, gleichzeitig waren sie allem Anschein nach auch ein guter Aufbaugegner. Denn zuvor hätte die Stimmung in Köpenick nach der vorausgegangenen Niederlage in der Bundesliga gegen den 1. FC Heidenheim kaum schlechter sein können. Diese verkehrte Fußballwelt fasste Unions Trainer Steffen Baumgart[4] nach dem verlorenen Pokalspiel wie folgt zusammen: »Wenn man nur das Spiel betrachtet und die Standards wegnimmt, dann muss man sagen, haben wir es gut gemacht.«

Bayern unter Druck

Mit diesen Worten wollte Baumgart einen »Pokalfight« beschreiben, »wie man sich ihn wünscht.« Also ein Spiel von Klein gegen Groß, in dem kein Größenunterschied zu erkennen ist. Der Rekordmeister aus München geriet in der zweiten Halbzeit teilweise unter so großen Druck, dass Fehlpässe und Befreiungsschläge sein Spiel prägten. Das gegnerische Tor traf der FC Bayern an diesem Abend nur einmal, zwei Berliner Eigentore halfen dabei, den 20-maligen Pokalsieger ins Viertelfinale zu hieven.

Als die mitgereisten Münchner Anhänger das erste Mal jubeln durften, durchbrachen sie die Fan-Mauer des Schweigens[5]: Das Eigentor von Unions Stürmer Ilyas Ansah fiel nach einer Ecke knapp 30 Sekunden vor dem Ende des stillen, zwölfminütigen Protests. Auch die Achtelfinalpartie in Berlin stand im Zeichen des verständlichen Widerstands gegen die Politik, schließlich tagen gerade die Innenminister in Bremen und wollen unter dem Titel »Fußball ohne Gewalt« die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen. Dass es dafür kaum nachvollziehbare Gründe gibt, hatten die Fans des 1. FC Union[6] und von Hertha BSC der Berliner Innensenatorin Iris in einem gemeinsamen Brief auf den Weg zur Innenministerkonferenz mitgegeben. Darin heißt es: »Alle Zahlen zeigen: Der Besuch eines Fußballstadions ist sicherer als je zuvor.«

Diese Zahlen haben sich die Fans natürlich nicht ausgedacht, sie kommen von der Polizei und ihrer Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze. Weniger Delikte, weniger Ermittlungsverfahren, weniger Verletzte – während es im Fußball friedlicher wird, wollen Politik und Polizei aufrüsten. Deren Populismus kritisieren die Fußballfans zurecht. Warum die Ultras von Union aber ausgerechnet am Mittwochabend eine Pyroshow im eigenen Stadion veranstalten mussten, bleibt in diesem Zusammenhang etwas befremdlich. Vielleicht haben sie ja schon die Erfolge der wochenlangen bundesweiten Proteste gefeiert? Denn aus Bremen war schon vor dem Abschluss der Innenministerkonferenz an diesem Freitag zu hören, dass beispielsweise personalisierte Tickets, Gesichtsscanner oder eine KI-Überwachung nicht eingesetzt werden sollen.

Bayern kein Normalfall

Zurück zum Sport und Steffen Baumgarts Analyse der Pokalpartie. Mit seinen lobenden Worten zur Leistung seiner Fußballer beschrieb er – vermutlich unfreiwillig – zugleich das grundlegende Problem seiner Mannschaft. Denn im Normalfall darf man derzeit, wenn man über wirklich Gutes beim 1. FC Union sprechen will, nicht das Spiel betrachten, sondern im Gegensatz zur Pokalpartie die Standards. Da sind die Berliner stark, vor allem nach Ecken und Freistößen in der Offensive.

Beim Verteidigen von Standards patzte gegen den FC Bayern diesmal der sonst zuverlässige Torwart Frederik Rönnow auch beim zweiten Gegentreffer, sodass Harry Kane zwölf Minuten nach der Führung per Kopf auf 2:0 erhöhen konnte. Den dritten Münchner Treffer erzielte wieder ein Berliner: In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit flog Verteidiger Diogo Leite in einen Freistoß von Michael Olise und versenkte den Ball unhaltbar im eigenen Tor.

Bayern als »Extra-Motivation«

Für Union konnte Querfeld zweimal per Elfmeter auf einen Rückstand von einem Tor verkürzen. Und das verdient. Wie schon beim 2:2 vor vier Wochen in der Bundesliga, als die Berliner dem europäischen Startrekord des FC Bayern nach 16 Siegen in Serie in der Alten Försterei ein Ende gesetzt hatten, überzeugten die Berliner auch im DFB-Pokal spielerisch. Warum? Damals hatte Verteidiger Tom Rothe von einer »Extra-Motivation« in Spielen gegen den Rekordmeister gesprochen. Diesmal erklärte es Kemlein mit einer »besonderen Gier«.

Nun ist der FC Bayern aber nicht der Normalfall, eher sind es die 32 Ligaspiele gegen die anderen Gegner. Da schafft es Union viel zu selten, spielerisch zu punkten. Weil Gegner wie der Aufsteiger Hamburger SV oder der Tabellenletzte Heidenheim nicht mal in Heimspielen genügend unter Druck gesetzt werden können, gehen wichtige Punkte im Abstiegskampf verloren.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195327.bundesliga-fc-union-stoppt-fc-bayern-von-teilerfolg-zu-teilerfolg.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195147.fussball-armutsatlas-bundesliga-fc-union-berlin-spielerisch-am-ende.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195175.fussball-auch-bayerns-b-elf-dominiert-die-bundesliga.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195685.bundesliga-union-berlin-und-coach-steffen-baumgart-punkten-und-polarisieren.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195917.innenministerkonferenz-fussball-vereint-gegen-die-sicherheitsfanatiker.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193327.fussball-der-fc-union-berlin-steht-vor-einer-richtungsweisenden-saison.html