nd-aktuell.de / 12.12.2025 / Kommentare

US-Demokraten: Kaum Grund zum Jubel

Die US-Demokraten feiern Wahlerfolge, die eigentlich keine sind

Oliver Kern
Eileen Higgins ist neue Bürgermeisterin Miamis. Besonders viele Bürger hatte aber auch sie nicht an die Urne gelockt.
Eileen Higgins ist neue Bürgermeisterin Miamis. Besonders viele Bürger hatte aber auch sie nicht an die Urne gelockt.

In dieser Woche kam die gute Nachricht aus Miami: Erstmals seit fast 30 Jahren gewann Eileen Higgins für die Demokraten[1] das Amt der Bürgermeisterin von Miami. Das nächste klare Zeichen der politischen Wende, frohlockt die Partei, die im vergangenen Jahrzehnt speziell in Hochburgen Floridas wie Miami massiv an Wählerstimmen verloren hatte. Doch der Schein trügt. Die regelmäßigen Siege der Demokraten bei lokalen und regionalen Urnengängen in den USA[2] sind kein Zeichen für ihr Erstarken, sondern nur eins für die kolossale Schwäche ihres politischen Gegners unter Präsident Donald Trump.

Das Beispiel Miamis zeigt das eindringlich. Die Stadt hat gut 440 000 Einwohner (mit den zahlreichen Vororten zusammen sind es sogar mehr als 6 Millionen). Zieht man die nicht wahlberechtigten ausländischen Bürger und Minderjährigen ab, bleiben immer noch knapp 260 000 theoretisch Wahlberechtigte. Schon davon hatten sich nur zwei Drittel zur Wahl registriert. Und schaut man nun noch über die Prozentwerte der Ergebnisse hinaus (Higgins gewann mit knapp 60 Prozent der Stimmen) und betrachtet die absoluten Zahlen, muss einem auch um die US-Demokraten Bange sein. Higgins erhielt gerade einmal 22 142 Wählerstimmen. Die neue Bürgermeisterin der Weltstadt Miami konnte also nicht mal ein Zehntel aller Wahlberechtigten davon überzeugen, für sie zu stimmen. Und das soll ein Neuanfang sein? Eine Bewegung, ein Aufbäumen?

Bei Zohran Mamdani[3] in New York City sah es vor gut einem Monat nur etwas besser aus. 1,1 Millionen Wählerstimmen klingt viel stärker, aber selbst er versammelte nicht einmal 20 Prozent aller per Gesetz wahlberechtigten New Yorker hinter sich und erhielt 800 000 Stimmen weniger als die unbeliebte Kamala Harris ein Jahr zuvor. Im Vergleich zu Joe Biden 2020 kam Mamdani nicht mal auf die Hälfte.

Die Beteiligung an Kommunalwahlen ist überall auf der Welt geringer als bei landesweiten Abstimmungen, das ist klar. Dennoch sind diese Werte erschreckend gering. Und sie zeigen, dass es die Demokraten weiterhin nicht schaffen, neue Bürgerschichten von ihren Politikansätzen zu überzeugen. Es gibt ja auch keine landesweit einheitliche Strategie: Sozialisten[4] hier, Zentristen[5] da – Hauptsache es wird wieder gewonnen.

Doch was dann? Wenn man selbst nicht weiß, was man mit neuer Macht anstellen will, wie sollen es die Wählerinnen und Wähler wissen? Die merken nur, dass sie von Donald Trump noch tiefer in den Sumpf getrieben werden. Laut »Politico«-Umfrage hat zuletzt ein Viertel aller US-Bürger einen Arzttermin oder die Einnahme eines Medikaments ausgelassen, weil die Kosten dafür zu hoch geworden sind. Doch auch die Demokraten trauen sich nicht, das Gesundheitssystem[6] komplett zu reformieren. Gut zwei Drittel der Befragten meinen, die horrenden Studiengebühren würden sich im Leben nicht mehr rechnen. Auch hier keine grundlegend neuen Ansätze zur Eindämmung der Kosten. Ebenso beim Thema Wohnen. Dass sich speziell junge Menschen kaum noch eine eigene Bleibe leisten können, wird Republikanern und Demokraten zu Recht gleichermaßen angekreidet.

Die aktuellen Wahlergebnisse sind kein Zeichen von neuer linker Stärke. Sie sind vielmehr eine Aufforderung, endlich grundlegend etwas zu ändern. Die ökonomische Not der Bürger war lange nicht mehr so groß, und der politische Gegner lange nicht mehr so schwach. Für mehr Mut zu tiefgreifenden Reformen gibt es keinen besseren Zeitpunkt.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195343.usa-shutdown-us-haushaltsstreit-demokraten-kippen-im-falschen-moment-um.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195238.usa-wahlsieg-von-mamdani-in-new-york-starke-signale-doch-wofuer.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195658.usa-zohran-mamdani-der-trump-fluesterer.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195272.usa-zohran-mamdani-mietendeckel-in-new-york.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195290.usa-mikie-sherill-die-hubschrauberpilotin-von-new-jersey.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187372.gesundheitssystem-delay-deny-depose-knochen-binden-im-selbstversuch.html