Sie sind dem deutschen Innenminister eine Herzensangelegenheit: die »Return Hubs«, die die EU in Drittstaaten einrichten und betreiben möchte[1]. Dorthin sollen Menschen gebracht werden, die ausreisepflichtig sind, weil ihnen kein Schutzstatus gewährt wurde, und deren Herkunftsländer sich weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen oder weil ihre Abschiebung aus anderen Gründen nicht möglich ist. CSU-Mann Alexander Dobrindt lud seine EU-Amtskollegen vor einigen Monaten eigens zu einem Treffen auf die Zugspitze, um den Plan in die Realität umzusetzen[2].
Er hat viele Unterstützer*innen, unter ihnen die sozialdemokratische dänische Ministerpräsidentin Mette Fredriksen und die rechtspopulistische italienische Regierungschefin Giorgia Meloni. Sie alle wischen Bedenken[3] beiseite, die Rechtswissenschaftler gegenüber den »Rückkehrzentren« äußern.
Im jetzt von den EU-Innenministern beschlossenen Entwurf für eine neue EU-Rückführungsverordnung heißt es in Artikel 4 Absatz 4, dass eine Rückführung in jedes Land zulässig sein soll, mit dem ein entsprechendes Abkommen besteht – unabhängig davon, ob die Betroffenen die Staatsangehörigkeit besitzen, jemals dort gelebt haben oder persönliche Verbindungen dorthin bestehen, etwa durch Familie, Ausbildung oder frühere Aufenthalte. Auch das hat die Bundesregierung besonders vehement vorangetrieben. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es dazu, man werde darauf hinwirken, dass das sogenannte Verbindungselement aus dem EU-Asylrecht gestrichen wird. Es legte bislang fest, dass Menschen nur in einen sicheren Drittstaat abgeschoben werden dürfen, wenn sie dorthin »persönliche Verbindungen« durch Freunde, Verwandte oder frühere Arbeitsstellen haben.
Bestehende Grundrechte sollen also explizit abgebaut werden, und dafür scheuen jene, die dies wollen, keine Kosten und Mühen. Erstere dürften am Ende astronomisch sein. Doch die Abschiebelager sollen ja vor allem abschreckend auf potenziell Migrationswillige wirken. Das Kalkül: Wer sich auf den beschwerlichen und kostspieligen Weg nach Europa begibt, könnte künftig davon Abstand nehmen, wenn ihm am Ende die faktische Internierung in einem »Return Hub« droht.
Auf nationaler Ebene treiben derzeit vor allem Italien und die Niederlande konkrete Pläne für Abschiebezentren voran. Italien erwägt, seine leerstehenden Zentren in Albanien, die ursprünglich für Asylverfahren vorgesehen waren, in Rückkehrzentren umzuwandeln. Der Europäische Gerichtshof hatte die Nutzung für Asylverfahren gestoppt. Nach bisher geltendem Recht ist sie also illegal.
Nach Einschätzung vieler Juristen stellen Rückkehrzentren eine »deutliche Abkehr von Völker- und Menschenrechtsstandards dar« und bergen das »Risiko schwerer Rechtsverletzungen – von willkürlicher Inhaftierung über direkte und indirekte Abschiebungen bis zur Verweigerung grundlegender Rechtsgarantien«, wie es in einer Stellungnahme der Diakonie heißt.
Zu den Kosten der italienischen Zentren in Albanien gibt es bereits Untersuchungen. Chiara Pagano von der Uni Graz ermittelte, dass Aufbau und Betrieb für fünf Jahre mehr als 800 Millionen Euro verschlungen haben.
Die Niederlande und Uganda haben derweil im September am Rande der UN-Vollversammlung in New York eine Absichtserklärung zur Errichtung eines Transitzentrums unterzeichnet. Von dort aus sollen Abgeschobene später in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Laut der Tageszeitung »De Volkskrant« soll es sich zunächst um ein Pilotprojekt mit einigen Dutzend Personen handeln. Außenminister David van Weel von der liberal-rechten Volkspartij voor Vrijheid en Democratie geht davon aus, dass die juristische Ausarbeitung des Vorhabens noch ein halbes bis dreiviertel Jahr in Anspruch nimmt. Zudem sei abzuwarten, ob Betroffene Gerichte anrufen, um ihren Transport nach Uganda zu verhindern.