Hand aufs Herz – mit wem würden Sie gern die Ewigkeit verbringen? Mit ihrem langjährigen Partner, mit dem sie schon viele Jahre verheiratet sind? Oder mit ihrer leidenschaftlichen ersten Liebe, die abrupt endete? Genau vor diese verzwickte Frage wird Joan (großartig: Elizabeth Olsen) gestellt, als sie nach ihrem Ableben in »The Junction« ankommt, einer Zwischenstation vor der endgültigen Ewigkeit.
Doch kurz vor der schwer krebskranken Joan ist bereits ihr Mann Larry (Whiplash-Darsteller Miles Teller) gestorben, mit dem sie 65 Jahre verheiratet war. Ausgerechnet auf der Gender-Reveal-Party ihrer schwangeren Tochter, die er für kompletten Unsinn hielt, erstickte er an einer Brezel.
Kurz darauf wird Larry von einem Zug in ein brutalistisches Kongresszentrum im Stil der 60er Jahre ausgespuckt. Dort bekommt der verwirrte Mann einen Afterlife Coordinator (AC) zur Seite gestellt. Anna (Da’Vine Joy Randolph) klärt ihn darüber auf, dass er gestorben ist – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass er in dem Alter reinkarniert ist, in dem er am glücklichsten war. In seinem Fall erblickt er folglich sich selbst als jungen Mann im Spiegel – in der Zeit, als er Joan kennengelernt hat.
Sowohl Larry als auch Joan werden als junge Erwachsenen wiedergeboren, aber mit der Weisheit eines gelebten Lebens, was Olsen und Teller eindrucksvoll zu verkörpern wissen.
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Sowohl Larry als auch Joan werden als junge Erwachsenen wiedergeboren, aber mit der Weisheit eines gelebten Lebens, was Olsen und Teller eindrucksvoll zu verkörpern wissen. Larry erfährt, dass er nur eine Woche Zeit hat, sich zu entscheiden, wo er seine Ewigkeit verbringen möchte. Ansonsten muss er in ein schäbiges Zimmer im Keller umziehen und sich einen Job in der Zwischenwelt suchen.
Aufdringliche Verkäufer*innen preisen ihr jeweiliges Angebot an: Wie wär’s mit einem ewigen Leben im Deutschland der 30er Jahre – jedoch komplett ohne Nazis? Einer römischen Welt? Oder vielleicht doch lieber die Raucherewigkeit? Man kann schließlich nicht noch einmal an Krebs sterben! Möglich wäre auch eine queere Welt! Eine Welt ohne Männer? (Leider ausgebucht.) Oder gar eine Welt ohne Menschen?
Manche Ewigkeiten sind bereits aus der Mode gekommen oder nicht mehr politisch korrekt. Deshalb wurden sie geschlossen, ihre ehemaligen Interessent*innen verharren trotzdem weiterhin darin. Hat man sich einmal entschieden, darf man nämlich nicht mehr wechseln. So versucht einmal in einer amüsanten Szene ein Mann, aus der Museumswelt zu fliehen, die ihn mittlerweile schrecklich langweilt. Er wird aber gefasst und zur Strafe in die Leere abgeschoben.
Larry ist es recht einerlei, wo er seine Ewigkeit verbringen wird, Hauptsache er ist wieder mit Joan vereint. Doch als sie kurz darauf eintrifft, muss Larry zu seinem Entsetzen feststellen, dass der attraktive Barkeeper Luke (Callum Turner), Joans erster Ehemann, der im Korea-Krieg starb, bereits 67 Jahre auf sie gewartet hat! Der idealisierte Mann, mit dem er bereits zu Lebzeiten konkurrieren musste. Eine überaus vielversprechenden Prämisse, die an romantische Jenseits-Filme von Ernst Lubitsch, Albert Brooks oder Powell und Pressburger erinnert.
Leider holt der irische Regisseur David Freyne (»Dating Amber«) nicht alles aus dieser spannenden Grundkonstellation heraus. Statt eine originelle Geschichte über die Facetten der Liebe zu erzählen, verliert sich der Film allzu oft in Hahnenkämpfen zwischen Luke und Larry, manche Witze werden auch überstrapaziert, das Ende ist kitschig konventionell und in sich auch nicht ganz logisch.
Dennoch ist es über weite Strecken unterhaltsam und berührend, Joans Schwanken zwischen den beiden großen Lieben ihres Lebens mitzuerleben, unterstützt von ihrem Jenseits-Berater Ryan (John Early). Soll sie sich für ihren mürrischen, aber fürsorglichen Larry entscheiden, mit dem sie oft stritt, der sie aber auch immer wieder zum Lachen brachte und ihr über den Verlust ihres ersten Mannes hinweghalf? Den Mann, mit dem sie Kinder bekam und gemeinsam die Hürden des Alltags bewältigte? Oder für den gut aussehenden Luke, mit dem ihr viel zu wenig Zeit blieb und der ihr immer noch die Schamröte ins Gesicht zu treiben vermag?
Erfrischend ist auch, dass Freyne und sein Ko-Autor Pat Cunnane – der übrigens Ex-Berater von Obama im Weißen Haus war – diesen Crowd-Pleaser, immer wieder mit einer queeren Perspektive bereichern. So outet sich beispielsweise Joans uralte Freundin nach ihrem Tod im Jenseits als lesbisch, und Luke gesteht, dass er während seiner langen Wartezeit auf Joan durchaus auch mal Sex mit Männern ausprobiert hat.
Recht originell ist auch die Idee mit einem Tunnel, der die Betrachter*in in die eigene Vergangenheit mit den entscheidenden Lebensstationen führt, ebenso wie eine Szene, in der Larry, der seine Frau aufrichtig liebt, eine geradezu salomonische Entscheidung trifft.
Man kann »Eternity« also durchaus guten Gewissens als Feel-good-Weihnachtsfilm empfehlen – wenngleich er nicht das Zeug zum Klassiker hat und man ihn sicher nicht so oft angucken wird wie »Ist das Leben nicht schön?«.
»Eternity«, USA 2025. Regie: David Freyne. Mit: Elizabeth Olsen, Miles Teller, Callum Turner. 112 Min. Läuft im Kino.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1196035.kino-film-eternity-nicht-ohne-meine-liebste.html