nd-aktuell.de / 09.12.2025 / Sport

Borussia Dortmund in der Champions League: Unruhe im Sportbetrieb

Weil der BVB zwar erfolgreich, aber nicht schön spielt, herrscht im Team und im Verein Uneinigkeit

Daniel Theweleit, Dortmund
Auch Nico Schlotterbeck (2.v.l.), einer der Stars beim BVB, ist unzufrieden mit dem Fußball von Trainer Niko Kovac (2.v.r.).
Auch Nico Schlotterbeck (2.v.l.), einer der Stars beim BVB, ist unzufrieden mit dem Fußball von Trainer Niko Kovac (2.v.r.).

Die Chancen stehen gut, dass Niko Kovac und der Dortmunder Fußballklub[1] am Mittwochabend ziemlich hell leuchten in dieser dunklen Jahreszeit. Ein elementares Ärgernis der jüngeren Vergangenheit[2] bei der Borussia war das Phänomen Herbstkrise. Doch in diesem Jahr befindet sich der Klub kurz vor Weihnachten als Dritter in einer guten Position in der Bundesliga. Und an diesem Mittwoch kann er in der Champions League[3] mit einem Sieg gegen den F.K. Bodø/Glimt einen großen Schritt zur direkten Achtelfinalqualifikation machen.

Die Dortmunder sind Sechster im Tableau der 36 besten Teams des Kontinents[4] – vor dem FC Liverpool, Chelsea London, Manchester City[5], Juventus Turin, dem FC Barcelona und einigen anderen. Die Aussicht, diese Position zu festigen, ist günstig. Und doch herrscht mal wieder eine gewisse Unruhe im Dortmunder Sportbetrieb[6]. Der Mittelfeldspieler Julian Brandt hat am Sonntag nach dem bemerkenswert stabilen 2:0-Sieg gegen Hoffenheim eine zuvor eher im Untergrund schwelende Diskussion über die Spielweise des BVB mit einer ordentlichen Portion Brandbeschleuniger angezündet. »Es ist, wenn man ehrlich ist, nicht meine Art und Weise, Fußball zu spielen. Aber manchmal muss ich es dann auch akzeptieren«, sagte er und beklagte sich über fehlenden Mut und zu viele lange Bälle. »Ich glaube, dass es Situationen gibt, in denen man auch mal wieder den Platz hat und den Ball zirkulieren lassen kann. Am Ende spielen wir Fußball und laufen nicht Fußball.«

Geschichte und Identität

Das war nicht nur in der Deutlichkeit erstaunlich nach einem Spiel, in dem die Dortmunder ziemlich genau so agiert hatten, wie Trainer Kovac sich das vorstellt. Brandt hat mit seinen Aussagen wohl auch bewusst einen historischen Kontext hergestellt: die Verbindung zur Dortmunder Identitätssuche, die seit Langem im Verein geführt wird. Am Dienstag vor der Partie gegen Bodø/Glimt sagte Brandt zwar, er habe damit nur das Spiel gegen Hoffenheim gemeint. »Jetzt zu sagen, dass ich eine Abneigung hätte gegen den Fußball meines Coaches, ist falsch, und das kann ich jetzt für alle verneinen.« Die Frage nach dem passenden Stil aber bleibt relevant. Nationalspieler Nico Schlotterbeck hatte schließlich ähnliche Kritik geübt.

In den Erfolgsjahren unter Jürgen Klopp wurde der BVB-Fußball zum Orientierungspunkt für viele Trainer auf der ganzen Welt, galt als innovativ und beispielgebend. Nach Klopps Rücktritt 2015 unterhielt der Klub dann hinter Bayern München den zweitteuersten Kader der Bundesliga, woraus Selbstansprüche entstanden: So ein Verein müsse einen mutigen, unterhaltsamen und von einer großen eigenen Gestaltungskraft geprägten Fußball spielen, hieß es.

Kontrapunkt und Kritik

Als Edin Terzic 2023 Chefcoach wurde, setzte er mit seinem Credo »Nicht sexy, aber erfolgreich« einen Kontrapunkt. Das Team schaffte nur mit Mühe die Qualifikation für die Champions League, erreichte dann aber das Endspiel, in dessen Vorfeld der langjährige Abwehrchef Mats Hummels in einem bewusst platzierten Interview grundlegende Zweifel an der Philosophie des Trainers geäußert hatte. Ganz so kritisch waren Brandts Gedanken jetzt nicht, aber sehr ähnlich. Während einiger Partien habe er sich in seiner »Ehre gekränkt gefühlt«, sagte Hummels damals, »so in diesem Trikot auf dem Platz zu stehen. So unterwürfig, so fußballerisch unterlegen.«

Terzic musste gehen, Nachfolger Nuri Sahin, der eher den Brandt-Hummels-Ansatz präferierte, verlor ständig und wurde durch Kovac ersetzt. Nun ist der Kroate erfolgreich mit seinem Stil, der den Terzic-Vorstellungen ähnelt. Vielleicht ist der BVB tatsächlich reif für diese Art von Pragmatismus, nachdem sich der langjährige Klubchef Hans-Joachim Watzke aus dem Sportalltag ins Präsidentenamt zurückgezogen hat. Unter diesen Umständen kann Kovac selbstbewusster Einfluss nehmen als die meisten seiner Vorgänger.

Charakter und Widerstand

Die inneren Widerstände gegen eine mehr auf Fleiß und Sicherheit ausgerichtete Spielweise sind grundsätzlich gerade schwächer als vor zwei Jahren. Und der Kader ist charakterlich besser für diese Art von Fußball geeignet – ohne Hummels, Marco Reus, Jadon Sancho und Donyell Malen. Dazu passte das Lob, das Hoffenheims Trainer Christian Ilzer am Sonntag für Kovac aussprach und das weit über diesen Spieltag hinausreichte: »Ich habe immer Bewunderung, wenn Trainerkollegen es schaffen, in qualitativ guten Mannschaften so eine enorme Bereitschaft im Spiel gegen den Ball und eine Begeisterung für das Verteidigen zu erzeugen.«

Der BVB verspielt zwar immer noch Punkte wie beim 1:1 in Hamburg, auch das Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Leverkusen schmerzt noch. Aber die Mannschaft erleidet nicht mehr solch heftige Zusammenbrüche wie in den vergangenen Jahren. In der Bundesliga haben die Dortmunder bislang nur das Spiel beim FC Bayern verloren, der BVB hat bislang sogar fünf Punkte mehr gesammelt als zum gleichen Zeitraum im Meisterjahr 2012. Und sogar Brandt sagt: »Wir sind in den letzten Jahren immer der Musik hinterhergelaufen, wenn die Winterpause nahte, jetzt haben wir erst ein Spiel verloren in der Bundesliga.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195633.fussball-borussia-dortmund-hans-joachim-watzke-laesst-die-geschaefte-ruhen.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187054.fussball-der-rheinmetall-deal-spaltet-den-bvb.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1194079.fussball-anpfiff-zur-champions-league-das-grosse-spiel-mit-dem-geld.html
  4. https://de.uefa.com/uefachampionsleague/standings/
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195204.fussball-dortmund-in-manchester-ein-boesewicht-in-der-champions-league.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195656.bundesliga-spektakel-und-viele-fehler-grosse-unruhe-bei-borussia-dortmund.html