nd-aktuell.de / 08.12.2025 / Politik

Tansania: Hochspannung vor dem Nationalfeiertag

Tansanias Präsidentin kündigt unvermindert harten Kurs gegen Proteste an

Kerstin Fuchs
Harte Hand: Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan
Harte Hand: Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan

Die Straßen in Daressalam sind gesäumt mit Militärfahrzeugen, immer wieder kreisen Hubschrauber über der Stadt. Die Sicherheitskräfte scheinen gewappnet für die Proteste, mit denen am 9. Dezember, dem Nationalfeiertag der Unabhängigkeit Tansanias, von vielen gerechnet wird. Die Stimmung hat etwas von der Ruhe vor dem Sturm, auch wenn nicht klar ist, mit welchem Ausmaß der Sturm Tansania treffen wird.

Die angekündigten D9-Proteste schließen an die Demonstrationen nach den Wahlen am 29. Oktober an. Diese richteten sich vor allem gegen die massiven Manipulationen vor und während der Wahl, der Ausgrenzung von Teilen der Opposition sowie der Bekanntgabe der Wahlergebnisse: Demnach gewann die Präsidentin Samia Suluhu Hassan mit 98 Prozent. Beim Aufflammen der ersten Demonstrationen verhängte der Staat eine Ausgangssperre, sperrte das Internet und schlug die Proteste unter Einsatz von Schusswaffen nieder, es kam mutmaßlich zu mehreren Tausend Toten[1] und Verletzten im ganzen Land. Bis heute ist die genaue Anzahl der Opfer ungeklärt, viele Familien warten noch immer auf die Übergabe ihrer toten Angehörigen.

Präsident Samia bekräftigt repressiven Kurs

Die Regierung zeigt keinerlei Reue für ihr hartes Vorgehen und übernahm bislang keine Verantwortung. Präsidentin Samia ist vielmehr darauf bedacht, eine Erzählung zu kreieren, dass das Ausland für die Proteste verantwortlich sei und sie darauf ausgerichtet seien, die Regierung zu stürzen und das Land zu destabilisieren. Die Einrichtung einer Untersuchungskommission zu den Ereignissen um die Wahl, die nur mit regierungstreuen Mitgliedern besetzt ist, wird keine Aufklärung bringen. Sie wird von der Bevölkerung als nicht unabhängig bewertet. Ebenso gibt es keine ernstzunehmenden Schritte in Richtung eines Versöhnungsprozesses oder einer Einbeziehung der Opposition.

Samia machte bei ihrer Rede am 2. Dezember an die Ältesten[2] der Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (Partei der Revolution, CCM) eindeutig klar, dass sie weiterhin mit aller Härte gegen jeden Protest vorgehen wird und die Sicherheitskräfte aufs Beste darauf vorbereitet sind. Neben der massiven Militärpräsenz in vielen Städten kam es in den vergangenen Tagen immer wieder zu Einschränkungen des Internets und insbesondere der sozialen Medien, die maßgeblich zur Mobilisierung der Proteste beitrugen, vor allem durch tansanische Aktivisten aus der Diaspora. Tansania veranlasste unter anderem die Sperrung sämtlicher Kanäle der bekannten Aktivistin Mange Kimambi.

Die autoritären Entwicklungen in Tansania haben bereits zu verschiedenen kritischen Äußerungen verschiedener diplomatischer Missionen geführt. Darunter ein gemeinsames Statement von 17 europäischen Missionen, darunter auch Deutschland. Ghana hat als Erstes afrikanisches Land die Situation stark kritisiert. Eine von Malawi geführte Wahlbeobachtermission der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) kam zu dem Ergebnis, die Wahl habe nicht den SADC-Prinzipien für demokratische Wahlen entsprochen. An etlichen Wahllokalen seien kaum Wähler aufgetaucht, die Wahlurnen seien mit vorab ausgefüllten Stimmzetteln für die CCM gefüllt worden. Die wohl härteste Kritik kam vom US-Außenministerium, das eine umfassende Prüfung der bilateralen Beziehungen ankündigte und die Zuverlässigkeit der tansanischen Regierung als Partner ausdrücklich infrage stellte. Das Europäische Parlament hat mit einer Resolution die Mittelzuweisung in Höhe von 156 Millionen Euro aus dem EU-Jahresaktionsplan für Tansania vorerst ausgesetzt. Bislang zeigt sich Samia davon wenig beeindruckt und spielt den Einfluss solcher Mittel für die Entwicklung des Landes herunter.

Frustration und Verzweiflung sind groß

Die Entschlossenheit der Bevölkerung, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen, scheint – trotz aller Einschüchterungen und Drohungen – ungebrochen. Tansanias Bevölkerung ist, anders als zum Beispiel in Kenia, kaum geübt, sich zu organisieren und gemeinsame Protestaktionen zu planen. Bislang lassen sich neben einer geringen Anzahl von im Ausland lebenden Influencern kaum Organisationsstrukturen erkennen. Die politische Opposition als auch breite Teile der Bevölkerung unterstützen diese Proteste, auch wenn sie aus Angst vor Repressionen nicht direkt dazu aufrufen. Die Proteste sind nicht nur durch die Wahlbemanipulationen, sondern auch durch persönliche Verluste motiviert. Die Frustration und die Verzweiflung über die Entwicklungen im Land sind hoch.

Die Proteste vom 9. Dezember dürften zum bislang härtesten Belastungstest für die Regierung werden. Das strikte Demonstrationsverbot, zahlreiche Präventivfestnahmen, der Einsatz des Militärs und die deutlichen Warnungen der Präsidentin zeigen, dass die Regierung bereit ist, notfalls auch tödliche Gewalt einzusetzen, um Ausschreitungen wie am 29. Oktober zu verhindern. Das sind keine guten Vorzeichen für den Unabhängigkeitstag.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195316.tansania-friedhofsruhe-in-tansania.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192605.afrika-tansania-praesidentin-auf-autoritaeren-pfaden.html