WM-Auslosung: Eine Shitshow nach Donald Trumps Geschmack

Christian Klemm hat sich die Auslosung für die WM in den USA, Kanada und Mexiko angesehen – und sich dabei mächtig gegruselt

US-Präsident Donald Trump (l.) erhält den Friedenspreis von Fifa-Präsident Gianni Infantino.
US-Präsident Donald Trump (l.) erhält den Friedenspreis von Fifa-Präsident Gianni Infantino.

Nach der Fußball-WM in Katar war es eigentlich undenkbar, dass der Fußballweltverband Fifa noch tiefer sinken könnte. Doch falsch gedacht! Wer die Auslosung der Endrunde am Freitagabend mitverfolgt hatte, der hat entweder vor Wut in die Tischplatte gebissen oder verzweifelt den Fernseher angeschrien. Oder beides. Denn das, was sich im Kennedy Center in Washington abgespielt hat, hätte US-Präsident Donald Trump in seiner unnachahmlichen Art und Weise wahrscheinlich als »Shitshow« bezeichnet – wenn er nicht selbst dabei gewesen wäre.

Denn noch vor der Auslosung wurde eine kiloschwere Skulptur auf die Bühne getragen. Es war nicht der Weltpokal, den bereits Fußballikonen wie Pelé, Franz Beckenbauer oder Diego Maradona in ihren Händen hielten, sondern der erstmals verliehene Fifa-Friedenspreis. Und der ging tatsächlich an Trump, überreicht von seinem Intimus Gianni Infantino in seiner Funktion als Präsidenten des Weltfussballverbandes.

Die Delegation des Iran dürfte bei dem Spektakel ganz tief in ihre Sessel versunken sein. Denn noch vor Monaten wurde ihr Land auf Befehl des neuen Preisträgers bombardiert. Die Vertreter Venezuelas waren nicht vor Ort, denn ihr Land hat sich nicht für das Turnier in den USA, Kanada und Mexiko qualifiziert. Sie hätten ähnlich reagiert wie die Iraner. Trump zieht zurzeit nämlich eine gigantische Militärmacht in der Karibik zusammen, um den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zum Rücktritt zu zwingen. Selbst eine Invasion in dem südamerikanischen Land ist nicht ausgeschlossen. Mehrfach hat der US-Präsident bereits Boote in dem tropischen Meer versenken lassen. Die fadenscheinige Begründung: Das sind Schmugglerboote, die Drogen im ganz großen Stil in die USA bringen. Die USA stehen zudem fest an der Seite Israels, einem Staat, der systematisch die Rechte der Palästinenser beschneidet und in Gaza eine Mondlandschaft mit unzähligen Toten hinterlassen hat. Wenn jemand einen Friedenspreis nicht verdient hat, dann ist es der Multimilliardär aus New York City.

Doch der Fifa ist inzwischen alles zuzutrauen. Die wahrscheinlich von Deutschland gekaufte WM 2006 und die Vergabe nach Katar, wo sich nicht nur auf den WM-Baustellen viele Menschen praktisch zu Tode gearbeitet haben, sondern im Land laut Experten »sklavenähnliche Zustände« herrschen, waren anscheinend nur die Vorboten einer Tragödie, die am Freitagabend in der US-Hauptstadt einen weiteren Akt zu bieten hatte. Zum großen Finale kommt es womöglich dann, wenn Infantino die WM-Endrunde 2034 in Saudi-Arabien eröffnet. Doch schon jetzt dürfte auch der letzte Fußballfan kapiert haben, dass die Fifa vor allem eins ist: ein Interessenverband der Mächtigen in Politik und Wirtschaft. Ganz nach Donald Trumps Geschmack.

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